«Entscheidungen sind besser als gute Vorsätze»
07.01.2025 Reichenbach, KientalIn ihrer früheren Heimat fand Ursula Liechti, was sie eine Zeit lang vermisst hatte: Ruhe, Ausgleich – und die Musse fürs Schreiben. Mit ihrem Buch präsentiert sie nun ein Hilfsmittel auf dem Weg zu mehr Selbstachtung, Selbstdisziplin und ...
In ihrer früheren Heimat fand Ursula Liechti, was sie eine Zeit lang vermisst hatte: Ruhe, Ausgleich – und die Musse fürs Schreiben. Mit ihrem Buch präsentiert sie nun ein Hilfsmittel auf dem Weg zu mehr Selbstachtung, Selbstdisziplin und Selbstverantwortung.
THOMAS FEUZ
Mit acht Jahren zog Ursula Liechti von Frutigen weg, einige Jahrzehnte später kehrte sie aus Überzeugung ins Tal zurück. Parallel zu ihrer intensiven Beratungstätigkeit verfasste sie in den letzten zwei Jahren ihr Erstlingswerk: «Gut genug – Eine Anleitung zur Selbstliebe». Die rund 140 Seiten sind ein Ratgeber auf dem Weg zu einem besseren Umgang mit sich selbst. Wie man «aus dem V ollen schöpft», verrät die Autorin im Gespräch mit dem «Frutigländer».
Frau Liechti, wie fühlen Sie sich heute?
Ich bin glücklich, lebensfroh, zufrieden und präsent unterwegs. Es ist mir ein Anliegen, in meiner Arbeit inspiriert zu bleiben. Vor allem aber fühle ich mich frei von den vielen «Etwas-müssen-Geschichten», die uns oft beschweren.
Die Frage «Wie geht’s?» wird meist oberflächlich beantwortet. «Gut» wäre Ihnen aber zu wenig gut, nicht wahr?
Genau. Darum lautet meine Frage meistens: «Wie gut sind Sie unterwegs?» Das umfasst auch, dass man selbstbewusst und selbstsicher mit sich umgehen kann. Es ist wichtig, dass wir uns selbst hören, sehen und spüren. So können wir Entscheidungen treffen, die unser Leben positiv beeinflussen.
Sie befassen sich mit «gut genug sein». Zu welchem Schluss kommen Sie?
Wer aus dem «Nicht-gut-genug-Sein» denkt, fühlt und handelt, tut dies aus einem Mangel heraus. Das Resultat ist kraftlos. Aus dem «Gut-genug-Sein» hingegen formuliert man aus der Kraft des Selbst. Ich mache deshalb Mut, aus der Kraft und nicht aus der Angst heraus zu denken. Leider ist es einfacher, eine Opferrolle einzunehmen – und darin zu verharren –, als ein Problem zu erkennen und es anzugehen. Selbstverantwortung macht uns fähig, selbst zu denken. Wir sind dann auch weniger oder nicht (mehr) manipulierbar.
Woher kommt Ihr Fachwissen?
Es hat mir nie genügt, «einfach» Wissen zu übernehmen. Mir war es immer wichtig, daraus etwas Eigenes zu entwickeln und dem Resultat einen eigenen Stempel aufzudrücken. Ich wollte die Zusammenhänge verstehen und machte vielfältige Aus- und Weiterbildungen. So habe ich das Konzept «BE ENOUGH» (gut genug) entwickelt.
Jeder grössere Abschnitt im Buch beginnt mit: «Das erwartet dich in diesem Kapitel», gefolgt von Ausführungen und einem Mentaltraining. Wie kamen Sie auf dieses Konzept?
Ich bin pragmatisch veranlagt und so habe ich auch das Konzept für dieses Buch entwickelt. Wichtig war mir, dass man es nachvollziehen kann und die Anleitung umsetzbar ist. Alles andere nützt nichts; es muss einen Sinn ergeben. Weil ich den Weg selber gegangen bin, kenne ich die Route, auch die ungesicherten Stellen.
Gleich am Anfang schildern Sie einen einschneidenden Punkt in Ihrem Erleben…
Sie sprechen von meinem Nullpunkt. Das Ganze führte zu einer Entscheidung, die ich konsequent durchgezogen habe. Wichtig ist das, was danach geschehen sollte: positive Glaubenssätze formulieren, sich getrauen hinzustehen und für sich einzustehen. «Komm, das kannst du! Mach einfach!», lautet deshalb mein Ratschlag. Und wenn’s nicht klappt, korrigieren wir halt und machen es das nächste Mal besser. Es lohnt sich, das eigene Mindset positiv zu verändern.
Wie gingen Sie dann vor?
Ich machte mich auf den Weg und war Schritt für Schritt unterwegs. Dabei gab es immer wieder Rückfälle. Das gehört dazu. Es ist wichtig, sich nicht vom Weg abbringen zu lassen, sondern weiterzugehen. Man kann auch dann weitergehen, wenn nicht mehr viel sichtbar oder erkennbar ist. So entwickelt man immer mehr Vertrauen. Entscheidend ist, sich nicht von der Angst abhalten zu lassen. Oft vergessen wir, dass das Urvertrauen jedem Menschen angeboren ist.
Was meinen Sie mit den Begriffen «Urvertrauen» oder «ureigene Selbstkraft»?
Damit ist die eigene, angeborene Selbstkraft gemeint. Dieser innere Zustand ist unsere innere Realität. Wer sie entdeckt, findet zu Autonomie und kann damit selbstbestimmt und selbstgeführt entscheiden. Apropos: Selbstliebe heisst, sich selbst anzunehmen, eine Beziehung mit sich selbst einzugehen. Existiert diese nicht, entsteht das Problem, dass man (sich) nie gut genug sein wird. Schliesslich finden wir Kraft in dem, was wir gerne machen. Auch hier sollen wir frei entscheiden. Vielleicht spazieren wir lieber, als uns sportlich zu betätigen? Unser Leben ist ein lebenslanges Entfalten – im Gegensatz dazu, sich dauernd einengen zu lassen.
Sie sprechen von «positiven Grundemotionen». Hat die jede und jeder?
Die positiven Grundemotionen wie Freude, Liebe, Mut, Wille, Vertrauen usw. sind spürbar und weiterführend. Sie blockieren negative Emotionen. Und ja, die innere Kraft ist entwickelbar. Es geht darum, dass wir eine andere Betrachtungsweise entdecken und beginnen, im Leben selber Regie zu führen. Tatsächlich ist es immer eine Entscheidung, wie wir etwas betrachten. Je bewusster jemand lebt, desto klarer wird die Sicht. Lebt ein Mensch sehr unbewusst, lebt er in den Mustern der Vergangenheit; diese stete Wiederholung bringt immer dieselben Resultate hervor. Wie anders ist ein Leben, das bewusst und im Vertrauen geführt wird!
Spannend liest sich der Abschnitt mit den vielen «Selbst-»: Selbstachtung, Selbstliebe, Selbstverantwortung, Selbstbestimmtheit …
Damit ist gemeint, aus der inneren Kraft heraus zu agieren, sich etwas zuzutrauen und auch zuzumuten. Und ohne die lähmende Angst davor, was andere darüber denken. Angst schränkt ein, man muss sich ablenken und gerät in den Überlebensmodus. Angst und Negativität bedeuten Schmerz und sind eine Art von Selbstverletzung.
Sie betonen auch die Ausgeglichenheit. Wie findet man sie?
Wenn Kopf, Herz und Körper als intelligente Systeme zusammenarbeiten, wird immer mehr Vertrauen aufgebaut. Man schöpft aus dem Vollen und fühlt sich geerdet. Ausgeglichenheit bedeutet Entspannung, Unausgeglichenheit bedeutet Anspannung und ungesunden Stress – ob bewusst oder unbewusst.
Sie halten auch Lesungen und bieten Coaching an. Wer kann Sie buchen?
Das Coaching deckt querbeet alle Bereiche ab: Sport, Business, Persönliches und Privates, Alter usw. Sehr gerne halte ich Lesungen ab, bei denen sich Raum für Begegnungen ergibt und Ergänzungen zum Thema «gut genug sein» möglich sind. Ich bin nun seit mehr als 20 Jahren selbstständig und da ist einiges an Erfahrung zusammengekommen. Davon gebe ich gerne etwas weiter.
Wie haben Sie’s mit guten Vorsätzen für ein neues Jahr?
Ich lebe im Jetzt. Wenn etwas stört, dann ändere ich es. Wie schon gesagt: Es geht immer um eine Entscheidung. Und es liegt an uns selbst, ob man etwas durchzieht oder nicht. Das Leben basiert auf Entscheidungen und der Mut dazu ist angeboren.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Vielleicht das: Ich will wach und präsent im Leben unterwegs sein und bewusst Entscheidungen treffen. Die Kraft dazu ist uns angeboren. Wir sollten das Glück nicht «draussen» suchen, weil uns das von Menschen oder Situationen abhängig macht, sondern es in uns selbst entdecken.
Frau Liechti, wann ist etwas wirklich gut (genug) für Sie?
Der Schlüssel ist, mit sich im Reinen zu sein und die Herzensfreude zu spüren. Denn: Jede und jeder ist sich selbst das Nächste. Man muss mit sich klarkommen. Gründe für Misserfolge bei anderen zu suchen, ist ein zu einfacher Weg, weil man dann für alles dem Umfeld die Schuld geben kann. Es lohnt sich, stattdessen in der Selbstverantwortung zu leben. Das ist kraftvoller – und erst noch viel schöner.
Buch und Lesungen
«Gut genug – Eine Anleitung zur Selbstliebe» kann direkt bei der Autorin bestellt werden (info@ursulaliechti.ch, 079 242 42 92). Das 144-seitige Buch kostet 29 Franken inklusive Versand. Die Autorin steht auch für Lesungen zur Verfügung; Buchungen sind via Mail oder telefonisch möglich. www.ursulaliechti.ch
TF
Leserwettbewerb
Wir verlosen ein Buch von Ursula Liechti. Gewinnen kann, wer das richtige Lösungswort auf folgende Frage nennt: Was gibt den Begriffen «Achtung» oder «Verantwortung» einen persönlichen Aspekt? Ihre Antwort senden Sie per Brief oder E-Mail bis zum 27. Januar an:
Frutigländer Medien AG,
Parallelstrasse 60,
3714 Frutigen, oder mit dem Betreff «Buchverlosung» an die Mailadresse admin@frutiglaender.ch