Ein Dorf im sommerlichen Belle-Epoque-Fieber
16.08.2022 KanderstegVom letzten Donnnerstag bis zum Sonntag fanden im Blümlisalpdorf die Belle-Epoque-Sommertage statt. In hellen Kleidern und Anzügen trafen sich Vereinsmitglieder und Gäste am Märit, im Freibad oder beim Spielnachmittag. An der Hauptversammlung wurde das Programm ...
Vom letzten Donnnerstag bis zum Sonntag fanden im Blümlisalpdorf die Belle-Epoque-Sommertage statt. In hellen Kleidern und Anzügen trafen sich Vereinsmitglieder und Gäste am Märit, im Freibad oder beim Spielnachmittag. An der Hauptversammlung wurde das Programm für kommenden Januar vorgestellt.
KATHARINA WITTWER
«Im Vergleich zum Januar nehmen jeweils weniger Vereinsmitglieder teil, und der Aufmarsch der BesucherInnen – gekleidet wie zur Zeit vor 150 Jahren – lässt sich nicht mit dem Hauptanlass vergleichen», erklärte Vereinspräsidentin Annemarie Kempf Schluchter. Dies tat aber der gemütlichen Stimmung am Anlass keinen Abbruch.
Gute Resonanz auf den Badeplausch
Ein erster Höhepunkt war der Badeplausch, der zum ersten Mal im Freibad stattfand. Die «normalen» Badegäste hatten ihre helle Freude an den 25 weiblichen und männlichen, züchtig gekleideten Badenixen. Bisher wurde dieser nasse Vereinsanlass in kleinstem Rahmen im Hallenbad eines Hotels durchgeführt. «Die vielen tollen Gespräche trugen viel zur Bekanntheit unserer Anlässe bei. Deshalb werden wir in Zukunft im Freibad ‹planschen›», so die Vereinspräsidentin.
Am Samstag hofften Marktfahrer auf der Bahnhofmatte auf kaufkräftige Kundschaft, die einen Hut, einen Spazierstock, eine Brosche oder gar ein neues Kleid anschaffen wollten. Unter Sonnenschirmen wurde in der Fischerstube ausgiebig geplaudert. Auch beim Abendessen, musikalisch untermalt vom Trio I Galanti, und bei Krocket- und Boulespielen auf dem Rasen des Hotels Victoria am Sonntagnachmittag konnten sich die Vereinsmitglieder besser kennenlernen.
Wechsel im Vorstand
An der Vereinsversammlung am Freitagabend wurden Doris Wandfluh, Irene Marti und Martina Salzmann aus dem Vorstand verabschiedet. Wandfluh, eine Frau der ersten Stunde, hat die Geschäftsführung bereits an den Tourismusverein Kandersteg übergeben. Neu konnten Barbara Steiner, Christian Bhend, Agnes Rufener und Andreas Sieber gewonnen werden.
Festgelegt wurden die Programmschwerpunkte für die Belle-Epoque-Woche vom 22. bis 29. Januar 2023. Nach den beiden letzten «trägen» Jahren sei eine Aufbruchstimmung spürbar, beobachtet Annemarie Kempf Schluchter. Nun hofft der Verein, die einheimische Bevölkerung wieder zum Mitmachen animieren zu können.
Zeitgemässe Trends im Mittelpunkt
Mode und Accessoires sowie die zur Anfertigung notwendigen Geräte und Maschinen veränderten sich zwischen 1860 und 1914 stark. Eine Ausstellung im Gemeindesaal wird sich während der ganzen Belle-Epoque-Woche 2023 dieser Entwicklung widmen. Unter anderem wird eine Coiffeuse den BesucherInnen Tipps vermitteln, wie sie aus der eigenen Haarpracht Belle-Epoque-kompatible Frisuren zaubern können. KunsthandwerkerInnen, zum Beispiel Strohflechter oder eine Hutmacherin, werden ihr Können zeigen und Kurse geben. Von den Brillentrends bis hin zu den Nähmaschinen jener Zeit wird vieles zu sehen sein.
Ebenfalls im Gemeindehaus wird die Musikgesellschaft Kandersteg ein Bistro betreiben, das «Café Musica». Beim Treffpunkt im Kichgemeindehaus erhalten BesucherInnen an einem ständig besetzten Informationsstand Auskunft über das tägliche Angebot.
Auch die Bahnhofmatte soll die ganze Woche über belebt sein. Auf der Natureisbahn wird eine Senioren-Eislaufgruppe ihr Können zeigen. Auch die Hockeymatches, das Eisstockschiessen und das freie Eislaufen sollen wieder stattfinden.
Anlässe fürs «einfache Volk»
Eine neue Gästegruppe anlocken will man am zweiten Belle-Epoque-Wochenende mit einem Ski-Event. Am Oeschinensee und beim Dorf werden Skirennen ausgetragen. Ob sie als Schweizer-, Europa- oder gar Weltmeisterschaften in die Sportgeschichte eingehen werden, ist noch offen. Bewertet werden jedoch nicht die gefahrenen Zeiten, sondern die Authentizität. TeilnehmerInnen können sich am Samstagabend auf ein rauschendes Skifest freuen. Knechte und Mägde treffen sich an den täglichen Stammtischen in verschiedenen Restaurants zum Saujassen oder zu sonstigen Kartenspielen. Sogar ein Gesindeabend ist vorgesehen. Dass es dort weniger gesittet zu- und hergehen wird als am Ball der feinen Herrschaften, liegt auf der Hand.
Mit den Angeboten für die «unteren Klassen» soll auch deutlich werden, dass die «noble Gesellschaft» ohne die einfachen Leute nicht hätte existieren können.