Elsi Josi, Adelboden / Elsi Inniger-Lauber, Frutigen
19.03.2024 NachrufElsi Josi, Adelboden
Sie blieb ein Leben lang bescheiden, gradlinig und war im Tal bekannt für ihr grosses soziales Engagement. Am 4. März 2024 ist in Adelboden, in der «Stiftung Lohner», die langjährige Gemeindeschwester Elsi Josi nach kurzer ...
Elsi Josi, Adelboden
Sie blieb ein Leben lang bescheiden, gradlinig und war im Tal bekannt für ihr grosses soziales Engagement. Am 4. März 2024 ist in Adelboden, in der «Stiftung Lohner», die langjährige Gemeindeschwester Elsi Josi nach kurzer Krankheit im 91. Lebensjahr für immer eingeschlafen. Ihr Leben hinterlässt zahllose positive Spuren.
Elsi wurde am 8. Mai 1933 im Bonderlen als zweites Kind von Elsi und Gottfried Josi geboren. Im Lauf der Jahre folgten sechs weitere Geschwister. Zu Hause musste das aufgeweckte und vielseitig begabte Mädchen schon früh dem «Mueti» im Haushalt an die Hand gehen und zu den jüngeren Geschwistern schauen.
Nach der Schule sollte sie das Lehrerinnenseminar besuchen. Doch das war gar nicht in ihrem Sinn. Elsi wusste schon früh genau, was sie wollte: So organisierte sie sich vorerst eine Lehre bei der Post und trat dann die Ausbildung als Krankenschwester im Lindenhofspital in Bern an. Die Medizin und insbesondere die Pflege waren ihre Welt. Auf diesem Gebiet konnte sie ihren Horizont erweitern und gleichzeitig das Fürsorgliche und Soziale pflegen. Ihr Beruf wurde Elsi zur Berufung.
Nach der Ausbildung arbeitete die vielseitig interessierte Frau an Spitälern in England und Dänemark. Zurück in Bern wurde sie Abteilungsleiterin am Inselspital. Immer stärker plagte sie jedoch das soziale Gefälle zwischen armen und reichen Ländern. Den Wunsch nach einem medizinischen Einsatz in einem Entwicklungsland erfüllte sie sich, indem sie in den siebziger Jahren für das «Département Missionaire» auf einer Leprastation in Madagaskar arbeitete. Dort pflegte sie an Lepra erkrankte Patientinnen und Patienten, lehrte diese sogar «lisme». Es war die intensivste Zeit in ihrem Leben.
Nach der Rückkehr wollte sie nicht mehr in einem sterilen Spital arbeiten. Aus heutiger Sicht scheint es wie eine Fügung, dass in Adelboden gerade eine Gemeindeschwester gesucht wurde. Bis zu ihrer Pensionierung war Elsi im Lohnerdorf für die Kranken und Betagten unterwegs, oft durch den tiefen Schnee, bei Nacht und Nebel, nicht selten «wit näbenus», sieben Tage die Woche. Dieses selbstlose Engagement in einer Zeit, als es noch keine «Spitex» gab, darf als einzigartig bezeichnet werden. Die Stelle machte zudem eine wunderbare Lösung möglich: Neben ihrem Job konnte sich um ihre betagte Mutter kümmern. Mit ihr lebte sie über viele Jahre zusammen.
Elsi liebte ihren Beruf, sie besass aber auch die nötige Offenheit, um sich anderen Dingen zuzuwenden. Dabei ging es ihr stets um soziale Gerechtigkeit: So leistete sie Pionierarbeit, indem sie die Menschen im Tal für fairen Handel sensibilisierte. Was mit einer kleinen Gruppe begann, trägt heute Früchte im chicen «Claroladen» an der Adelbodner Dorfstrasse. Als aktives Mitglied der Kirchgemeinde baute sie zudem einen Besuchsdienst auf und brachte Themen ins Dorf, die vielen zu modern und zu weltoffen schienen.
Auch nach ihrer Pensionierung besuchte Elsi weiterhin alte, einsame und kranke Menschen. Neben ihrem intensiven sozialen Engagement nahm sie sich stets die Zeit, um am kulturellen Leben teilzuhaben. Sie gründete einen Lesezirkel. Musik war für sie eine Kraftquelle. Sie spielte Klavier sowie Flöte und sang im Kirchenchor. Die durch ihre Initiative entstandene Flötengruppe leitete sie bis letzte Weihnachten.
Bis ins hohe Alter unternahm Elsi jeden Tag eine kleine Wanderung. Sie hatte eine grosse Passion für Bergblumen, schöpfte ihre Energie aus der Liebe zu den Bergen. Als ihre Kräfte nachliessen, entschloss sie sich vor zweieinhalb Jahren, in die «Stiftung Lohner» umzuziehen. Ihr geliebtes Heim auf dem Müliport zu verlassen, war für sie ein schwerer Schritt. Glücklicherweise lebte sie sich im Ausserschwand schnell ein und verbrachte dort noch eine schöne Zeit. In der Altjahrswoche 2023 erkrankte Elsi an einer Lungenentzündung. Es folgten schwere Wochen, bis sie am 4. März 2024 von ihren Leiden erlöst wurde.
VRENI INÄBNIT-JOSI UND PETER SCHIBLI
Elsi Inniger-Lauber, Frutigen
So schaute die Verstorbene selbst auf ihr Leben zurück:
Als zweitälteste Tochter der acht Kinder von Robert Lauber und Marie, geborene Schwarz, wurde ich am 11. August 1935 im Helgisberg ob Frutigen geboren. Meine Eltern haben uns Kinder geliebt, sehr wertgeschätzt und ein praktisches Christentum vorgelebt. Wir wuchsen in einfachen, glücklichen Verhältnissen auf. Bereits im Alter von zehn Jahren erreichte mich die Stimme des guten Hirten Jesus Christus, der mich in seine Nachfolge rief.
Die ersten 17 Jahre verbrachte ich den Sommer auf der 2000 Meter hoch gelegenen Alp Loppi. Die grandiose Aussicht dort ist kaum in Worte zu fassen.
Nach dem Schulaustritt war ich in verschiedenen Haushaltungen tätig. Da mir das Pflegen besonders zusagte, lernte ich Psychiatrieschwester.
Im Jahr 1964 heiratete ich Jakob Inniger aus Adelboden und wir durften sogleich in das von ihm erbaute Rehmätteli einziehen. Bald darauf starb Jakobs Mutter und so kam es, dass «ds Hämi», Jakobs Vater, noch im selben Jahr zu unserer Familie gehörte, wo er 17 Jahre mit uns lebte.
Im Laufe der Jahre betreuten wir noch mehrmals nahe Verwandte.
Vier Kinder wurden uns geschenkt, viel zu schnell gingen diese Familienjahre vorbei.
Unsrer Ehe wurden Schicksalsschläge nicht erspart: Im Herbst 1992 erlitt mein Mann Jakob einen Arbeitsunfall, welcher ein Schädel-Hirn-Trauma zur Folge hatte. Die Beeinträchtigungen nach dem Unfall erforderten für unser Zusammenleben ein neues Verständnis.
1997 geschah das Unfassbare: Unser ältester Sohn, 31-jährig, starb bei einem tragischen Arbeitsunfall. Zurück blieben seine Frau und die vier Monate alte Tochter. Welch ein Trost, ihn bei Jesus geborgen zu wissen.
Im Jahre 2001 erkrankte ich das erste Mal an Brustkrebs. Nach einigen guten Jahren meldete sich die Krankheit erneut im Jahr 2015, dann 2020 und schliesslich 2022.
Heute bin ich zehnmal Grossmutter und schon zweimal Urgrossmutter. Nebst der Landwirtschaft im Nebenberuf vermieteten wir viele Jahre eine Ferienwohnung, wodurch sich viele langjährige und wertvolle Freundschaften ergaben.
Jakob erlitt im Sommer 2021 nochmals einen Arbeitsunfall und durfte nach einigen turbulenten Monaten zum Herrn heimkehren.
Im Sommer 2022 eröffnete mir der Arzt, dass sich meine Krankheit weiter ausbreitet.
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Nach dieser Diagose entschied sich Elsi, auf eine Therapie zu verzichten und die Zeit, die ihr blieb, zu nutzen, um noch schöne Dinge zu erleben und Abschied zu nehmen von der Familie, den Freunden und von allem, was ihr im Leben Freude gemacht hatte. Sie freute sich über jeden Besuch und jeden Ausflug. Gleichzeitig nahmen ihre Kräfte immer mehr ab, was zur Folge hatte, dass Elsi Anfang Juli 2023 ins Altersheim Reichenbach eintreten musste. Dort wurde sie liebevoll betreut.
Nach einem Wechsel auf die Palliativ-Station Diaconis in Bern am 7. November durfte sie am Sonntag, 12. November 2023, im Kreis ihrer geliebten Familie friedlich einschlafen.