Der «blaue Götti» kommt ein erstes Mal zum Einsatz
24.03.2023 TourismusDie Skilifte Aeschiallmend und Faltschen beenden in diesen Tagen eine Wintersaison, die nie richtig begonnen hat: In beiden Gebieten lief einzig der Kinderlift. Aus finanzieller Sicht ist das aber kein Grund zu Sorge, denn man hat neuerdings finanzkräftige Partner.
...Die Skilifte Aeschiallmend und Faltschen beenden in diesen Tagen eine Wintersaison, die nie richtig begonnen hat: In beiden Gebieten lief einzig der Kinderlift. Aus finanzieller Sicht ist das aber kein Grund zu Sorge, denn man hat neuerdings finanzkräftige Partner.
JULIAN ZAHND
21. März am Vormittag: Ruedi Zenger ist gerade dabei, den Kinderlift Windegg zu zerlegen und die Wintersaison damit offiziell zu beenden. Das hat seine Ordnung, schliesslich ist heute Frühlingsbeginn. Doch was war eigentlich davor? «Der Kinderlift war während rund drei Wochen in Betrieb. Die beiden Hauptlifte liefen in diesem Winter jedoch keine einzige Stunde», sagt der Betriebsleiter der Skilift Aeschiallmend AG.
Eine ziemlich stille Saison also. Betrübt tönt Zenger allerdings nicht. Einerseits erzählt er vom Trainingsliftbetrieb zwischen Ende Januar und Mitte Februar. Dass man angehenden WintersportlerInnen dieses Angebot bereitstellen konnte, sei eine Freude gewesen. Am Ende resultierte beim Kinderlift eine schwarze Null. Sogar als «goldig» bezeichnet Zenger die Entwicklung der Skibar, die sich allmählich etabliere. «Gerade älteren Generationen war der Besuch in einer Bar früher fremd. Heute trifft man sich hier in grösseren Gruppen, um die Geselligkeit und die gute Aussicht zu geniessen.»
Geld fliesst auch, wenn die Lifte still stehen
Ein Verlustgeschäft waren hingegen die beiden Anlagen Aeschiallmend und Allmispitz. Zwar beschäftigt die Skilift Aeschiallmend AG keine Festangestellten: Die Mitarbeitenden, meist Landwirte, kommen im Stundenlohn zum Einsatz, sobald Schnee fällt. Für Wartung, Versicherungen oder Auf- und Abbauarbeiten fallen aber immerhin jährliche Fixkosten von rund 30 000 Franken an.
Um Defizite abzufedern, wurde vor einiger Zeit der Gönnerverein gegründet. Im letzten Jahr kam eine neue Defizitgarantie hinzu – der Verbund Magic Pass. In Anspielung an die Farbe des Saisontickets spricht Zenger vom «blauen Götti». Wer wie Aeschiallmend dem Verbund angehört, hat Anspruch auf einen sogenannten Sockelbeitrag – unabhängig davon, wie oft die Lifte in Betrieb waren. Diese Defizitgarantie orientiert sich an den durchschnittlichen Ersteintritten drei vorhergehender Saisons, was einem tiefen fünfstelligen Betrag entspricht. Werden in einer Saison überdurchschnittlich viele Eintritte verzeichnet, verdient der Skilift anteilsmässig hinzu. Im Gegenzug fallen die Einnahmen der eigenen Saisonabos weg. Unter dem Strich rechne sich die Mitgliedschaft beim Verbund aber durchaus, so Zenger – und zwar für alle.
Die Grossen stützen die Kleinen – und umgekehrt
Der letzte Teil dieser Aussage mag erstaunen: Der Magic Pass umfasst mittlerweile 69 Skigebiete. Viele davon sind kleine und tief gelegene Destinationen: Am 21. März waren noch gerade 21 Gebiete offen. Es sind daher vor allem schneesichere Zugpferde wie Glacier 3000, Saas-Fee oder ab nächster Saison die Lauchernalp, die den Kleinen solidarisch beistehen.
Doch so einfach ist die Rechnung nicht. Erstens dürften viele Magic-Pass-BesitzerInnen andere Verbundsmitglieder bevorzugen und bei Schneemangel nicht auf ein Top-4-Gebiet auszuweichen. Das rechnet sich auch für die dortige Gastronomie. Zweitens ist Ruedi Zenger überzeugt, dass der Wert kleiner Skigebiete von den grösseren Playern
anerkannt wird: «An Destinationen wie Aeschiallmend lernt die Generation von morgen das Skifahren. Langfristig zahlt sich das auch für die grösseren Gebiete aus.»
Gönnerverein nach wie vor essenziell
Und wie sehen die langfristigen Perspektiven für die Kleinen aus? Zenger mag darüber nicht spekulieren. Derzeit befinde man sich in einer verhältnismässig komfortablen Lage und das sei gut so. Könnte der Sockelbeitrag des Magic-Pass-Verbundes ab dem nächsten Jahr sinken, da heuer keine Ersteintritte generiert wurden? Gemäss heutigem Stand sehe es nicht danach aus, so Zenger.
In einer ähnlichen Situation wie Aeschiallmend befindet sich Heinz Müller, VR-Präsident des Skilifts Faltschen. Auch hier lief einzig der Kinderlift. Da die AG aber ebenfalls zum Magic-Pass-Verbund gehört, fliesst ein existenzsichernder Sockelbeitrag, der sogar ein kleines finanzielles Polster ermögliche. Dennoch sei der Lift auf die Gönnerbeiträge vom Förderverein Skilift Faltschen angewiesen. «Der Verein hat einen Planungshorizont von drei Jahren und entscheidet dann jeweils neu, ob er die Anlage weiter unterstützen will. Sollte er sich eines Tages dagegen entscheiden, würde das wohl das Ende des Skilifts bedeuten», so Müller.
Wie steht es ums Sommerpotenzial?
Nicht nur im Frutigland mangelt es in tiefen Lagen zunehmend an Schnee, sondern auch in Valbirse, einer Gemeinde im Berner Jura. Die Talstation des Dorflifts liegt auf 780 m ü. M., in den letzten vier Jahren lief die Anlage durchschnittlich während einer Woche pro Saison. Als eine grössere Sanierung anstand, stellte sich die Grundsatzfrage, ob das Angebot stillgelegt oder aber ausgebaut werden sollte. Ein neu gegründeter Verein überzeugte die Gemeinde, in den Sommer zu investieren. Der Tellerlift wurde umgerüstet, neue Spezialbügel ziehen in der warmen Jahreszeit seither Biker den Hang hinauf. Statt auf einer Skipiste fahren diese auf einer blauen, roten oder schwarzen Bikepiste hinunter.
Sowohl Heinz Müller als auch Ruedi Zenger sind mit dem Fall Valbirse vertraut. Ein Sommerangebot für ihre Skigebiete beurteilen sie allerdings zurückhaltend bis negativ. Er habe sich zwar Gedanken gemacht, sagt Müller, und das Angebot scheine ihm nicht abwegig. Doch konkret diskutiert habe man das Thema noch nicht. Ruedi Zenger hingegen erachtet ein Sommerangebot für Aeschiallmend als ungeeignet. Erstens könnten TagesausflüglerInnen im Sommer die Strasse benutzen. Zweitens wäre der Bau solcher Bikestrecken ein Eingriff in die Natur und benötigte das Einverständnis der Landbesitzer. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese an einem solchen Projekt Freude hätten.»
JUZ