Die Schulwege sollten sicherer werden
12.09.2025 FrutigenAuch wenn die Strassen seit den letzten Tagen innerhalb des Dorfkerns Frutigens wieder schön gelb und weiss bemalt sind, gibt es noch weitere Schwachstellen innerhalb der Verkehrsführung, besonders was die Sicherheit um die Schulhäuser betrifft. Warum, wollte der ...
Auch wenn die Strassen seit den letzten Tagen innerhalb des Dorfkerns Frutigens wieder schön gelb und weiss bemalt sind, gibt es noch weitere Schwachstellen innerhalb der Verkehrsführung, besonders was die Sicherheit um die Schulhäuser betrifft. Warum, wollte der «Frutigländer» wissen.
JACQUELINE RÜESCH
Seit kurzem gibt es um das Widi-Schulhaus in Frutigen wieder Eltern, die hier als Verkehrslotsen fungieren, um die UnterstufenschülerInnen sicher in die Schule zu manövrieren. «Dies geschieht allerdings recht unregelmässig und auf freiwilliger Basis», so eine Mutter aus Frutigen. Um das Oberstufenschulhaus existiert ein solcher Lotsendienst nicht, sollten doch die SchülerInnen dieses Schulhauses alt genug sein, sich der Verkehrsregeln bewusst zu sein. Doch gerade hier ist die Verkehrssituation den Umständen entsprechend gefährlich. Der «Frutigländer» wollte nun wissen, wie die Situation der SchülerInnen punkto Verkehrssicherheit tatsächlich ausschaut und hat bei den entsprechenden Stellen nachgefragt.
Die Sichtweise der Oberstufenschule
Die Oberstufenschule Frutigen selbst macht sich Sorgen um die SchülerInnen, da die Sicherheit des Schulwegs, besonders um das Schulhaus herum, von allen beteiligten VerkehrsteilnehmerInnen höchste Aufmerksamkeit erfordert. Zwar sei die Sicherheit auf dem Schulweg Privatsache und bräuchte aus Gründen der Versicherung die Schule nicht zu interessieren. Dennoch seien LehrerInnen und Schulleitung besorgt, dass es Unfälle geben könnte, so Roman Strähl und David Flückiger, Co-Schulleiter und Schulleiter der Oberstufenschule Frutigen, im Gespräch mit dem «Frutigländer».
Die problematische Stelle zeige sich direkt unterhalb des Oberstufenschulhauses, wo sich sowohl die Parkplätze für die Autos be!nden als auch die Parkplätze für die Fahrräder. «Wenn die Schule aus ist, rasen vor allem die Älteren teils mit dem Velo, teils mit dem Töffli vom Velounterstand die Strasse runter auf die Querstrasse, ohne sich dabei gross zu kümmern, ob ein Auto kommt oder nicht. Besonders wenn sie in Gruppen unterwegs sind, was ja meistens der Fall ist, sind ihre Gedanken woanders. Sie sind abgelenkt und fühlen sich in der Masse sicher», so Roman Strähl. Aus diesem Grund wurde neulich ein Elternbrief verschickt, worin die Sachlage geschildert und um elterliche Ermahnung der Kinder gebeten wird. Das Ziel der Elterninformation: Alle Verkehrsteilnehmer sollen sicher unterwegs sein! «Es gab vor ein paar Jahren einen heftigen Unfall, bei welchem ein Töffli fahrender Schüler in ein Auto geknallt sei. Doch der Schock innerhalb der Schule dauerte genau eine Woche, danach seien die sogenannt coolen SchülerInnen wieder die Strasse hinunter gedonnert», erzählt er. Es sei nicht einfach, die Gefahr in den Köpfen wach zu halten, besonders wenn andere Prioritäten wie beispielsweise die Akzeptanz in der Gruppe wichtiger sei als die eigene Sicherheit, zumindest kurzfristig.
Zu wenig Sicht
Dazu komme, dass die Strassen um das Schulhaus heute zwar mit einem aufgemalten Signal als Schulstrasse gekennzeichnet seien, die Geschwindigkeitsbeschränkung aktuell noch bei 50 km/h liege. Wenn die Parkplätze unterhalb des Schulhauses alle besetzt seien, sei auch die Sicht auf die kleine Strasse, welche vom Schulhaus hinunterführe, weder für die Autos noch für die Fahrräder oder Motorfahrräder ausreichend, und dann könne es schnell mal gefährlich werden. «Weiter unten hat es schon mal geknallt», sagt auch eine Anwohnerin, deren Kinder aber im Moment nicht direkt betroffen seien.
Stellungnahme der Polizei
«Was kann man tun?», fragt der «Frutigländer» die Oberstufenschule Frutigen. Sie sehen selbst keine perfekte Lösung. Der Platz für Parkplätze oberhalb der Schule ist für Autos recht beschränkt, diejenigen unten brauche es zwar, sind aber logistisch kaum anders zu positionieren. «Wichtig ist vor allem, dass sich alle der Problematik bewusst sind, damit es eben nicht zu solchen Unfällen kommt», meint David Flückiger.
Gemäss den Antworten der Kantonspolizei Bern auf die Nachfrage des «Frutigländers» liege der Entscheid zur Geschwindigkeitsbegrenzung jeweils beim Eigentümer der Strasse. In diesem Fall, konkret bei der Adelbodenstrasse, sei es der Kanton Bern, bei Gemeindestrassen, also etwa die kleinere, etwas direkter betroffene Strasse, dann die Gemeinde Frutigen. Die Gesetzgebung liege deshalb bei den entsprechenden Behörden. Die Polizei selbst könne diesbezüglich nicht viel machen.
Allerdings sei sich die Kantonspolizei Bern der aktuellen Lage und der daraus resultierenden Unsicherheit bewusst. Sie war aus diesem Grund während des Schulbeginns vor Ort und verstärkt präsent, unter anderem auch mit Verkehrsinstruktoren. Auch während des Schuljahres sei es geplant, im Rahmen der personellen Möglichkeiten vermehrt präventiv um das Schulhaus im Einsatz zu stehen. Lotsendienste können sie selbst allerdings keine stellen.
Stimmen aus der Gemeinde
Die Sachlage innerhalb der Gemeinde Frutigen ist etwas komplexer, da es sich um verschiedene Bereiche handle, seien verschiedene Personen am Klären dieser Situation beteiligt, meint Thomas Egger, Ressortvorsteher für die öffentliche Sicherheit und die Raumplanung der Gemeinde. Auf die Anfrage des «Frutigländers» betont er nochmals, dass die Verantwortung für den Schulweg rechtlich gesehen tatsächlich bei den Eltern liege. Die Gemeinde selbst sei lediglich verantwortlich für die Massnahmen auf Gemeinde- und Privatstrassen. «Die Gemeinde Frutigen nimmt dieses Thema aber sehr ernst», betont er. «Deshalb baut die Gemeinde fortlaufend ein Netz von 30er-Zonen aus. Es ist vorgesehen, im Jahr 2025 auch das Quartier Oberfeld, in welchem das Schulhaus der Oberstufenschule liegt, mit entsprechenden Massnahmen und Signalen auszurüsten.» Wie der zuständige Ressortvorstehende Bildung der Gemeinde Frutigen, Christof Pieren, mitteilte, sollen SchülerInnen via Infoanlässe zusammen mit Eltern regelmässig durch die verantwortliche Lehrerschaft sensibilisiert und gebeten werden, sich auf Velos und Töfflis den Verkehrsverhältnissen angepasst zu verhalten. Die Bahnhofstrasse, an welcher sich das Widi-Schulhaus be!ndet, werde ausserdem mit einem neuen Deckenbelag versehen, so Thomas Egger weiter. «Die Gemeinde ist hier mit dem Kanton im Gespräch, verkehrsberuhigende Massnahmen zu !nden, welche entsprechend umgesetzt werden sollen.» Der Lotsendienst, welchen die Gemeinde selbstverständlich begrüsst, erfolge durch die Eltern und werde von diesen auch selbst organisiert. Deren Ausbildung und Ausrüstung erfolge durch Fachpersonen der Kantonspolizei. In der Verantwortung der Gemeinde liege zwar die Einschätzung der Zumutbarkeit von Schulwegen, sie sehe aber zurzeit keinen Hinweis darauf, dass die Situation hier nicht zumutbar sei. Weitere Lotsen seien aber willkommen und bestimmt hilfreich.
Schlussbetrachtung und Folgen
Die Stimmen aus Schule, Polizei und Gemeinde scheinen die Situation um die Schulhäuser unterschiedlich einzuschätzen. Doch auch wenn sie sich im Grunde einig sind, ist die Bearbeitung dieser Sachlage schwierig, weil gerade hier mehrere beteiligte Verantwortungs- und Interessensträger involviert sind.
Roman Strähl und David Flückiger betonen, dass sich die älteren SchülerInnen, insbesondere auch solchen mit E-Bike oder Töffli, sich den Gefahren zu wenig bewusst und regelmässigere Mahnungen notwendig seien. Dass der Velounterstand weiter weg von der Schule platziert wird, möchte die Oberstufenschulleitung mit Nachdruck nicht. «Es ist besser, die SchülerInnen näher an der Schule zu haben, als deren Gefährdung an einen anderen Ort zu verlagern, wo keine Aufsicht mehr vorhanden ist», darin sind sich Roman Strähl und David Flückiger einig. Genau dieser Punkt ist mit dem geplanten Konzept von Gemeinde und Kanton zur Einführung einer 30er-Zone um das Oberstufenschulhaus vereinbar.
Lotsen gesucht!
Falls sich weitere Personen am Lotsendienst beim Widi-Schulhaus beteiligen möchten, gibt Cornelia Thönen von der Gemeindeverwaltung Frutigen (Telefon 033 671 25 08) gerne Auskunft.
JR