Familienmensch, Moderator, Banker
15.08.2023 FrutigenSOMMERSERIE, TEIL 3 Seit seinem Rücktritt vom Profisport im Frühling 2020 ist es ruhiger geworden um Christoph Kunz. Das bedeutet allerdings nicht, dass er sich auf seinen Lorbeeren ausruhen würde.
KATHARINA WITTWER
«Wie allen ...
SOMMERSERIE, TEIL 3 Seit seinem Rücktritt vom Profisport im Frühling 2020 ist es ruhiger geworden um Christoph Kunz. Das bedeutet allerdings nicht, dass er sich auf seinen Lorbeeren ausruhen würde.
KATHARINA WITTWER
«Wie allen Spitzensportlern war auch mir bewusst, dass der Zeitpunkt des Rücktritts einmal kommen würde», erinnert sich Christoph Kunz. Der Umstieg sei ihm deshalb gut gelungen. «Ich konnte Anfang Juni 2020 mit einem 50-Prozent-Pensum bei der Berner Kantonalbank BEKB wieder dort einsteigen, wo ich einst verblieben war.» Kunz hegte damals die Hoffnung, weiterhin auf dem Handbike Rennen zu bestreiten, merkte aber bald, dass er Beruf, Familie und Sport nicht mehr unter einen Hut bringen konnte. Trotzdem versucht er weiterhin, so viel wie möglich zu trainieren, um fit zu bleiben. «Das mache ich am frühen Morgen auf dem Handbike auf Rollen, das in unserem Keller steht. Auf der Strasse bin ich kaum mehr unterwegs, sondern eher auf Wegen durch Wald und Feld mit meinem neuen E-Mountainbike.» Aufs Neujahr 2022 hin erhöhte er sein Arbeitspensum im BEKB-Team Frutigen / Adelboden / Kandersteg auf 80 Prozent. Als Kundenberater für Finanzierungen und Anlagen pendelt er zwischen den drei Standorten hin und her.
Viel los im Haus
Im Eigenheim, das seine Familie 2019 bezogen hat, deutet nur noch wenig auf seine Karriere als Spitzensportler hin. «Wir wohnen gerne hier im Hasli. Unsere vier Kinder haben in der Nachbarschaft viele ‹Gspänli›, da ist im Quartier immer etwas los.» Elio (vierte Klasse), Livia (zweite Klasse) sowie die Zwillinge Nino und Noah (zweites Kindergartenjahr) sind fast so draufgängerisch wie einst ihr Vater. Ehefrau Steffi wird’s jedenfalls nie langweilig.
Obwohl das organisatorisch einen kleinen Kraftakt darstellt, geht die Familie gern gemeinsam Ski fahren, meistens an Oeschinen. «Weil es dort übersichtlich ist, können wir die Älteren schon alleine auf die Piste schicken.» An lauen Sommerabenden geht’s zum Bräteln ins Gasterntal. Die reisefreudige Familie schaffte sich letztes Jahr einen Zeltklappanhänger an. Damit ist sie gerne unterwegs, bleibt einige Tage an einem Ort und fährt weiter. «Eigentlich war letztes Jahr eine längere Reise vorgesehen. Weil ich unterwegs aber notfallmässig ins Spital musste, waren wir gezwungen, das Projekt abzubrechen», so Kunz. Aufgeschoben sei aber nicht aufgehoben. «Im kommenden Herbst möchten wir fünf Wochen durch Spanien, Portugal und Marokko reisen.»
Als Co-Kommentator im TV
Vor zwei Jahren durfte Christoph Kunz fürs Schweizer Fernsehen die Paracycling-Rennen während der Paralympics in Tokio kommentieren. «Ich sass als Co-Kommentator in Zürich in einem Studio, der Kommentator weilte vor Ort. Das war eine gewöhnungsbedürftige, aber coole Herausforderung.» Diese scheint er gut gemeistert zu haben, denn ein halbes Jahr später wurde er für die Winter-Paralympics in Peking engagiert. Um wieder Rennatmosphäre zu spüren, besuchte der Frutiger kurz vorher im Wallis einige Para-Skirennen und sprach mit Athleten. «Bei den Paralympics sassen der Sportjournalist Beat Sprecher und ich diesmal gemeinsam in Zürich, von wo aus wir alle Ski- und ein Langlaufrennen live kommentierten. Wegen der Zeitverschiebung arbeiteten wir gezwungenermassen nachts. Tagsüber schlief ich gut eine Woche in einem Zürcher Hotel.» Ob ein solcher Einsatz auch für die Sommer-Paralympics in Paris vorgesehen ist, steht noch nicht fest. «Schön wäre es, im Winter 2026 Cortina kommentieren zu dürfen – und erst noch zu besseren Sendezeiten!»
«Solche Angebote sind spannend»
Am Freitagabend, 25. August, und in den vier darauffolgenden Wochen zum gleichen Zeitpunkt strahlt das Schweizer Fernsehen die Sendung «SRF ohne Limit» aus. Drei Teams, bestehend aus einem Rollstuhlfahrer und zwei Fussgängern, meistern «in freier Wildbahn» verschiedene Aufgaben und übernachten draussen. Die Sendung wurde Anfang Juni an fünf Tagen und in vier Nächten aufgenommen. «Ich hatte mich mit zwei Bekannten für die Teilnahme beworben, doch am Schluss passte beiden das Datum nicht», erzählt Kunz. Stattdessen wurde er zusätzlich zu Profimoderatorin Kiki Maeder als Co-Moderator engagiert. «Solche Angebote sind natürlich spannend», findet der sympathische Banker.
Kurzbiografie
Christoph Kunz wurde am 24. März 1982 als Bauernsohn in Frutigen geboren. Schon früh merkte er, dass er mit seinem Bewegungsdrang, gepaart mit Ehrgeiz, viel erreichen kann. So begann er mit Lauftraining. Im Hinblick auf eine läuferische Karriere wurde er am Gymnasium Hofwil in eine Förderklasse aufgenommen. Seit seinem Töffunfall im Jahr 2000 ist er ab dem fünften Brustwirbel gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Nach einem Aufenthalt im Paraplegiker-Zentrum Nottwil kehrte er in seine Klasse zurück und schloss die Matura ab. Später absolvierte er eine Banklehre und blieb beruflich vorläufig in dieser Branche tätig. Als einst begeisterter Skifahrer entdeckte er den Monoski. In dieser Sportart feierte er während rund 15 Jahren grosse Erfolge (u. a. Paralympics-Siege, Weltmeistertitel, mehrere Schweizermeistertitel) und wurde 2010 Behindertensportler des Jahres. Bevor er in den Profisport wechselte, arbeitete er als Key-Account-Manager bei der Paraplegiker-Vereinigung. Seinen sportlichen Rücktritt gab er im Frühling 2020, auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Gewinn der Goldmedaille in Vancouver.
WI