Eine Pensionierung nach Mass
04.06.2024 KrattigenDas namensgebende Geschlecht zieht sich aus der Schreinerei LUAG Luginbühl AG zurück. Ein Gespräch über die lang geplante Geschäftsübergabe, über Kontinuität – und über Möbel von IKEA.
JULIAN ZAHND
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Das namensgebende Geschlecht zieht sich aus der Schreinerei LUAG Luginbühl AG zurück. Ein Gespräch über die lang geplante Geschäftsübergabe, über Kontinuität – und über Möbel von IKEA.
JULIAN ZAHND
Mit Messarbeiten kennen sich Fred und Anita Luginbühl aus: Über 30 Jahre lange leiteten sie den Betrieb der LUAG in Krattigen. Das Zuschneiden von Brettern, Einpassen von Fenstern, Designen von Möbeln oder Einrichten von Küchen gehörte unter anderem zum Geschäftsalltag der beiden. Da erstaunt es nicht, dass auch der Eintritt des Ehepaars in die Pension Präzisionsarbeit ist: Anita und Fred werden in diesem Jahr 64- beziehungsweise 65-jährig und stehen kurz vor der Schlüsselübergabe.
Dass die Schreinerei weiterlebt, ist dennoch nicht selbstverständlich. Die Nachfolgelösung wurde während der letzten acht Jahre aufgegleist und von einem Treuhandbüro eng begleitet. «Wir hätten nie gedacht, wie viel Papier es da zu unterschreiben gibt», sagt Anita Luginbühl, einen «ganzen Stapel» habe man abarbeiten müssen. Auf die rechtliche Expertise angewiesen waren die beiden insbesondere deshalb, weil sie das Unternehmen im Vorfeld aufgesplittet hatten, um eine gestaffelte Übergabe zu ermöglichen. Die beiden internen Nachfolger, Matthias Brönnimann und Roger Willener, übernehmen in einem ersten Schritt den Produktionsbetrieb. Die Liegenschaft bleibt derweil vorerst im Besitz der frisch Pensionierten.
Eine Geschichte mit Kontinuität
Der Ursprung des Unternehemens geht auf das Jahr 1904 zurück, damals gründete Wilhelm Luginbühl im Dorf eine Zimmerei. Der Betrieb spezialisierte sich im Laufe der Zeit auf Schreinerarbeiten sowie Innenausbau und wechselte auch mehrmals den Standort. Vor 60 Jahren wurde der heutige Gebäudekomplex auf Stuhlegg gebaut und eingeweiht. Was die Betriebsgrösse anbelangt, fällt die Konstanz auf: Bereits in den 1960er-Jahren zählte das Unternehmen um die 20 Mitarbeitende – genau wie heute. «Manchmal sind es ein paar mehr, manchmal ein paar weniger. Das kommt ganz auf die Auftragslage an», sagt Fred Luginbühl.
Die LUAG ist ein einheimisches Unternehmen, das sich auf eine eigene Produktion ausgerichtet hat und preislich mit der Konkurrenz mithalten könne. Die Arbeit gehe eigentlich nie aus, so der Schreinermeister. So würden für kleinere Reparatur- oder Sanierungsarbeiten in der Regel Fachpersonen vor Ort gesucht. «Manchmal kommen auch Leute zu uns, die ein IKEA-Gestell gekauft haben, dieses aber nicht selbst zusammensetzen können», fügt Anita Luginbühl lächelnd hinzu. «Wir weisen dann jeweils darauf hin, dass wir gerne helfen, dass aber auch diese Arbeit nicht gratis ist.»
Im Gegensatz zu Neubauten von Mehrfamilienhäusern, bei denen beispielsweise die Küche bereits fertig angeliefert werde, seien die Wünsche bei Renovationen von Privatkunden spezifischer. Deshalb werde bei solchen Umbauprojekten auch eher der Schreiner vor Ort beigezogen, sagt Fred Luginbühl. Insofern habe die 2012 angenommene Zweitwohnungsinitiative dem Betrieb höchstens kurzfristig zugesetzt. Der Sanierungswille der Menschen habe sich aber nach einer kurzen Phase der Unsicherheit rasch wieder erholt. Dank der Ausbildung von Lernenden, die sie oftmals nach Lehrabschluss weiterbeschäftigen würden, sei man in der glücklichen Lage, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
Die Familie geht, der Name bleibt
In diesen Tagen tritt somit die dritte und letzte Luginbühl-Generation der Aktiengesellschaft LUAG Luginbühl AG ab. Natürlich habe man sich zuerst beim eigenen Nachwuchs nach dem Interesse erkundigt. Doch als sich da keine Lösung abzeichnete, sei schnell klar geworden, dass man, wenn möglich, eine interne Nachfolge bevorzuge. «Dass nun zwei langjährige LUAG-Mitarbeiter das Ruder übernehmen, ist für uns ein Glücksfall», sagt Anita Luginbühl. Der Name der Firma werde ebenso weiterbestehen wie deren Ausrichtung. «Die beiden sind seit 2020 Mitglieder der Geschäftsleitung und haben die Entscheide der letzten Jahre jeweils mitgetragen», fügt ihr Ehemann an.
Loslassen – für Fred Luginbühl scheint das ohnhin kein Problem zu sein, wie er am Schluss des Gesprächs humoristisch unterstreicht. «Heute morgen suchte ich vergeblich nach einem Stempel, den irgendwer ohne mein Wissen verlegt hatte. Da dachte ich mir: Es ist nun wirklich Zeit zu gehen!»
«Wir beginnen mit einem E-Bike»
Vieles deutet also auf einen Ruhestand hin, der seinen Namen verdient. Pläne? Die beiden schauen sich kurz an. «Sicher noch kein Wohnmobil, wir beginnen mit einem E-Bike», meint Fred Luginbühl dezidiert. Zuerst einmal gönnt man sich aber eine Reise: Im Sommer wird das Ehepaar mit Hurtigruten Island umschiffen.
Am Freitag, 7. Juni, veranstaltet die LUAG Luginbühl AG einen Tag der offenen Tür. Zwischen 14 und 19 Uhr erhält man vor Ort Einblicke in die Abläufe und die Produktion in der Schreinerei.