Die Übernahme sichert den Fortbestand
20.12.2024 WirtschaftSeit 1965 produziert die Greber AG in Kien hochpräzise mechanische Teile. Mangels interner Nachfolge hat die Frutiger Wandfluh-Gruppe das Reichenbacher Unternehmen gekauft.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Präzise Schleifarbeiten bis zu einer Toleranz von 0,001 ...
Seit 1965 produziert die Greber AG in Kien hochpräzise mechanische Teile. Mangels interner Nachfolge hat die Frutiger Wandfluh-Gruppe das Reichenbacher Unternehmen gekauft.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Präzise Schleifarbeiten bis zu einer Toleranz von 0,001 Millimeter sind die Spezialität der Firma Greber AG in Kien. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 0,05 Millimetern. Während 60 Jahren hat sich das Unternehmen in der Präzisionsmechanik einen Namen erarbeitet. Es fertigt für Kunden grosse Serien und produziert und vertreibt vor allem eigene Entwicklungen wie die Spitzen, mit denen Werkstücke in Dreh- und Schleifmaschinen für die Bearbeitung befestigt werden. Erich Greber (56), Inhaber in zweiter Generation, suchte seit einiger Zeit eine Lösung für das Unternehmen mit aktuell 15 Angestellten.
«Die beste Lösung»
Anfang dieser Woche wurde bekannt, dass er die Aktiengesellschaft an die Frutiger Wandfluh-Gruppe veräussert. Erich Greber erklärt: Seit drei Jahren habe er sich intensiv mit der Zukunftsfrage der von seinen Eltern Ernst und Ruth gegründeten Firma beschäftigt. Er habe sich auch mit anderen Unternehmern ausgetauscht, die in ähnlichen Situationen stecken würden, zudem seien externe Stellen angefragt worden. «Meine beiden Kinder habe ich in die Diskussion einbezogen. Sie haben jedoch eigene Wege eingeschlagen und beschreiten diese verständlicherweise weiter.» Das Fazit: «Im Verwaltungsrat wurde offen diskutiert, und schliesslich hat sich der Verkauf als beste Lösung herauskristallisiert.» Das hat mit Grebers zentralen Anliegen zu tun: Die über Jahrzehnte entwickelten und verkauften Eigenprodukte sollen auf dem Markt erhalten bleiben, die Kunden nicht im Stich gelassen werden. Das sei eine Herzensangelegenheit. Der wichtigste Punkt sei aber der Erhalt der Arbeitsplätze. «Deshalb ist es ein absoluter Glücksfall, dass wir mit Wandfluh sogar einen starken Partner aus der Region gefunden haben. Wir wurden herzlich in der Wandfluh-Gruppe aufgenommen.»
«Das Timing hat prima gepasst»
«Es war eigentlich purer Zufall und von unserer Seite her nicht gesucht», äussert sich Matthias Wandfluh, CEO der Wandfluh-Gruppe, zum Kauf. Erich Greber habe im Zuge seiner Nachfolgeplanung angefragt und «das Timing hat prima gepasst». Man setze selber auf mehreren Maschinen Spitzen von Greber ein, zudem habe man in der Wandfluh Produktions AG Kunden, die genaue Schleifprozesse nachfragen. «Statt diese Arbeiten teuer extern zu beschaffen, werden wir sie neu auch in der Lohnfertigung selbst abdecken können. Das wirkt sich positiv auf Kosten und Lieferzeiten aus», erklärt Matthias Wandfluh. Im Zuge des Erweiterungsbaus an der Parallelstrasse (siehe Kasten) sei genügend Platz für mögliche Angebotserweiterungen – neue Maschinen, neue Kompetenzen – vorhanden. Zudem habe die Greber AG mit den präzisen Spitzen ein spannendes Eigenprodukt.
Eine Übernahme und ein neuer Besitzer sind aber auch mit Unsicherheiten verbunden. Was wird sich in Kien ändern? Erich Greber: «Ich bin froh, dass ich weiterhin in der Firma bleiben und mein Wissen im Bereich der Eigenprodukte als Kundenprojektleiter weitergeben kann.» Matthias Wandfluh ergänzt: «Vorerst bleibt alles beim Alten. Natürlich werden wir für gewisse Tätigkeiten auf zusätzliche Ressourcen aus unserer Gruppe zurückgreifen können – zum Beispiel im Marketing oder beim globalen Vertriebsnetz. Inwiefern wir in weiteren Bereichen enger zusammenarbeiten können, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.» Im Bereich der Lohnfertigung und der Baugruppenmontage wolle man mittel- und langfristig als Wandfluh Produktions AG (Wapro) auftreten, der Markenname GPRTOPS bleibe jedoch für das Eigenprodukt, die hochpräzisen Spitzen, auf dem Markt erhalten.
Wapro-Erweiterung im Zeitplan
Seit Mitte 2024 entsteht an der Parallelstrasse in Frutigen ein grosser Anbau an das bestehende Werk der Wandfluh Produktions AG. Dieses soll für den Eigenbedarf genutzt werden und Reserven für die Zukunft bieten. Ein bedeutender Teil wird an die BLS für den Unterhalt der Lötschbergstrecke vermietet. Eine Passerelle über die Strasse wird das neue Gebäude direkt mit dem Bahnareal verbinden. Laut Matthias Wandfluh verlaufen die Bauarbeiten planmässig, der Bezug ist für Ende 2026 geplant: «Aktuell sind wir auf Kurs.»
HSF