Eine Finanzspritze für den lokalen Kulturverein

  22.03.2024 Frutigen

Die Verpflichtung des Weltstars Manu Chao ist ein Segen fürs Prestige, die Kasse von Kander Kultur füllt der Auftritt allerdings nicht. Der Verein hat nun aber einen anderen Weg gefunden, sich finanziell Luft zu verschaffen.

JULIAN ZAHND
150 Minuten lang dauerte der Vorverkauf, danach waren alle der 2000 verfügbaren Tickets fürs Konzert von Manu Chao weg. Das lässt sich leicht erklären: Der Musiker von Weltformat trat vor sieben Jahren zum letzten Mal in der Schweiz auf. Auch im Frühling wird er sich bloss kurz im Land aufhalten – zwischen zwei Konzerten in Holland und Frankreich wird er im Mai in Frutigen und in der Mühle Hunziken gastieren (der «Frutigländer» berichtete). Die Ticketpreise sind für einen Künstler dieser Grössenordnung zudem bescheiden: Weniger als 38 Franken kostet ein Eintritt. Ein Bruchteil dessen, was er hätte kosten können. Dennoch: Der Abend brachte dem Verein Kander Kultur auf einen Schlag rund 70 000 Franken ein. Doch was bleibt davon am Ende übrig? «Kaum etwas», sagt Organisator Reto Grossen. Manu Chaos Marktwert pro Konzert bewege sich im sechstelligen Bereich. Da sich der Musiker vom kommerzialisierten Business verabschiedet habe, verlange er zwar massiv weniger. Dennoch mache die Künstlergage einen Grossteil der Einnahmen aus. «Hinzu kommen Ausgaben für Soundanlagen, Zäune oder Urheberrechte. Am Ende wird ein schönes Nullsummenspiel resultieren.» Der wahre Wert des Acts liege ohnehin nicht im finanziellen Bereich. «Es ist ein Prestigeprojekt, das einfach unglaublich viel Freude bereitet.»

Gesucht: Mitglieder, Donatoren, Subventionen
Den finanziellen Klammergriff, in dem sich Kander Kultur seit Jahren befindet, wird Manu Chao also nicht lockern können. Gleichwohl kann der Verein aufatmen, erhält er doch von der öffentlichen Hand eine Anschubfinanzierung, damit er sich eine langfristige Perspektive erarbeiten kann. Die dem Amt für Gemeinden und Raumordnung zugehörige Regionalplanung sprach kürzlich einen Gesamtbetrag von 75 000 Franken, verteilt auf drei Jahre. Die Gemeinden Frutigen, Reichenbach, Adelboden, Kandersteg und Kandergrund steuern zusätzlich einen einmaligen Beitrag von einem Franken pro EinwohnerIn bei – insgesamt sind das 16 092 Franken. Das Geld wird im Wesentlichen dafür verwendet, ein Finanzierungskonzept zu erarbeiten. Hauptverantwortlich dafür wird der Kandergrunder Tino Wandfluh sein, der neue Geschäftsführer des Vereins. Der Jurist wird als Erstes die Vereinsstrukturen überarbeiten, um sich später direkt an mögliche Geldgeber zu wenden. «Für diese Arbeit fehlte uns in der Vergangenheit nebst dem Kulturbetrieb schlicht die Zeit», sagt Reto Grossen. Klar ist für ihn bereits heute: Ohne weitere Subventionen wird die Rechnung langfristig nicht aufgehen. «Wir benötigen pro Jahr rund 300 000 Franken. Rund ein Drittel davon lässt sich durch Mitgliederbeiträge decken. Ein weiteres Drittel soll aus Donatorengeldern bestehen.» Das letzte Drittel müsse von der öffentlichen Hand berappt werden, also von Kanton und Gemeinden. Auch hierfür wird es wohl noch einige Gespräche benötigen.


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