Ein emotionaler Abschied
26.11.2024 AdelbodenWegen der Umstrukturierung der Bergbahnen Adelboden AG sind die aktuellen Zahlen kaum mit denen der Vorjahre vergleichbar. Aber: Auch dank dynamischer Preise wurde gutes Geld verdient – quasi ein Abschiedsgeschenk für Markus Hostettler. Am Samstag erlebte dieser seine letzte ...
Wegen der Umstrukturierung der Bergbahnen Adelboden AG sind die aktuellen Zahlen kaum mit denen der Vorjahre vergleichbar. Aber: Auch dank dynamischer Preise wurde gutes Geld verdient – quasi ein Abschiedsgeschenk für Markus Hostettler. Am Samstag erlebte dieser seine letzte Generalversammlung als BAAG-Direktor.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die seit Oktober 2023 noch engere Zusammenarbeit übers Hahnenmoos mit den Lenkern fruchtet. Die beiden Muttergesellschaften – die Bergbahnen Adelboden AG (BAAG) und die Genossenschaft Lenk Bergbahnen (LBB) – sind statt Seilbahnbetreiberinnen nur noch Immobilien- und Anlagenverwalterinnen. Den operativen Betrieb im gesamten Gebiet stellt die gemeinsame Tochterfirma Bergbahnen Adelboden-Lenk AG (BAL) sicher. Infolge der BAL-Gründung verzeichnet die BAAG ein buchhalterisches Kurzjahr von neun Monaten. Deswegen und aufgrund der neuen Struktur sind die aktuellen Zahlen kaum mit denen der Vorjahre vergleichbar.
An der 21. BAAG-Generalversammlung letzten Samstag erläuterte Direktor Markus Hostettler, dass sich der Betriebsertrag aus den Mieteinnahmen der an die Tochtergesellschaft vermieteten Infrastrukturen (Bahnen und Berghäuser) sowie aus übrigen Erlösen zusammensetzt. Letztere beinhalten hauptsächlich Beteiligungen Dritter an Investitionsprojekten. Insgesamt beträgt der Betriebsertrag gut vier Millionen Franken. Als Jahresgewinn werden 125 459 Franken ausgewiesen. Die «grossen» Erfolgszahlen aus dem Bahnund Gastrogeschäft sind neu in der BAL-Buchhaltung aufgeführt
Kasten).
Nach 24 Jahren geht die Saison zu Ende
Nachdem die AktionärInnen viele Informationen zum Geschäftsgang 2023 / 24 erhalten und sämtliche traktandierten Anträge einstimmig genehmigt hatten, würdigte und verabschiedete BAAG-Verwaltungsratspräsident René Müller den Direktor Markus Hostettler für seine langjährige Tätigkeit im Unternehmen. Hostettler, der am 1. Januar 2000 anfing, wird Ende Januar 2025 pensioniert.
Die Würdigung – eine Präsentation mit zahlreichen Zeitungsausschnitten, Bildern und sogar Gesang der Bergbahnangestellten – erheiterte das Publikum. Für ein paar verdrückte Tränen bei Hostettler sorgte dann die Verabschiedung durch René Müller, der Meilensteine aus den 24 Jahren Tätigkeit des BAAG-Direktors aufzählte. Dieser sei ein herausragender Leader, der immer mit viel Begeisterung, Beharrlichkeit und Ausdauer seine Visionen fürs Unternehmen verfolgt habe. Nicht vergönnt war ihm allerdings der geplante Ersatz der Sillerenbahn, deren Bewilligung noch aussteht.
Neuer BAAG-Direktor wird Nicolas Vauclair. «Der Jurassier, der via Lenk nach Adelboden kommt» (Zitat René Müller) arbeitet aktuell bereits als Geschäftsführer der BAL AG und der LBB und sei die ideale Besetzung aufgrund seiner detaillierten Kenntnisse über die drei Firmen. Er setze sich seit Jahren mit Herzblut und Kompetenz für die Region Adelboden-Lenk ein. Vauclair wird die Geschäftsführung der BAAG am 1. Januar 2025 übernehmen.
Die Planungsprobleme der Bahnen
Der neue Geschäftsführer übernahm dann gleich den Blick in die Zukunft der Ski- und Bikeregion Adelboden-Lenk. Weil das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) im September 2024 Genehmigungsvorbehalte zur Überbauungsordnung für die «Direttissima» (Ersatz Sillerenbahn) geäussert und das nachträgliche Ausscheiden eines Gewässerraumes im Bereich Eselmoos verlangt hatte, ist erneut ein geringfügiges Verfahren mit öffentlicher Auflage notwendig (der «Frutigländer» berichtete). Mit der Genehmigung der UeO durch das AGR rechnen die Verantwortlichen somit frühestens Ende März 2025, erwartet wird auch eine massive Kostensteigerung. Vauclair wählte deutliche Worte für das «Schneckentempo» der kantonalen Behörden, die sich aber in seinem Dialekt noch recht freundlich anhörten. Er zeigte auf, dass es sich bei der Mehrzahl der neun Projekte beidseits des Hahnenmoos um Überbauungsordnungen handelt – darunter auch Bikestrecken, die man in schneearmen Wintern nutzbar machen möchte – und fürchtet weitere Verzögerungen.
Nebst Spielplätzen ist auch eine Verbesserung der Beschneiung am Weltcup-Hang Chuenisbärgli geplant. «Aktuell können wir nicht parallel die Renn- und die Publikumspiste beschneien. Der Weltcup hat deshalb Vorrang, solange wir nicht grössere Rohre verlegt haben», erklärte Vauclair. Wie es mit der potenziellen Bahnverbindung des Gebietes Adelboden-Lenk mit Crans Montana (Projekt «Cradle») weitergehe, werde bis Ende 2025 eine Machbarkeitsstudie zeigen. Auch die Zukunft des Ticketverbundes Top4 sei nach dem Austritt von Gstaad im Moment offen, schloss er seinen Überblick ab.
Im Zusammenhang mit der Erneuerung der Sillerenbahn wurde vonseiten der Aktionäre die Befürchtung geäussert, dass die Dorfbahn von der Talstation in den Schwand allenfalls durch einen Busbetrieb ersetzt werden könnte. Man munkle auch, dass diese Bahn an die Gemeinde verkauft oder sogar verschenkt werden solle. BAAG-Präsident René Müller bestätigt zwar, dass auch über die Dorfbahn nachgedacht würde, die ebenso alt sei wie die Gondelbahn. «Es finden aber keinerlei Gespräche dazu statt, die Ideen sind in der Schublade. Priorität hat derzeit definitiv die ‹Direttissima›», versuchte er zu beruhigen.
Die Gastronomie bereitet der BAL AG noch Sorgen
Die BAAG-AktionärInnen wurden auch über die Tätigkeiten und Zahlen aus dem operativen Geschäft der Tochtergesellschaft BAL AG informiert. Das allererste Geschäftsjahr der BAL AG war mit vielen Meilensteinen gespickt: Im Winter 2023 / 24 wurde im gesamten Tarifverbund ein neues Preismodell für Skitickets eingeführt, und das Unternehmen verantwortet nach der Übernahme des Restaurants Geilsbrüggli neu fünf Gastronomiebetriebe. Die BAL AG erwirtschaftete trotz einer wettertechnisch extrem schwierigen Wintersaison ein solides Ergebnis mit einem Winter-Verkehrsertrag von fast 25 Millionen Franken. «So viel Geld wie im letzten Winter haben die Bergbahnen in Adelboden und an der Lenk noch nie gemacht», so Geschäftsführer Nicolas Vauclair. Die drei fehlenden Sommermonate schlagen beim Sommer-Verkehrsertrag mit 768 857 Franken zu Buche. Die Gastronomie blieb mit einem Gesamterlös von knapp 3,5 Millionen Franken «deutlich unter den Erwartungen», wie Vauclair betonte. Insgesamt erwirtschaftete die BAL AG Gesamteinnahmen von 31,3 Millionen Franken. Das EBITDA beträgt 9 530 399 Franken. Die Jahresrechnung 2023 / 24 schliesst mit einem positiven Jahresergebnis von 521 351 Franken ab. Mehr Gäste und die neu eingeführten dynamischen Preise haben laut Vauclair dazu beigetragen. Auf Kritik an diesen reagiere man zum Beispiel mit dem neuen Samstagsangebot «Kids free» für Familien. «Die haben wir anfangs nicht genug berücksichtigt.» Auch aufgrund der höheren Einnahmen werde das Konzept nicht in Frage gestellt, Anpassungen bei den Parametern für die Preisberechnung seien aber immer möglich.
Trotz dieser Zahlen wird Optimierungspotenzial verortet: «Wir müssen insbesondere die Erträge in der Gastronomie deutlich verbessern und unsere Anlagen in den Monaten Januar und März sowie im Sommer besser auslasten. Zudem müssen wir Massnahmen zur Effizienzsteigerung und Optimierung der Betriebskosten ergreifen.» Vauclair fügte mit Blick in die Zukunft an: «Nur so können wir die erforderlichen Investitionen mit Zuversicht angehen.»
HSF