Das Kandertal ist in Mülenen besonders eng. Kein Wunder, wurden dort bereits im Mittelalter Verteidigungsstellungen gebaut. Die Armee verstärkte diesen Engpass im letzten Weltkrieg mit Bunkern. Wie genau, konnte am vergangenen Wochenende besichtigt werden.
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Das Kandertal ist in Mülenen besonders eng. Kein Wunder, wurden dort bereits im Mittelalter Verteidigungsstellungen gebaut. Die Armee verstärkte diesen Engpass im letzten Weltkrieg mit Bunkern. Wie genau, konnte am vergangenen Wochenende besichtigt werden.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die Überreste der «Letzi», der mittelalterlichen Mauer quer durch das Tal, sind heute beidseits der Nationalstrasse in Mülenen wieder gut sichtbar. Zu dieser Verteidigungsstellung gehörte damals auch eine Burg. Dass die enge Stelle militärisch interessant war, erkannte die Armee im Zweiten Weltkrieg früh und baute mehrere Bunker mit Maschinengewehren und Panzerabwehrkanonen. Auch Unterstände für eine Artilleriebatterie sowie Munitionsmagazine im Suldtal wurden im Laufe der Jahre erstellt. In Erinnerung ist zudem die sechsreihige «Toblerone» – die Sperre aus Betonhöckern, die sich bis zum Bau der Umfahrungsstrasse durchs Tal zog. Dass sowohl Strasse als auch Lötschberg-Bahnlinie an mehreren Stellen zur raschen Sprengung vorbereitet waren, war hingegen nur den Experten bekannt.
Geschichte erhalten
Die Schweizer Armee setzt in den letzten Jahrzehnten nicht mehr auf Beton, sondern auf Mobilität. Auch im geschichtsträchtigen Ort Mülenen sind deshalb einige ausgemusterte Bunker und Magazine abgebrochen worden, und die verbleibenden geraten zunehmend in Vergessenheit. Nicht so beim Verein Infanteriefestung Berner Oberland (IF+BO). Dieser besitzt oder betreut an verschiedenen Orten ehemalige Armeeanlagen – in Heiligenschwendi, Einigen, Wimmis und Mülenen. Einige ausgewählte Bunker sind wieder vollständig ausgerüstet worden und können jeweils auf Anfrage besichtigt werden.
Das Interesse war gross
Am letzten Samstag wurden zwei der Anlagen in Mülenen für die interessierte Bevölkerung geöffnet. Der «Bunkertag» stiess auf erstaunlich grosses Interesse. Wie Dominic Schmutz vom IF+BO am Abend sagte, kamen «über 400 Personen und fünf Hunde», um den gut sichtbaren Infanteriebunker A1978 «Kander» neben dem Niesenbahntrassee sowie die versteckte Festung A1975 «Suldschlucht» zu besichtigen. Der Bunker ist heute wieder vollständig ausgerüstet, und die Festung beeindruckte durch ihre Grösse über mehrere Stockwerke. Die beiden Anlagen sowie einige weitere, mit Kanonen und Maschinengewehren bewaffnete Bunker, hatten die Aufgabe, einen Gegner, der am Suldbach und vor der Höckersperre zum Stehen gekommen wäre, durch seitliches Feuer zu bekämpfen.
Nur noch alter Beton
Dominic Schmutz und weitere 15 Helferinnen und Helfer des Vereins boten einen spannenden Blick hinter dicke Bunkerwände. Das Publikum am «Bunkertag» war bunt gemischt – von Familien bis zu ehemaligen Festungssoldaten, wie den engagierten und fachkundigen Gesprächen zu entnehmen war. Es waren teils Anwohnende, die die Gelegenheit nutzten, diese meist verschlossenen Militäranlagen in ihrer Nachbarschaft einmal von innen zu sehen. Aber es gab auch Besucherinnen und Besucher, die aus der halben Schweiz angereist waren. Dass der aktuelle Krieg gegen die Ukraine die Aufmerksamkeit verstärkt auf die alten Schweizer Bunker lenkt, war mehrfach zu hören. Doch in der heutigen Armee und gegen moderne Waffen haben die alten Bauten aus dem Zweiten Weltkrieg definitiv ausgedient. Sie bleiben jedoch ein wichtiges Puzzleteil der Geschichte.
Weitere Informationen unter infanteriefestung.ch und festung-oberland.ch