Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht: Viele Waldbesitzer wissen nicht, wie sie ihr Eigentum pflegen und nutzen sollen. Der Verband der Berner Waldbesitzer (BWB) leistete letzten Mittwoch Hilfestellung.
MARIA STEINMAYR
Ein Drittel der ...
Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht: Viele Waldbesitzer wissen nicht, wie sie ihr Eigentum pflegen und nutzen sollen. Der Verband der Berner Waldbesitzer (BWB) leistete letzten Mittwoch Hilfestellung.
MARIA STEINMAYR
Ein Drittel der Kantonsfläche ist Waldgebiet. Dieses ist wichtig für die Holznutzung, für die Erholung der Menschen und der Wald dient als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Ebenso ist er eine wichtige Quelle für Trinkwasser und Sauerstoff und hilft bei der Vorbeugung von Naturkatastrophen. Damit der Wald all diese Funktionen erfüllen kann, ist allerdings eine konsequente Pflege und Nutzung notwendig.
Bäume verlieren ihre Blätter früher
Um den Wald langfristig erhalten zu können, wird im Kanton Bern auf die Mithilfe von rund 35 000 Privatpersonen gezählt, denen die Hälfte des Waldes gehört. Doch die Erhaltung ist schwieriger, als man denkt. Die Besitzer stehen vor einigen komplizierten Herausforderungen, das Klima ist nur eine davon.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Klimawandel dem Wald zusetzt. Laut Anja Leser, Geschäftsführerin BWB, sind die Bäume zunehmend «gestresst». Die Buche ist ein gutes Beispiel dafür. Sie wird immer schwächer, sodass in einigen Regionen ihre Blätter zwei Monate früher als üblich braun werden und sie dadurch ihr Laubkleid eher verliert. Dieser Schutzmechanismus sei auf die langen Trockenperioden zurückzuführen. Unter anderem aus diesem Grund werden seit einiger Zeit «klimafitte» Baumarten gepflanzt. Diese sollen in Zukunft und auch bei steigenden Temperaturen resistent sein. Der Bergahorn gehört zu diesen «klimafitten» Baumsorten, ist resilient und stark. Weitere Beispiele sind die Winterlinde (resistent gegen Trockenheit) und der Feldahorn, der als Samenbaum zur natürlichen Verbreitung beiträgt.
Die genannten Baumgattungen müssen gezielt gesetzt werden. Wichtig ist, dass sich die Bäume tief verwurzeln, um so Erdrutsche aufhalten zu können. Dies wiederum schützt langfristig die Talbewohner und verhindert hohe Schadenskosten.
Vielfältiger Rohstoff
Ein weiteres Ziel der Bepflanzung ist die Erhaltung der Artenvielfalt. Dafür werden Samenbäume gepflanzt, die sich in Zukunft selbst fortpflanzen und verbreiten können. «Wir denken in Generationen», sagt Beat Zaugg, Präsident BWB, «die Bäume, die wir heute pflanzen, können wir in unserem Leben nicht mehr fällen. Diese Weitsicht ist aber nötig, um den Wald langfristig am Leben zu erhalten.»
Damit sich der Wald verjüngt und somit widerstandsfähiger wird, muss er regelmässig geholzt werden. Das nützt auch jenen Arten, die mehr Licht und Platz benötigen, um sich entfalten zu können. Zum Schutz vor Übernutzung gibt es in der Schweiz ein strenges Waldgesetz. Der Holzschlag darf nur unter Einhaltung der Vorschriften zur Nachhaltigkeit geschehen.
Papier, Möbel, Bau- und Brennstoff: Holz ist ein wichtiger erneuerbarer und umweltschonender Rohstoff. Die Holzung hilft den Waldbesitzern, gewisse Kosten der Neubepflanzung zu decken, da sie diese selbst tragen müssen.
Der Hirsch gefährdet den Nachwuchs
Die gepflanzten Bäume müssen vor Wildverbiss geschützt werden. Dieser Aufwand wird vom Kanton vergütet. Allerdings wirken diese Schutzgeflechte nur gegen Rehe und Gämsen, der Hirsch zeigt sich davon oft unbeeindruckt. Helfen würde lediglich ein grosser Holzverschlag um jeden Baum – ein zu grosser und kostspieliger Aufwand. Daher entstehen sehr viele Schäden: Rund 40 Prozent der Waldfläche wächst mangelhaft nach, der Hirsch ist dafür hauptverantwortlich. Seine Population sei gross und die Abschusszahlen in Relation dazu niedrig. Der BWB fordert von der Politik daher eine Wald-Wild-Lebensraumstrategie.
Letztlich ist das Thema Hirsch auch unweigerlich mit dem Thema Wolf verknüpft, denn die Wildtiere ziehen immer auch vierbeinige Jäger an. Damit der Wald seine Funktion als Erholungsgebiet beibehält, muss auch dieser Aspekt berücksichtigt werden.
Boom vorerst vorbei
Laut dem Bundesamt für Statistik ist die Schweizer Holzernte im Jahr 2022 um vier Prozent gestiegen. Nach starken Jahren ist nun allerdings bereits wieder ein Rückgang spürbar, wie Lignum Holzwirtschaft Bern verlauten lässt. Sowohl der Wohnungsneubau als auch Renovationsarbeiten und somit der Bedarf an Holz nehmen ab und auch das Preisniveau für den Rohstoff sinkt.