Ein Frutiger beim Auftakt des Weltcups
24.10.2025 SportWenn der Frutiger Sandro Zurbrügg in Sölden am Weltcup startet, fiebern die Eltern und der Skiclub Frutigen mit. Das Rennen sei extrem anspruchsvoll, ein Platz unter den ersten 30 kaum realistisch aber natürlich das oberste Ziel. Und Sandro Zurbrügg hat bei seinem ...
Wenn der Frutiger Sandro Zurbrügg in Sölden am Weltcup startet, fiebern die Eltern und der Skiclub Frutigen mit. Das Rennen sei extrem anspruchsvoll, ein Platz unter den ersten 30 kaum realistisch aber natürlich das oberste Ziel. Und Sandro Zurbrügg hat bei seinem Weltcup-Debut 2023 schon einmal das Unmögliche möglich gemacht.
RACHEL HONEGGER
Einen Tag bevor er mit seiner Frau und 14 weiteren Mitgliedern des Skiclubs Frutigen nach Sölden aufbricht, besucht uns Alfred Zurbrügg, Vater von Sandro Zurbrügg, in der «Frutigländer»-Redaktion. Seine Freude über das Aufgebot des Sohnes zum Weltcupstart in Sölden ist ansteckend.
Dass die Familie direkt vor Ort mitfiebert, komme nicht so häufig vor, rein zeitlich sei das kaum machbar. Aber das Rennen in Sölden lassen sich die Eltern nicht entgehen. «Wir hoffen natürlich, dass er einen guten ersten Lauf fährt und es unter die ersten 30 reicht», denn nur so kann sich Zurbrügg für den zweiten Lauf qualifizieren. Aber wenn man die Statistik anschaue, dann sei es mit einer hohen Startnummer schon sehr schwierig, dies zu erreichen. «Die Verhältnisse sind gut, der Steilhang ist schwierig, aber das mag Sandro eigentlich. Nur die lange Flachpassage bis ins Ziel, das ist sicher nicht seine Stärke. Er mag es grundsätzlich gerne steil und eisig. Im Flachen verliert er noch zu viel Zeit, auch wenn das schon besser wurde.» Aber die grösste Herausforderung in Sölden werden weder der extrem anspruchsvolle Steilhang noch die Fläche sein, sondern die hohe Startnummer und die damit einhergehenden schlechteren Pistenverhältnisse. Deswegen sei Zurbrüggs oberstes Ziel in dieser Saison, sich auf der FIS-Rangliste vom aktuellen Rang 68 im Riesenslalom und Rang 67 im Super-G auf einen Platz unter den ersten 30 zu verbessern.
Spektakuläre Anfänge im Keller
Wenn Alfred Zurbrügg über FIS- und Weltcup-Punkte, über das Skifahren generell und seinen Sohn im Besonderen spricht, dann spürt man auch bei ihm ein Feuer, das für diesen Sport brennt und welches er und seine Frau dem Sohn vermittelt haben. Mit zweieinhalb Jahren stand Sandro Zurbrügg zum ersten Mal auf den Ski. Mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht erinnert sich der Vater an eine besondere Anekdote: «Wir haben ihm Skischuhe und Ski gekauft und als noch kein Schnee lag, da ist er mit den Ski an den Füssen im Keller rumgelaufen. Dann hatte es glücklicherweise bald schon Schnee hinter dem Haus und dort machte er seine allerersten Versuche.» Nicht lange, und der kleine Sandro war auf der Piste in Elsigen anzutreffen.
Als Mensch sei Sandro Zurbrügg eher ruhig, er stelle sich nicht in den Vordergrund. Aber es gebe durchaus Situationen, zum Beispiel beim Gaming am Computer mit Freunden, da spüre man sein Temperament. Da sei er ein anderer Mensch. Aber auch mit zunehmendem Erfolg sei sein Sohn bescheiden geblieben, erzählt Alfred Zurbrügg: «Er ist sich völlig bewusst, dass nach einem guten Rennen auch wieder eines nicht zufriedenstellend läuft. Natürlich muss und will er immer liefern, aber es sind halt viele Faktoren, die das Gelingen beein!ussen». So diszipliniert er ist, so wenig sei er ein Rädelsführer in einem Team, aber er könne sich überall gut einfügen. «Wenn er beispielsweise mit Odermatt und Konsorten unterwegs ist», vermutet der Vater, «da ist er wohl derjenige am Tisch, der dasitzt und zuhört, was die anderen zu erzählen haben. Da kommt er schon manchmal nach Hause und gibt ein paar ‹Müsterli› zum Besten, was die anderen so bieten.»
Familie und Umfeld sind gefordert
Sandro Zurbrügg wohnt noch zuhause und kann immer auf seine Eltern zählen. Um im Weltcup mitfahren zu können, brauche es die Unterstützung der Familie und des Umfelds, anders sei dies gar nicht möglich, betont Vater Alfred Zurbrügg. Er selbst war gar eine Zeit lang als Leiter der JO im Skiclub Frutigen tätig und so quasi vorübergehend der Trainer seines Sohnes, bis dieser weiterzog in die nächst höhere Liga. Aber auch wenn man nicht selber aktiv im Skisport ist, so sei es doch unglaublich wichtig, dass man die Kinder unterstützt: «Ich glaube, da haben die Eltern immer mit ein Verdienst, wenn es im Skisport jemand an die Spitze schafft. Wenn das Umfeld nicht bereit ist, diesen Sport zu vermitteln und mitzutragen, dann ist es gar nicht möglich. Beim Skifahren ist es eine Bedingung, dass man dies als Eltern stark mitträgt und mitfördert. Da sind die Sonntage ausgefüllt, man muss morgens um sieben Uhr los und kommt spät am Nachmittag zurück, das bedeutet viel Aufwand. Deswegen müssen die Eltern dieses Feuer mitgeben können.» Und Alfred Zurbrügg ergänzt: «Dieses Feuer erlischt nie!»
Auch in Adelboden schaut man nach Sölden
Auch bei den Organisatoren des Weltcups Adelboden brennt dieses Feuer. Für Geschäftsführer Christian Haueter beginnt die Wintersaison nicht erst mit dem Weltcupauftakt in Sölden: «Wir sind jetzt rund 78 Tage vor dem Start in Adelboden, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.» Aber das Grundsätzliche, wie die Organisation, die Abläufe und vieles mehr, das sei seit Ende Oktober abgeschlossen. Den Saisonstart in Sölden könne er deswegen vor allem als Fan mitverfolgen. «Wir alle vom OK freuen uns natürlich auf diesen Anlass. Und selbstverständlich hat man da eine gewisse «Deformation professionell», unsere Pistenleute schauen sicher, wie die Piste bereitet ist, jene vom Marketing haben ein Auge darauf, welche Werbepartner in Sölden an Bord sind. Ich schaue grundsätzlich, wie das Gesamtbild wirkt – das können verschiedene Details sein: Wie sieht er Start aus, wie ist das Fernsehbild dort, wie sieht der Zielsack aus, wie sind die Zonen eingeteilt? Kann man etwas abschauen oder müssen wir etwas anpassen? Aber es ist ja nicht so, dass wir das erste Mal ein Skirennen durchführen», ergänzt Haueter mit einem Lachen. Wichtig sei ihnen in Adelboden immer, dass jeder Sportler angefeuert und unterstützt wird. «Als Veranstaltungsort sind wir bekannt dafür, dass die Stimmung brodelt, unabhängig von der Nationen- !agge. Das ist uns ein grosses Anliegen.»
Aber selbstverständlich schlage das Skisport-Herz höher, wenn ein junges Talent aus dem Tal am Start ist. Und deswegen fiebert Haueter auch dieses Wochenende mit Sandro Zurbrügg: «Wir drücken Sandro die Daumen und hoffen, dass er dann auch am Chuenis die Leistung abrufen kann, die er sich erhofft.» Und – wie er betont, mit einem grossen Augenzwinkern – ergänzt er: «Ohne Druck machen zu wollen – 1992 ist mit Hans Pieren der letzte Einheimisch in Adelboden aufs Podest gefahren. Das könnte längerfristig durchaus ein Ziel sein, die Zeit wäre reif. Jetzt ist Sandro natürlich unsere Hoffnung.»
Die Nerven liegen blank
Die Eltern von Sandro Zurbrügg konzentrieren sich nun erstmal auf das Rennen vom Wochenende in Sölden. Und eines wird schnell klar: Nicht nur dass die Leidenschaft und das Feuer für den Skisport nie weniger werden, auch die Aufregung nimmt mit der Erfahrung nicht ab. Wenn der Sohn startet, dann liegen sowohl bei seiner Frau Ursula als auch bei ihm die Nerven blank. «Das ist eine Katastrophe», erzählt Zurbrügg. Vor dem Bildschirm sei es gar noch schlimmer, als wenn sie vor Ort mitfiebern.
«Am allerwichtigsten ist aber immer, dass er gesund ins Ziel kommt. Aber dann hoffen wir natürlich schon, dass er es unter die ersten 30 schafft.» Auch wenn dies in Sölden fast nicht realistisch ist. Sandro Zurbrügg hat schon einmal überrascht. «Bei seinem Weltcup-Debut im Dezember 2023 in Val d’ Isère, da waren die Verhältnisse so schwierig, es war eigentlich unmöglich, in die vorderen Ränge zu fahren. Das war eine sensationelle Leistung von Sandro.» Er landete exakt auf dem 30. Platz und konnte somit im zweiten Lauf als Erster starten. Dies habe er dann exzellent genutzt und landete auf dem 17. Schlussrang.
Auch der Skiclub Frutigen wird am Wochenende die Daumen drücken, das sei für einen solchen Club natürlich ehrenhaft. Jemand aus den eigenen Reihen, der am Weltcup startet, das sei ein Aushängeschild und das habe es in Frutigen noch nicht oft gegeben. Und so wird es am Wochenende wohl hier im Tal wie auch in Sölden aus vollen Kehlen tönen: «Hopp Sandro!»

