Engstligen-Pesto und Alpenkräuter-Aufstrich
21.06.2024 NaturAuf der Engstligenalp gedeihen allerlei geniessbare Wildkräuter und Blüten. Eine Expertin begleitete eine Gruppe Neugieriger und liess sie letzten Samstag das Resultat ihrer Sammelfreude gleich verarbeiten und kosten.
YVONNE BALDININI
Noch liegt an den ...
Auf der Engstligenalp gedeihen allerlei geniessbare Wildkräuter und Blüten. Eine Expertin begleitete eine Gruppe Neugieriger und liess sie letzten Samstag das Resultat ihrer Sammelfreude gleich verarbeiten und kosten.
YVONNE BALDININI
Noch liegt an den Bergflanken Schnee, die Ebene scheint gerade aus dem Dornröschenschlaf erwacht: frisch und unberührt. Die Überbleibsel der Iglus wirken gespenstisch im Nebel und Nieselregen. Nur das Rauschen des Baches ist zu hören. Ausgestattet mit wetterfester Kleidung zieht eine siebenköpfige Gruppe los, um in der Nähe der Bergstation Kräuter und Blumen zu bestimmen und zu pflücken. Die ganze Vielfalt präsentiert sich wie auf einem Silbertablett – auch in den Zonen, die nicht als Naturschutzgebiet ausgeschieden sind. Denn nur hier dürfen die SammlerInnen zugreifen, mit Ausnahme streng geschützter Arten wie etwa des Enzians. Seminarleiterin Esther Oggenfuss beugt sich über den Pflanzenboden. «Das ist Schafgarbe. Sie ist ein Allheilmittel, insbesondere für die Verdauung und für Frauenleiden. Wir werden damit Pesto zubereiten», erklärt sie. Die Gruppe sucht fleissig nach den zarten Blättern. «Was ist das?», fragt eine Kursteilnehmerin und deutet auf ein lila Blümchen. «Eine Mehlprimel, sie dient uns als Verzierung.» Auf Nachfrage verdeutlicht die Kräuterfachfrau, dass Dekorationsblumen auf dem Teller immer geniessbar sein müssen. Sie pflückt einen Löwenzahn und knabbert den Stiel ab. «Zuerst kommt das Bittere, am Schluss das Süße», kommentiert sie, bevor sie sich an der gelben Blüte gütlich tut. Die TeilnehmerInnen probieren es selbst aus. Nur eine der Damen zögert noch. «Fein, schmeckt nussig oder wie ein Champignon», rühmt eine andere Frau die Knospe des Spitzwegerich. Beim Sauerampfer – der Name sagt’s – verzieht ein Mann das Gesicht.
«Guter Heinrich, gedämpft»
Die Sonne hat die Regenwolken verdrängt. Überall recken Enziane, Mehlprimel oder nacktstängelige Kugelblumen ihre Köpfchen nach dem Licht.
Es geht Richtung Raclettehütte. In der Umgebung findet die Gruppe den «Guten Heinrich». «Gedämpft schmeckt er wie Jungspinat», schwärmt Esther Oggenfuss. Unvermittelt hält sie ein Sträusslein weisser Blümchen in der Hand. «Das ist eine Kresseart. Damit peppen wir unseren Salat auf.» Sie lässt die TeilnehmerInnen auch Frauen- und Silbermänteli pflücken, um nachher Tee zu kochen. Unterwegs erkundigen sich ein paar Frauen nach der Sumpfdotterblume. Das Hahnenfussgewächs sei giftig, belehrt die Fachfrau. Sie deutet auf ein anderes, unauffälliges Kraut: «Eisenhut. Er ist so giftig, dass ihr nicht einmal die Blätter berühren dürft.»
Nach kurzer Zeit haben die Sammler-Innen einen bunten Mix aus verschiedenen Alpenblumen im Säcklein. Auch die Beutel mit Schafgarbe, Spitzwegerich oder Brennnessel haben sich gefüllt.
Brennnessel-Butter
Zurück im Berghaus verteilt Esther Oggenfuss die Pflanzen nach Sorten aufgeteilt auf einem Tisch. Alle staunen ob der Vielfalt und Farben der gefundenen Kräuter und Blüten. Ein Teil der Gruppe zerkleinert den Spitzwegerich und mischt ihn mit dem Olivenöl, das Esther Oggenfuss mitgebracht hat. Ein wenig gemahlene Nüsse, eine Prise Salz, Pfeffer – und fertig ist das Pesto. Andere zerhacken Schafgarbenblätter und Brennnesseln und mischen Butter bei. Mit ihren Kreationen bestreichen sie die selbst gebackenen Cracker der Kursleiterin. Sie selbst bereitet einen Salat aus Brennnesseln, Sauerampfer und anderen Gewächsen zu. Die Gruppe garniert die Speisen mit Schlüsselblümchen, Veilchen, Margeriten und Mehlprimeln. Das Buffet ist angerichtet. Der Gaumen geniesst den intensiven Geschmack, das Auge isst mit und das Gemüt erfreut sich ob all der selbst gesammelten Naturschätze.
Eine Tinktur aus Spitzwegerich-Blättern gegen den Juckreiz von Mückenstichen wird die KursteilnehmerInnen noch längere Zeit an ihre Exkursion in die Kräuterwelt der Hochalpen erinnern.