Diese Selfie-Reihe öffnet ein Fenster ins Leben junger Menschen im Frutigland. Zehn junge Erwachsene erzählen, was sie beschäftigt, freut, stresst oder hoffen lässt. Sie zeigen, wie es ist, heute jung zu sein. Den Start macht Mia Wäfler aus Frutigen.
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Diese Selfie-Reihe öffnet ein Fenster ins Leben junger Menschen im Frutigland. Zehn junge Erwachsene erzählen, was sie beschäftigt, freut, stresst oder hoffen lässt. Sie zeigen, wie es ist, heute jung zu sein. Den Start macht Mia Wäfler aus Frutigen.
«Ich bin 18 Jahre alt und besuche das letzte Jahr des Gymnasiums in Thun. Seit Ende September gehe ich nicht mehr nur dort zur Schule, sondern wohne auch in Thun. In einer WG mit einer supernetten Mitbewohnerin. Die ersten zwei Tage allein zu wohnen, war ein bisschen ungewohnt, aber jetzt ist es voll «easy». Ich habe mein Zimmer eingerichtet, und mein Bruder hat mir beigebracht, wie ich mit dem Bohrhammer selbst Bilder aufhänge. Das war echt lustig.
Trotzdem vermisse ich manches an meinem alten Zuhause in Frutigen. Mein Freundeskreis ist noch dort, und die Leute im Alltag sind einfach netter. In Frutigen sagt man «Ade», wenn man aus dem Bus steigt, in Thun nur selten. Auf der Strasse in Frutigen grüsst man sich, das !nde ich schön.
Gerade beschäftigt mich das Erwachsenwerden sehr. Ich mache jetzt alles selbst: mich auf der Gemeinde anmelden, Rechnungen zahlen, einkaufen. Jetzt kostet alles und ich lerne viel über Finanzen. Es ist ein grosser Schritt, selbstständig zu werden, aber ich merke, wie ich daran wachse.
Ein Thema, das mich auch beschäftigt, ist der Einfluss von Social Media auf Beziehungen in Freundschaften und in der Liebe. Auf Instagram heisst es zum Beispiel oft, man solle sich nie verändern, der Beziehung zuliebe. Ich bin da anderer Meinung. Für mich gehört Veränderung dazu. Man muss bereit sein, einander entgegenzukommen und aufeinander einzugehen.
Ich !nde, Liebe ist keine Daueremotion, sondern eine Entscheidung. Auf Social Media heisst es oft, man könne einfach Schluss machen, wenn die Gefühle schwächer werden. Das !nde ich schade. Gefühle verändern sich mit der Zeit, und man kann nicht erwarten, dass alles immer gleich bleibt. Man gewöhnt sich aneinander und das ist nichts Schlechtes, sondern etwas Schönes. Mein Lieblingsspruch ist ‹It’s not that deep›. Ich sage das oft, wenn Leute aus Kleinigkeiten ein Drama machen. Im Klassenlager gab’s mal einen riesigen Streit wegen der Zimmereinteilung. Ich dachte nur: Wirklich jetzt? Eine Woche später redet niemand mehr darüber. Ich frage mich oft: Juckt mich das in einer Woche noch?
Meistens lautet die Antwort: nein. Ich !nde, man darf sich aufregen, aber man sollte sich bewusst sein, dass es meistens zu nichts führt. Wenn ich mich als Emoji beschreiben müsste, dann wäre es das mit den offenen, umarmenden Händen. Es erinnert mich daran, Freude am Leben zu haben und mich nicht zu vergleichen. Zufrieden zu sein mit dem, was man hat. Sich aufzuregen bringt nichts und mit Optimismus lebt es sich einfach leichter.»
AUFGEZEICHNET VON SARAH WNUK