Die reinen «Blässen» vom Bärenboden
04.04.2025 FrutigenSeit 1999 züchten Margrit und Alfred Jungen reine Appenzeller Sennenhunde am Reinisch. Die schweizerische Hunderasse ist mit ihrem typischen Aussehen weitherum bekannt und wegen ihres «gelehrigen» Wesens beliebt als Treib- und Wachhund. ...
Seit 1999 züchten Margrit und Alfred Jungen reine Appenzeller Sennenhunde am Reinisch. Die schweizerische Hunderasse ist mit ihrem typischen Aussehen weitherum bekannt und wegen ihres «gelehrigen» Wesens beliebt als Treib- und Wachhund. Ein Einblick in die Zucht von Jungens zeigt, wieso das bis heute noch so ist.
ANJA SCHRANZ
Kaum angekommen, kündigt mich die Hündin Jacky vom Bärenboden bei Margrit und Alfred Jungen an und macht sich schnüffelnd ein Bild von der Besucherin. Sie ist erst etwas misstrauisch, taut aber schnell auf, als sie sieht, dass ihre Familie mich willkommen heisst und sie einige Streicheleinheiten erhält.
Die reine Appenzeller Sennenhündin hat dieses Jahr sechs Welpen auf die Welt gebracht. Ein N-Wurf war es; das bedeutet, es ist der vierzehnte Wurf der Zuchtlinie vom Bärenboden und alle Welpen tragen einen Namen, der mit dem Buchstaben «N» beginnt. Während die Hunde früher vor allem an Bauern verkauft wurden, sind die schwarzen Hunde mit dem Ringelschwanz und der typischen weissen Blässe auf der Stirn heute auch als Familienhunde sehr beliebt und werden längst nicht mehr nur in der Schweiz gezüchtet.
Der Vater der Welpen stammt aus Italien, und Zuchtbetriebe gibt es auch in Deutschland und Holland, wo die Appenzeller ebenfalls geschätzt werden. Margrit konnte auch schon Hunde in weit entfernte Länder verkaufen, einer ist in Moskau zu finden, ein anderer sogar in Kanada. Vom diesjährigen Wurf werden sie eine Hündin selbst behalten, die restlichen sind schon alle verkauft und gingen nach Deutschland, Italien und in die Schweiz.
Wächter, Treibhunde und treue Familienmitglieder
Appenzeller Sennenhunde kennen wohl die meisten als Wachhunde, die ihr Heim oder den Hof verteidigen. Alfred Jungen erklärt, dass die Hunde aber auch ein natürliches Talent zum Viehtrieb besitzen und, nach entsprechendem Training, sogar die Kühe selbstständig von der Weide in den Stall treiben können. Zudem sind sie «treue Seelen» und sehr gute Familienhunde.
Wichtig sei, wie bei jeder Hunderasse, das entsprechende Training und dass die Welpen schon von klein auf sozialisiert und in der Welpenschule trainiert werden. «Gelehrig» sind die drei Welpen auf jeden Fall, so kennen sie bereits alle den Befehl «Sitz» und wissen auch ganz genau, dass in dem Behälter, den Margrit ihnen in den Auslauf mitbringt, etwas Leckeres für sie drin ist. Die Rasse ist mittlerweile leider vom Aussterben bedroht, die Zahl der Züchter geht immer mehr zurück und entsprechend braucht es viel Herzblut. Der Verband und die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG) geben die Zuchtziele vor. Im Alter von ungefähr neun Wochen dürfen die Welpen ausziehen in ihr neues Hause. Vorher übt Margrit mit ihnen fleissig und nimmt sie beispielweise mit in die Landi, damit sie auf Leute und das Reisen im Auto vorbereitet sind.
Pro Jahr haben sie maximal einen Wurf, und eine Hündin darf maximal bis neunjährig gedeckt werden. Da Jacky nun bereits achtjährig ist, wird der nächste Wurf ihr letzter sein, und ihre Tochter wird dann den Stammbaum vom Bärenboden weitergeben.
Instinkt und ein waches Wesen
Einmal, so erzählt Alfred, hatte ein Bauer in den Niederlanden eine Kuhherde auf der Weide, und sein Appenzeller trieb die Tiere auf eine Erhöhung zusammen. Der Bauer dachte, dass sein Hund wohl verrückt geworden war, als plötzlich eine Flutwelle herannahte und die Kühe der benachbarten Bauern im Wasser standen, seine Herde aber im Trockenen auf der Erhöhung. Der Bläss hatte instinktiv gespürt, dass den Tieren Gefahr drohte, und sie ohne Aufforderung in Sicherheit gebracht.
Die Schlauheit der Rasse kann man auch in anderen Bereichen nutzen, so zum Beispiel als Blindenhund oder als Lawinensuchhund. Anders als andere Sennenhunde hat der Appenzeller keine vererbten Defizite und gilt als robuster und gesunder Hund. Familie Jungen kann sich ein Leben ohne die Hunde nicht vorstellen, auch wenn das Züchten viel zu tun gibt. Und wenn alles gut läuft, tollt im nächsten Jahr der O-Wurf im Reinisch umher.
Weitere Informationen zu Margrit und Alfred Jungen und ihren Hunden finden Sie auf der Website www.baerenboden.ch/