Die Kirche Kandergrund wird 175 Jahre alt
18.07.2025 Kandergrund, Blausee, MitholzVon der Strasse aus ist sie nicht zu übersehen, die Kirche im Bunderbach. Stolz steht sie auf ihrem Hügel, und das seit 175 Jahren. Zu diesem Jubiläum lohnt sich ein Blick in die alten Dokumente, aus denen ihre Geschichte hervorgeht. Es war ein langer Kampf, bis die ...
Von der Strasse aus ist sie nicht zu übersehen, die Kirche im Bunderbach. Stolz steht sie auf ihrem Hügel, und das seit 175 Jahren. Zu diesem Jubiläum lohnt sich ein Blick in die alten Dokumente, aus denen ihre Geschichte hervorgeht. Es war ein langer Kampf, bis die Kandergrunder endlich ihr eigenes Gotteshaus bauen konnten: Interessanterweise stand das Pfarrhaus noch vor der Kirche, wie Detlef Wulf bei seinen Recherchen herausfand.
Die Kirche Kandergrund thront seit 175 Jahren auf ihrem Hügel. Eigenartigerweise stand das Pfarrhaus im Bunderbach sogar eher da als die Kirche. Deren Bau zeigt ebenfalls einige Kuriositäten auf, wie die Recherchen von Detlef Wulf zeigen.
Bis weit in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts musste die Bevölkerung von Kandergrund zu Taufe, Heirat oder Begräbnis nach Frutigen gehen. Dort stand die einzige Pfarrkirche der sogenannten Oberen Herrschaft. Der Ort war zugleich Residenz eines bernischen Landvogts, der die Hoheitsrechte Berns wahrte.
Das abgelegene Adelboden legte sich hingegen schon 1433 eine eigene Kirche zu, die als Tochterkirche Frutigens fungierte. Und in Kandersteg stand ab 1511 eine Kapelle, in der der Frutiger Pfarrer Gottesdienste hielt. Die weiten Wege, die er zu gehen hatte, sowie der enorme Aufwand der seelsorgerischen und administrativen Aufgaben machten ihm zunehmend zu schaffen.
Wohl war es der Berner Regierung bekannt, dass es im Kandertal an Gottesdienern fehlte. All die weiten Wege zu den Kapellen an den abgelegenen Orten waren für einen einzigen Pfarrer schier unmöglich zu bewältigen. Verschiedene Schreiben aus der Pfarrersstube nach Bern fruchteten leider nicht.
Pfarrhaus, aber noch keine Kirche
Wie Kandergrund zuerst zu einem Pfarrhaus und erst anschliessend zu seiner Kirche kam, weiss Detlef Wulf. Er wohnt mit seiner Familie in diesem Pfarrhaus. Die untypische Architektur hat ihn neugierig gemacht und er hat deshalb intensive Nachforschungen betrieben. «Der Grosse Rat erliess 1840 ein Dekret zur Verkleinerung des grossen Pfarrbezirks Frutigen durch die kirchliche Abtrennung des oberen Kandertals. In der Folge wurde in Kandergrund und Kandersteg ein Helfereibezirk errichtet.»
Der Bau einer Kirche sowie eines Pfarrhauses sei einstweilen nicht vorgesehen gewesen und der erste Pfarrhelfer wohnte im Schulhaus, so Wulf weiter. Dieser Pfarrhelfer diente wohl als Seelsorger, durfte jedoch die Kirchenbücher nicht führen, wofür immer noch Frutigen zuständig war.
Kurz darauf baute man in Kandergrund mit Geldern aus Bern ein Pfarrhaus. So stand nun das sogenannte Helfereigebäude, aber immer noch keine Kirche und auch kein Friedhof. Predigten und Unterweisungen wurden im Pfarrhaus abgehalten. Verstorbene aus Kandergrund wurden immer noch in Kandersteg oder Frutigen begraben.
Wunsch nach einer eigenen Kirche
Die Anzahl der Gottesdienstbesuchenden der Gemeinde Kandergrund war für das Predigtlokal im Helfereigebäude zu gross, also musste schliesslich eine Kirche her. «Das war einfacher gesagt als getan», zeigen Wulfs Recherchen. «Die Menschen waren arm und die Gemeinde verfügte nicht über die notwendigen finanziellen Mittel. Zudem war sie politisch nicht selbstständig, alles lief über den Hauptort Frutigen.»
Das Anliegen fand in Bern vorerst kein Gehör, bis der zweite Helfer mit Namen Ziegler den Wunsch Kandergrunds, eine eigene Kirche zu bauen, erneut mit Nachdruck in Bern deponierte. Er setzte seine ganze Kraft für den Bau der Kirche Kandergrund ein. Mit Engelsgeduld schrieb er Briefe und beantwortete manch geharnischte Schreiben aus Bern. «Ohne Helfer Ziegler könnten wir in diesem Jahr bestimmt nicht das 175-jährige Bestehen der Kirche Kandergrund feiern», ist Wulf überzeugt.
Harziges Bautempo
Es war 1848, als mit einer freiwilligen Sammlung innerhalb der Bevölkerung sowie eines Kredits aus Bern die Vorbereitungen zum Bau einer Kirche endlich ins Rollen kamen. Auch erfolgte gleichen Jahres bereits die Absteckung der Baustelle in Bunderbach. Doch laut Wulfs Recherchen bremsten mindestens zwei Faktoren das Vorgehen einstweilen: «Dies waren der Sonderbundskrieg sowie die Armut der Bevölkerung.» Dazu kam die schlechte Finanzlage der Gemeinde, denn aus Bern hiess es, «dass die Bäuerten Kandergrunds entweder selbst für den Bau eines Gotteshauses aufkommen oder für den Bau Frondienst leisten müssen».
Vereinbart war mit Bern auch, dass sie das nötige Bauland vorzubereiten und das Bau- und Sägeholz zu liefern hatten. Dem wurde schliesslich zugestimmt und ein Jahr später bewilligte der Oberförster des Oberlandes das Schlagen des Bauholzes. Doch alles ging, wie der Baumeister damals an Kantonsbaumeister Funk schrieb, «sehr nachlässig von sich». Zu allem Übel stiegen in der Zwischenzeit auch die Baukosten wegen der unregelmässigen Lage der Baustelle.
Feierlicher Gottesdienst im September
Trotz allem konnte das Gotteshaus am 19. August 1849 feierlich eingeweiht werden. Noch lange behalf man sich in Kandergrund mit einem Harmonium, ehe die alte Orgel der Nydeggkirche als Geschenk aus Bern ertönte. Für Bern war jedoch bereits im Frühjahr 1850 mit dem Abschluss der «Rechnung für den Kirchenbau zu Kandergrund» das Bauprojekt fertiggestellt.
Jubiläumsfeier am 13. September
Dies ist laut Christian Wandfluh, heute Präsident der Kirchgemeinde Kandergrund-Kandersteg, Grund genug, am 13. September das 175-jährige Bestehen der Kirche Kandergrund zu feiern. Er verrät schon heute etwas über das Programm: «Es wird ein spezieller Gottesdienst mit Singen und Jodeln sein.» Nachmittags finden in der Turnhalle Kandergrund weitere Musikdarbietungen statt und Detlef Wulf wird einen Vortrag zur Entstehung der Kirchgemeinde halten. «Dabei werden die Anwesenden unter anderem vernehmen, was die Gemeinsamkeiten der beiden Kirchen Kandergrund und Linden bei Oberdiessbach sind», verrät Wandfluh.
HANS HEIMANN