Der Burgerrat probiert Neues aus – und erntet viel Lob
25.08.2023 KrattigenDie Einwohnerzahl des Orts ist in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Gegenzug ist jedoch die Zahl der ortsansässigen Burger – also jener Bürger, die sowohl Wohn- wie auch Heimatort in Krattigen haben – um rund einen Drittel auf mittlerweile noch ...
Die Einwohnerzahl des Orts ist in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Gegenzug ist jedoch die Zahl der ortsansässigen Burger – also jener Bürger, die sowohl Wohn- wie auch Heimatort in Krattigen haben – um rund einen Drittel auf mittlerweile noch 113 gesunken.
SONJA STEUDLER
«Luginbühl, schick Kummer heim!» Dieser Satz dient als Eselsbrücke, um sich die «gewichtigsten» Burgergeschlechter von Krattigen zu merken, denn bis heute sind dies unter den Krattig-Burgern die am stärksten vertretenen Familiennamen. Weitere typische Krattiger Nachnamen – jedoch inzwischen rar oder gar nicht mehr in der Gemeinde vertreten – sind Gonseth, Graf, Grünig, Lauener und Steudler.
Das Burgerrecht
Trägt man einen dieser Familiennamen, hat man auf seiner Identitätskarte zudem Krattigen als Heimatort aufgeführt und wohnt überdies in der Gemeinde, so ist man automatisch Mitglied der Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts, die sich Burgergemeinde nennt. Mit Erreichen des 18. Lebensjahrs erhält man dann das Stimmrecht, um an den Burgerversammlungen aktiv bei den Geschäften mitzubestimmen.
Seit 2013 sieht das Zivilstandsrecht vor, dass eine Frau bei der Heirat ihren angestammten Heimatort behält und nicht automatisch jenen des Ehemanns übernimmt. Es besteht jedoch seit einigen Jahren auch die Möglichkeit, sich in die Burgergemeinde Krattigen einzukaufen.
Bewusstsein fördern
Ist allen bewusst, was das angeborene oder angeheiratete Burgerrecht bedeutet? Und welche Rechte und auch Pflichten damit einhergehen – vor allem wenn man auch in seinem Heimatort wohnhaft und somit stimmberechtigter Burger ist? Diesen Fragen ging der Burgerrat Krattigen nach und stellte dabei auch einen möglichen Zusammenhang mit den eher schlecht frequentierten Burgerversammlungen und bei der Besetzung der fünf Ratssitze fest. Gute Gründe Neues auszuprobieren! Deshalb organisierte der Burgerrat Krattigen kurzerhand einen Werbe-Event und lud zum Burger-Träff.
Überwältigende Teilnehmerzahl
Das Echo war riesig. Nebst weiteren geladenen Gästen fanden rund zwei Drittel der Krattig-Burger aus allen Altersgruppen den Weg ins Festzelt beim Schützenhaus. Besonders gefreut hat die Organisatoren, dass auch der älteste Burger Adolf Graf (in Kürze 94 Jahre alt) und der gut 92 Jahre jüngere und somit aktuell jüngste Burgerspross Loïc Heim dabei waren.
Beim Apéro konnten sich Jung und Alt an verschiedenen Posten über die genauen Strukturen der Burgergemeinde und deren Besitztümer informieren. So wurden auch die beiden Alpen Hellboden und Leissigbärgli, die sich im Burgergut befinden, ausführlich vorgestellt.
«Burger» diente auch als Motto beim Mittagessen. So durften sich die Gäste am Buffet bedienen und sich selbst ihren Hamburger zusammenstellen. Wie OK-Chef Marc Luginbühl erklärte, entstand die Idee dazu spontan bei einem Ratskollegen am Familientisch. Dessen Tochter studierte ihre Einladung und fragte sich, was das werden solle mit diesem «Börger»-Träff …
Aufforderung zum Networking
In seiner Begrüssungsrede rief Burgerpräsident Konrad Steudler nochmals allen in Erinnerung, dass jedes einzelne Mitglied auch Mitbesitzer einer beachtlichen Fläche Kulturland, Wald und Alpgebiet und weiteren Immobilien in Krattigen und Umgebung ist. Auch der Festplatz gehöre zum Burgereigentum. Man feiere also auf eigenem Grund und Boden.
Weiter forderte der Burgerpräsident die Anwesenden auf, aufeinander zu zugehen: «Sprecht miteinander und vernetzt euch, das ist doch Sinn und Zweck eines solch gemütlichen Anlasses.»
Fazit überaus positiv
Bei Jung und Alt sah man durchwegs zufriedene Gesichter, der Burgerrat erhielt viel Lob. Von den Gästen wurde angemerkt, dass es sehr spannend gewesen sei, nebst den Informationen zu den Besitztümern und der Erlangung des Burgerrechts auch einmal zu sehen, wer aus dem Dorf überhaupt alles Burger ist. Der Zweck des Anlasses wurde somit vollauf erfüllt.
Nun hoffen die Burgerräte, dass der gelungene Anlass noch lange nachwirkt und sich die Krattiger künftig zahlreicher aktiv an den Geschäften der Burgergemeinde beteiligen. Oder wie es Burgerratspräsident Konrad Steudler zum Schluss seiner Rede treffend formulierte: «Ich freue mich, euch alle im Dezember an der nächsten Burgerversammlung im Gemeindesaal zu sehen. Wenn ihr alle kommt, wird nämlich der Saal im Restaurant Kreuz zu klein sein.»