Im Berner Rathaus wurde kürzlich über eine Motion debattiert, die unter anderem den Erhalt der Geburtshilfe im Spital Frutigen forderte. Auch wenn der Wunsch einer langfristigen Sicherung des Spitalstandorts deutliche Zustimmung erhielt, wurde doch die forcierte Aufrechterhaltung der Geburtenabteilung vom Grossen Rat abgelehnt.

Kurze Rückblende zur Kundgebung vom Ende März beim Spital Frutigen
Dass im Kandertal rund 400 Personen friedlich zusammenstehen, aber dennoch laut und deutlich ihre Stimme erheben, kann schon fast als historisch bezeichnet werden. Die Solidarität mit der Geburtenabteilung des Spitals Frutigen und den betroffenen Mitarbeitenden war nicht zu überhören. Die deutlichen Worte der anwesenden Politiker liessen keinen Zweifel daran offen, dass da etwas falsch gelaufen ist und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen.
Nur: Wer sind denn eigentlich die Verantwortlichen für diese Situation? Im Berner Rathaus und an der Kundgebung in Frutigen schien dies allen klar. Der Verwaltungsrat und die operative Leitung der Spitäler fmi AG sowie der Regierungsrat des Kantons Bern werden aufgefordert, diesen Entscheid zu überdenken. Ich will hier weder die Spitalleitung noch den Regierungsrat in Schutz nehmen, aber dieser schnelle Fingerzeig hält einer genaueren Überprüfung nicht stand.

Spitalversorgungsgesetz als Grundlage
Grundlage für die Gestaltung der Spitalplanung im Kanton Bern ist das sogenannte Spitalversorgungsgesetz, das seit 2013 in Kraft ist und sich auf das Bundesgesetz über die Krankenversicherung abstützt. In diesem Spitalversorgungsgesetz wird als Grundsatz festgehalten, dass die Versorgung wirtschaftlich erfolgen muss. Über dieses Prinzip wurde bei der letzten Gesamtrevision des Gesetzes heftig gestritten, wobei sich die bürgerliche Mehrheit im Rat klar durchsetzen konnte und die wirtschaftliche Ausrichtung der Spitäler bestätigt und verstärkt wurde. Diese Strategie wurde jedoch nicht vom Regierungsrat festgelegt, sondern von den bürgerlichen Fraktionen im Grossen Rat. Die Spitäler im Kanton Bern sollen also nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien geführt werden. Dies bedeutet, dass Leistungen, die nicht kostendeckend sind, überprüft und allenfalls optimiert oder gestrichen werden sollen.
Genau dies hat nun die Spitalleitung mit der Zusammenlegung der Geburtenabteilung ausgeführt und damit dem Gesetz Folge geleistet. Und genau dies wird nun von den selben Politikern gerügt, die damals den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit hochhielten und das vorliegende Spitalversorgungsgesetz verantworten. Man kann dies nett als Regionalpolitik verstehen, aber böse Zungen sprechen da eher von Opportunismus, der nur auf die Aufmerksamkeit der Wähler schielt. Dass Grundsätze für alle aber nicht für mich selber gelten sollen, führt jedoch nur zu einem wachsenden Vertrauensverlust in die Politik und die politischen Institutionen.

Verantwortlich sind die Wählenden
Der ausgestreckte Finger, der zuerst auf die Spitalleitung und den Regierungsrat und dann auf die Grossräte zeigt, ist aber immer noch nicht auf die wahrlich Verantwortlichen gerichtet. In einem demokratischen System sind letztlich wir Wählenden und Abstimmenden verantwortlich für die Gestaltung unserer Gesellschaft, der Gesundheitsversorgung, der Schulen oder des Service public. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir wählen in unseren Tälern mehrheitlich bürgerliche Politiker, lehnen aber die bürgerliche Politik ab, wenn diese uns selber trifft. Oder noch kürzer: «Ds Füfi u ds Weggli» ist leider nicht zu haben.

HANS PETER BACH

HANSPETER.BACH@LIVENET.CH REDAKTION@FRUTIGLAENDER.CH

Kolumne - DERFÜR U DERWIDER

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