Die Kuh im Bschüttloch
29.04.2025 Kandergrund, Blausee, MitholzNicht nur Menschen, sondern auch Ziegen, Kühe und Schweine geraten in Gefahr. Die Feuerwehr arbeitet deshalb eng mit den TierärztInnen zusammen, auch realitätsnahe Übungen gehören dazu.
Abendlicher Grosseinsatz für die Grosstierretter der ...
Nicht nur Menschen, sondern auch Ziegen, Kühe und Schweine geraten in Gefahr. Die Feuerwehr arbeitet deshalb eng mit den TierärztInnen zusammen, auch realitätsnahe Übungen gehören dazu.
Abendlicher Grosseinsatz für die Grosstierretter der Feuerwehr Frutigen: Auf einem Hof in Blausee-Mitholz ist eine Kuh in ein «Bschüttloch» gefallen – zum Glück war es nur ein Plastik-Dummy und das Ganze eine Übung. Die Spezialisten Grosstierrettung wussten genau, was zu tun war: das Gefahrengebiet absperren, nahegelegene Rettungsfahrzeuge wie einen Traktor suchen und diesen zum Einsatzbereich bringen. Ein Grosstierarzt wurde ebenfalls aufgeboten. Währenddessen stiegen zwei Feuerwehrleute bereits mit Atemschutz zum Tier ins Bschüttloch. Andere Einsatzkräfte installierten beim Schachteingang einen Lüfter, um Frischluft zu gewährleisten. «Beides ist wichtig, da aus der Bschütti gefährliche Gase und Dämpfe entstehen», erklärte der Übungsleiter Marcel Zurbrügg.
In Realität noch schwieriger
Ein grosses Gefahrenpotenzial stellt für die Feuerwehr das Verhalten des Tieres dar. Der Dummy wog 100 Kilogram, hatte eine Höhe von 165 Zentimetern und war etwa 2,5 Meter lang. Eine lebende Kuh wiegt zwischen 500 und 800 Kilogramm und ist sehr lebhaft und unberechenbar. Aus diesem Grund wurden zwei Szenarien mit dem Rindvieh und dem Grosstierrettungsnetz geübt. Bei der ersten Variante wurde das Tier quer herausgezogen und bei der zweiten Variante hochkant. Schliesslich konnte die Kuhattrappe mit Netzen aus ihrer misslichen Lage befreit werden. Die Rettung wurde mit 40 Mann der Feuerwehr Frutigen und der Löschzüge Kandergrund und Innere Bezirke geübt. Zusätzlich standen das Abseilen aus grosser Höhe und die Personenrettung aus der Tiefe auf dem Programm. Im Hängedrehkran unter dem Dach war ein Arbeiter in Ohnmacht gefallen und das Team hatte die Aufgabe, den Mann mit Seilen und einer Leiter zu bergen, eine weitere verletzte Person musste mit einem Flaschenzug aus einem Schacht geborgen werden.
Als Team im Einsatz
Der Einsatzleiter war mit der Arbeit zufrieden. «Ziel heute Abend war es, die Kenntnisse zu vertiefen beziehungsweise aufzufrischen. So führen wir pro Jahr zwei Kuhrettungen durch – Tendenz steigend», erklärte Zurbrügg. Nach den Übungen könne er sagen, dass er stolz auf das sei, was er gesehen habe. «Um ans Ziel zu kommen, wurde hier als Team überlegt und gemeinsam gearbeitet. Zudem hatten wir ein neues Absturzsicherungsseil im Einsatz.» Gegen 21.45 Uhr hiess es dann vom Übungsleiter: «Wir verschieben ins Magazin. Danke für euren Einsatz.»
Die Aufgabe der Tierärzte
Bei jeder Grosstierrettung geht auch der Alarm in der Gemeinschaftspraxis der Lindenmatte AG Frutigen ein. «Dann begibt sich eine Grosstierärztin oder ein Grosstierarzt zum Schadenplatz. Hier wird mit der Feuerwehr die Situation und das Vorgehen besprochen – alles immer im Sinne und zum Wohl des Tieres», erklärt Tierarzt Arnold Odermatt.
Bei einer Rettung bestimmt der Tierarzt, was am Tier gemacht werden soll, und die Feuerwehr teilt mit, was an Material vorhanden ist. «Es ist jeweils eine schöne und meistens erfolgreiche Zusammenarbeit», sagt der Tiermediziner. So würden alle Fähigkeiten der Feuerwehr sowie der Tierärzte eingebracht und das Tier gemeinsam gerettet, so Odermatt weiter. Danach gebe es jeweils ein Debriefing, bei dem besprochen werde, was gut war und was besser gemacht werden könnte.
Ausbildung stösst auf Interesse
Die entsprechende Ausbildung findet bei der Berufsfeuerwehr Bern statt und dauert jeweils drei Tage. Erlernt wird der Umgang mit Pferden, Kühen, Schweinen, Ziegen, Schafen und so weiter. Arnold Odermatt ist selber Instruktor und leitet Kurse. Es sei gut, dass die Gebäudeversicherung Bern die führende Rolle in der Ausbildungsorganisation übernommen habe. «Andere Kantone ziehen nun nach. An die fundierten Kurse in Bern kommen auch Feuerwehren aus Belgien, Österreich und Deutschland, um sich über die Ausbildung zu informieren.»
MICHAEL SCHINNERLING