Feuerwehrmann mit Leib und Seele

  21.07.2023 Frutigen

Martin Allenbach hat die Blaulichtorganisation des kleinen Frutigen und der grossen Stadt Bern mitgeprägt, nun tritt er in den Ruhestand. Ein Rückblick.

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Vor gut 30 Jahren wurde Martin Allenbach in der Feuerwehr Frutigen zum Offizier befördert. Der Alarm über die Nummer 118 war noch auf sein privates Festnetztelefon zuhause geschaltet, jemand von der Familie musste also immer in der Nähe des Apparates sein. «Wenn ich dann als Pikettoffizier ausrückte, bot meine Frau währenddessen die Mannschaft auf.» Diese Erinnerung bringt den Frutiger zum Schmunzeln, dann lehnt er sich zurück. Das kann er nun, denn vor Kurzem ist er als stellvertretender Kommandant von Schutz und Rettung Bern (SRB) – der Berufsfeuerwehr der Stadt Bern – in den Vorruhestand getreten.

Vom Schulzimmer zur Berufsfeuerwehr
Der Lehrer aus dem Reinisch-Schulhaus war zwischen 1999 und 2014 Kommandant der Frutiger Feuerwehr. In dieser Zeit leistete die Miliztruppe unter Allenbachs Führung 1616 Einsätze. Sie bewältigte Lawinen- und Hochwasserereignisse, die teils grosse Schäden verursachten, löschte heftige Brände, konnte aber auch mit der BLS den Bahnstützpunkt für den Neat-Tunnel oder den Strassenrettungsstützpunkt aufbauen. Allenbach wechselte ab 2004 schrittweise von der Schule zur BLS-Feuerwehr und ging dann 2013 zur Stadt Bern. Er habe sein Hobby zum Beruf machen können. Bern ist in allen Belangen eine andere Kategorie. Gegen 2500 Einsätze werden pro Jahr geleistet (davon sind rund zehn Prozent Brände), das Einzugsgebiet ist viel grösser, die Bevölkerungsdichte höher, aber auch die Einsatzaufgaben umfangreicher.

Geschwindigkeit ist zentral
Wie gut ist denn die Frutiger Feuerwehr? Eine provokative Frage an den ehemaligen Kommandanten der Truppe. Die direkte Antwort bleibt aus, aber er weist darauf hin, dass die Frutiger im Zuge des neuen Lötschberg-Basistunnels von einer gewöhnlichen Orts- zu einer Tunnelfeuerwehr avancierten, zusammen mit dem neuen Interventionszentrum der BLS. Dass er die FWF heute als modern und gut ausgebildet einschätzt, lässt Allenbach deutlich durchblicken.

Einen Vergleich der beiden Feuerwehren findet er nur bedingt sinnvoll, denn die Kernaufgaben würden von Milizwehren gut erledigt. Unterschiede zur Berufsfeuerwehr seien einerseits das Tempo beim Ausrücken aus dem Stand, aber auch die Anzahl Einsätze und die wachsende Erfahrung der ganzen Organisation durch wiederholt ähnliche Ereignisse. Dass es im Grossraum Bern so viele Einsätze gibt, habe oftmals auch mit einer gewissen Unbeholfenheit zu tun. «Dann wird schon mal bei einer verschlossenen Türe oder einigen Insekten die Feuerwehr alarmiert, wo auf dem Land erst mal der Nachbar um Hilfe gebeten wird.»

Wie kann die Miliz profitieren?
Aus den Einsatzerfahrungen würden oft Standardvorgehen ausgearbeitet, die auch den Milizfeuerwehren dienen. Als Beispiel nennt Allenbach die Grosstierrettung, die Frutigen auch als Stützpunkt betreibt. Da auf dem Gebiet der Stadt etliche Landwirtschaftsbetriebe stehen und SRB für weite Teile des Mittellandes als Stützpunkt zuständig ist, können Milizler in Bern Ausbildungs- und Materialkurse besuchen.

Auch Hochwasser kennt die Stadt Bern wegen der Aare, wobei das Schadenpotenzial und die Verantwortung dort deutlich höher ist als im Frutigland. «Wenn ich mich in Frutigen ins Auto setzte und gegen Bern fuhr, wusste ich manchmal schon, was dort in den nächsten Stunden oder Tagen passieren würde. Ich sah hier hochgehende Bäche, also würde das Wasser mit Verzögerung in Bern eintreffen», beschreibt er. Gerade im Hinblick auf vorsorgliche Massnahmen und Ereignisse mit Wasserschaden bewege man sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen Bürgerinteresse, Politik und Medien. Das unterschiedlich starke Medieninteresse bei einem realen Schadenfall im Emmental oder einer vorsorglich montierten Wassersperre in der Stadt Bern sei schon «speziell», meint er.

Gemeinsame Zentrale aufgebaut
Beim Abschied in Bern wurde Martin Allenbach gedankt und erwähnt, dass sich seine Arbeit «über verschiedene Projekte und Weiterentwicklungen, die sogar auf nationaler Ebene spürbar waren», erstreckt habe. Er führte Workshops durch, brachte seine Erfahrung in Ausbildungskonzepte ein und war schliesslich verantwortlich für die Zusammenführung der Einsatzzentralen von Berufsfeuerwehr, Sanität respektive Rettungsdienst sowie Kantonspolizei an einem gemeinsamen Standort. Die Nummern 117, 118 und 144 werden seit 2021 in der kantonalen Einsatzzentrale Bern jeweils von Fachdisponenten entgegengenommen, untereinander koordiniert und Alarmierung und Massnahmen – soweit nötig – parallel ausgelöst. Diese enge Zusammenarbeit bei der Organisation der Blaulichtorganisationen wird auch in anderen Teilen der Schweiz genau mitverfolgt. «Für mich war das eine Chance, beruflich nochmal etwas ganz Neues anzupacken.» Die Begeisterung für das heutige Resultat ist bei Allenbach hörbar, vor allem angesichts der Alarmierungsmethode zu Beginn seiner Offizierslaufbahn.

Was macht Allenbach nun?
Am 14. Juni wurde Martin Allenbach mit einem historischen Feuerwehrfahrzeug standesgemäss in Pension gefahren, nach zehn Jahren bei der Berufsfeuerwehr. Einer der letzten grösseren Einsätze war Ende März die umgestürzte RBS-Zugkomposition in Büren, die quasi vom Winde verweht wurde, und einigen organisatorischen Aufwand brachte. Allenbach war bis fast zuletzt in leitender Funktion bei der Berufsfeuerwehr im Einsatz und wurde gelobt, er habe sich mit Leidenschaft und Engagement für die Gemeinschaft eingesetzt.

Unumwunden gibt er zu, dass er als Lehrer und städtischer Angestellter von einigen Vorteilen profitiert habe. Dazu zählt aufgrund des Lebensarbeitszeitmodells bei SRB auch, dass er wegen Überzeit und Pikettdiensten mit 61 Jahren in den Vorruhestand treten kann. «Ich will aber auch etwas zurückgeben.» So wird er weiterhin Verwaltungsratspräsident der Sportzentrum Frutigen AG bleiben, engagiert sich im Stiftungsrat der Kulturgutstiftung Frutigland (als letztes verbleibendes Gründungsmitglied) und bringt seine Organisationserfahrung bei den Freilichtspielen Tellenburg ein. Und wer weiss, was sonst noch auf ihn zukommen wird – als Feuerwehroffizier ist er sich gewohnt, rasch auf Neues zu reagieren.


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