«Der Strom wird nie mehr so günstig, wie er war»

  21.03.2023 Kandersteg

An der Hauptversammlung des Handwerker- und Gewerbevereins sties sen die Informationen von LWK-Geschäftsführer Reto König zur Entwicklung im Energiemarkt auf grosses Interesse.

KATHARINA WITTWER
Die Licht- und Wasserwerk AG Kandersteg (LWK) ist in einer vorteilhaften Lage: Durchschnittlich 60 bis 70 Prozent des produzierten Stroms fliessen direkt in die Grundversorgung. Bis vor zwei Jahren speiste das Stromunternehmen im Sommer seinen überschüssigen Strom ins Netz und verdiente dabei kaum etwas, da Energie im Überfluss vorhanden war. «Wegen allgemeiner Überproduktion wurde beispielsweise das Kander-Alp-Kraftwerk 2021 mehrmals gedrosselt. Das geschah letztes Jahr allerdings nicht mehr. Gründe dafür waren unter anderem Frankreichs Probleme mit mehreren AKWs», informierte Reto König. Winterstrom muss Kandersteg seit jeher beziehen. Die Kaufverträge wurden lange im Voraus abgeschlossen und der Preis bewegte sich damals zwischen 6 und 10 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) im Einkauf. «Bereits im Herbst 2021 gab es erste Anzeichen, die rückblickend auf einen kompletten Wandel im europäischen Strommarkt hinwiesen: Russland erneuerte angeblich die abgelaufenen, langjährigen Lieferverträge für günstiges Erdgas nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt stiegen die Strompreise», erklärte König in seinem Referat.

Das Warten wurde kostspielig
Eindrücklich schilderte der Geschäftsführer, wie sich der Markt entwichelte, als Russland in die Ukraine einmarschierte. «Der Preis für Energie kletterte ab dem 24. Februar kontinuierlich. Um den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Energie der Grundversorgung stets bis zum 31. August des Vorjahres beschafft sein. Der Druck lastete schwer auf meinen Schultern. Irgendwann war ich gezwungen zuzuschlagen. Hätte ich noch einige Tage zugewartet, hätten wir noch viel mehr bezahlt.»

Für Gewerbebetriebe kostet die kWh beim LWK im laufenden Jahr 18,2 Rappen. «Natürlich ist die Erhöhung schmerzhaft. Im Vergleich mit anderen Anbietern ist sie jedoch noch moderat – sofern dieser Ausdruck hier überhaupt angemessen ist», so König.

Ein volatiles Börsengut
Solarstrom wird grösstenteils bei Sonnenschein produziert. Drehen zusätzlich die Windkraftwerke in Nordeuropa, gibt es tagsüber genügend Energie. Somit verschieben sich die Produktionszeiträume gegenüber früher, was dazu führte, dass viele Versorger per Ende 2022 den Nachtstromtarif abschafften. Die übrigen tun dies voraussichtlich in naher Zukunft. Am teuersten ist der Strom inzwischen in der Früh am Morgen, wenn die Industrie hochgefahren wird, die Sonne jedoch noch nicht scheint.

Die Schweiz ist ein Teil des europäischen Stromnetzes und ein Alleingang funktioniere nicht. Das Land ist auf seine Nachbarländer angewiesen, denn Strom wird ständig transferiert. Das europäische Stromnetz ist das grösste zusammenhängende Industrienetz überhaupt.

Die Frage aus dem Publikum, ob das LWK die Stromproduktion erhöhen oder besser steuern könne, beantwortete Reto König wie folgt: «Den finanziellen Gewinn investierten wir 2021 nachhaltig in den Neubau des Wasserkraftwerks Zilfuri, um dort die Produktion zu erhöhen. Natürlich ziehen wir auch die Installation von Photovoltaikanlagen in Betracht. Bekanntlich scheint die Sonne in Kandersteg im Winter zwar nicht stundenlang. Die wenigen Niederschläge in den letzten Monaten und der aktuell tiefe Pegel des Oeschinensees stimmen mich jedoch nachdenklich.»

Im Moment stünden die Zeichen gut, sodass fürs kommende Jahr nicht mit einer erneuten Preiserhöhung gerechnet werden müsse, war vonseiten LWK zu hören. Die Energiemärkte haben sich aktuell etwas erholt und neue Energielieferketten für Europa werden erschlossen. «Strom ist heute ein volatiles Börsengut und wird mit grosser Wahrscheinlichkeit nie mehr so günstig, wie er war», schloss LWK-Geschäftsführer Reto König sein Referat.


Zusätzliche Vorstandsmitglieder sind willkommen

Weil an der letztjährigen Hauptversammlung des Handwerker- und Gewerbevereins Kandersteg (HGVK) kein Ersatz für den abtretenden Kassier gefunden werden konnte, wurde das 2022 neu aufgenommene Mitglied Joelle Moser an einer Vorstandssitzung nicht ganz statutenkonform stillschweigend in dieses Amt gewählt. Unkompliziert konnten sich die Mitglieder vorgängig schriftlich zur Wahl äussern.

Die erhaltenen Feedbacks waren durchwegs positiv. «Wir wünschen uns Verstärkung für unseren fünfköpfigen Vorstand. Wer Interesse hat, mit uns das Vereins-Schiffchen zu steuern, soll sich bitte melden», so der Appell des Sekretärs Martin Rieder. In Stellvertretung des verhinderten Präsidenten, Markus Ruch, führte er durch die Versammlung. Meinungen gefragt waren vor allem im Traktandum «Folder». Der HGVK will sich bei den BewohnerInnen, Zweitwohnungsbesitzenden und Gästen bekannter machen und plant einen Werbefolder mit Angaben zu den Geschäftszweigen sowie Telefonnummer, evtl. E-Mail-Adresse und Homepage. Der Flyer soll in alle Haushalte gestreut werden. Nach einigen Wortmeldungen erhielt der Vorstand grünes Licht für die Weiterverfolgung des Projekts.

Aufgrund fehlenden Interesses wird bis auf Weiteres auf die Durchführung einer Weihnachtsausstellung verzichtet. Neue Wege sollen im Austausch mit verschiedenen örtlichen Organisationen überprüft und besprochen werden.

WI


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