Vergangenen Mittwoch war im Kunstraum von Maler und Holzbildhauer Björn Zryd in Adelboden viel los. Eingeladen durch den Kulturrat Volkswirtschaft Berner Oberland fand der dritte Kulturstammtisch statt – ein kreativer Gedankenaustausch unter Kulturschaffenden. Was lief gut? Wo ...
Vergangenen Mittwoch war im Kunstraum von Maler und Holzbildhauer Björn Zryd in Adelboden viel los. Eingeladen durch den Kulturrat Volkswirtschaft Berner Oberland fand der dritte Kulturstammtisch statt – ein kreativer Gedankenaustausch unter Kulturschaffenden. Was lief gut? Wo lagen Stolpersteine? Welche Synergien lassen sich künftig nutzen?
GERHARD KAPPHAHN
Als Gastgeber durften Pia und Björn Zryd 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüssen – aus den Bereichen bildende Kunst, Musik, Veranstaltungen, Museen, Gewerbe, Politik und Tourismus. Beatrice Fridelance, Präsidentin des Kulturrats Volkswirtschaft Berner Oberland, eröffnete den Stammtisch um 17 Uhr mit den Worten: «Ihr seid gekommen, weil ihr euch kulturell engagiert und dabei Kunst mit Handwerk verbindet.» Das traf den Kern: Ziel der Runde war es, das gegenseitige Verständnis für Kulturbelange unterschiedlicher Ausprägung zu stärken.
Ausdauer und langer Atem nötig
Langfristiger Erfolg in der Kunst – in welcher Form auch immer – ist nichts für Ungeduldige. Das zeigte sich deutlich im Eröffnungsreferat von Björn Zryd. Er begann 1979 seine künstlerische Laufbahn mit einer Ausbildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz. Fünfzehn Jahre später folgte seine erste Ausstellung als Maler. Dazwischen finanzierte er sein Schaffen mit Teilzeitarbeit im Betrieb seines Vaters und mit kunsthandwerklichen Aufträgen.
Im Jahr 2000 eröffnete er in Adelboden die Galerie «Arte», 2021 folgte der heutige Kunstraum am Dorfplatz. Ein langer Weg, geprägt von Höhen und Tiefen, von Risikobereitschaft und einer Portion Glück. «Erst seit 2018 kann ich von meinen Bildern und Plastiken leben. Dafür musste ich in Adelboden einige Hürden nehmen», erzählte Zryd. «Als junger Mann mit langen Haaren und einem bunt angemalten Citroën Deux Chevaux löste ich in den Achtzigerjahren im Dorf einiges Stirnrunzeln und bisweilen Unverständnis aus.» Der Durchbruch gelang ihm schliesslich mit seinen charakteristischen Kuhbildern – plötzlich fanden auch Skeptiker Gefallen an seiner Kunst.
Kunst und Kultur wollen erklärt sein
Zryds Schilderungen fanden bei den Anwesenden breite Zustimmung. «Will man die Leute für einen kulturellen Anlass vom Sofa holen, muss die Kunst für Besucherinnen und Besucher verständlich sein», sagte Corina Schranz-Lindt von der Mal-Bar Frutigen. Sie erinnerte an die Ausstellung «Passage auf der Gemmi» im Sommer, die sowohl Begeisterung als auch Kritik ausgelöst hatte. «Im Nachhinein haben wir uns gefragt, wie die Kommunikation für einen solchen Anlass verbessert werden kann», so Schranz-Lindt. Einig war man sich: Je stärker Kunst und Kultur vor Ort mitgetragen werden, desto besser gelingt ihre Verankerung im Tal.
Unterstützung für lokale Kunst
Faustus Furrer, Präsident der Freilichtspiele Tellenburg, lenkte den Blick auf die kantonale Kulturförderung. «Diese sollte vermehrt auf die Unterstützung lokaler Kunstschaffender setzen. Ihre Darbietungen wirken authentisch und schaffen Identifikation in der Bevölkerung», sagte er. Er sprach auch das Thema Sponsoring an: «Ich stelle zunehmend fest, dass es für kleine, regionale Veranstaltungen schwieriger wird, finanzielle Unterstützung zu erhalten. Grosse Anbieter mit national bekannten Namen haben es leichter – ihr Bekanntheitsbonus spielt eine wichtige Rolle.»
Aaron Zurbrügg von der Baufirma Künzi und Knutti AG Adelboden hielt dagegen: «Uns ist wichtig, ansässige Kunstschaffende und Veranstaltungen zu unterstützen. Kunst, Kultur und Handwerk gehören zusammen – und diese Haltung spüre ich auch bei anderen Unternehmen der Region.»
Kultur schafft Identität
Der Kulturstammtisch zeigte einmal mehr: Das Kunstschaffen im Berner Oberland entwickelt sich stetig weiter. Nicht Perfektion steht im Vordergrund, sondern die Vernetzung zwischen Künstlerinnen, Künstlern und Kulturinteressierten. «Ihr tragt dazu bei, dass Kultur Identität stiftet, unsere Region lebenswert bleibt und die Leute gute Gründe haben, ihr Sofa gegen eine Veranstaltung zu tauschen», sagte Beatrice Fridelance zum Abschluss mit einem Schmunzeln.