Am vergangenen Freitagabend trafen 20 knallrote Vespas im Internationalen Pfadfinderzentrum KISC ein. Gefahren wurden sie von Scouts aus Italien und Afrika. Mit einer langen Tour wollten sie unter anderem auf Kinder ohne Zuhause aufmerksam machen.
Nach einigen ...
Am vergangenen Freitagabend trafen 20 knallrote Vespas im Internationalen Pfadfinderzentrum KISC ein. Gefahren wurden sie von Scouts aus Italien und Afrika. Mit einer langen Tour wollten sie unter anderem auf Kinder ohne Zuhause aufmerksam machen.
Nach einigen Startschwierigkeiten in Italien erreichten die zwanzig Pfadfinder-Innen erst kurz vor 22 Uhr das KISC – geplant gewesen war 16 bis 17 Uhr. Zwei Stunden zuvor hatte sich ein wahrer Sturzregen über Kandersteg ergossen – auch das mochte die Ankunft der Gruppe verzögert haben. Im Pfadfinderzentrum verbrachten die Vesparisti eine Nacht, bevor sie sich wieder auf den Weg zu ihrem zweiten Zwischenziel in Deutschland machten. Innerhalb von zehn Tagen wollte die Gruppe von Mailand (Italien) nach Stavanger (Norwegen) reisen – eine Fahrt von über 3000 Kilometern durch neun Länder. In Stavanger findet diese Woche das europäische Pfadfindertreffen «Roverway 2024» statt, zu dem sich über 5000 junge Menschen im Alter von 16 bis 22 Jahren versammeln. Doch warum die lange Fahrt von Italien nach Norwegen?
Von der Schlange zum Pfeil
Eine ähnliche Reise fand bereits 1949 statt, also vor 75 Jahren. Auch damals machten sich 25 Pfadfinder auf kleinen roten Motorrädern namens «Guzzini» (kleine Moto Guzzi) auf den Weg zu einer internationalen Pfadfinderveranstaltung in Norwegen (damals in Skjåk). Ihre Route führte sie durch das vom Zweiten Weltkrieg verwüstete Europa. Bei Treffen mit Politikern, Institutionen, Pfadfinderverbänden und der allgemeinen Öffentlichkeit wollten die jungen Menschen für Frieden und Menschlichkeit werben. Die lange rote Kolonne, damals auch als «rote Schlange» bezeichnet, hinterliess einen bleibenden Eindruck.
Die faszinierende Aktion von 1949 hat die Geschichte der italienischen Pfadfinder geprägt. Mit der Zeit entstand daraus die Idee von «La Freccia Rossa della Bontà» – «Der Rote Pfeil der Güte».
Mit einer ähnlichen Aktion wie in den 1940er-Jahren wollen die Pfadfinder-Innen heute auf minderjährige Flüchtlinge, Kinder ohne Familie und ohne Zuhause in Europa aufmerksam machen. Auf ihrem «Weg der Solidarität» wollen sie «denjenigen eine Stimme geben, die keine Stimme haben», wie es hiess. Mit ihrer gemeinsamen Vespa-Fahrt demonstrieren sie die Werte der internationalen Pfadfinderbewegung: Freundschaft, Hilfsbereitschaft und globales Verantwortungsbewusstsein.
Der Organisator
Der Kopf hinter der aktuellen Aktion ist Paolo Fiora, ein italienischer Pfadfinder und ehemaliges Mitglied des KISC-Komitees. Er organisierte und plante den Zwischenstopp in Kandersteg. Seine Motivation beschrieb er in einer Mitteilung: «Jeder von uns kann – auf seine eigene kleine Weise – eine Stimme für diejenigen sein, die allzu oft weder willkommen sind noch gehört werden.»
RONJA DÄPP