Am vergangenen Sonntag demonstrierten 500 Personen gegen die Schliessung der Geburtenabteilung des Spitals Frutigen. Redner bekundeten ihre Solidarität mit der Bevölkerung. Nach der Protestaktion bestand die Möglichkeit, vor dem Spital Kerzen, Zettel und Plakate ...
Am vergangenen Sonntag demonstrierten 500 Personen gegen die Schliessung der Geburtenabteilung des Spitals Frutigen. Redner bekundeten ihre Solidarität mit der Bevölkerung. Nach der Protestaktion bestand die Möglichkeit, vor dem Spital Kerzen, Zettel und Plakate niederzulegen, um auf die Schliessung der Geburtenabteilung aufmerksam zu machen. Diese Möglichkeit wurde von vielen wahrgenommen.
MICHAEL SCHINNERLING UND REMO ROHRBACH
Die Geburtenabteilung wird am 1. April aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. So viel steht fest. Als Ausweichmöglichkeit wird von den Verantwortlichen dabei auf die beiden Spitäler Interlaken und Thun verwiesen. Der Schock über die Schliessung geht an der Bevölkerung jedoch nicht spurlos vorbei.
Neben Initiativen und Petitionen der SP und der SVP folgte nun eine Demonstration vor dem Spital in Frutigen. Dem Aufruf von Organisatorin Nadine Wyssen folgten mehr als 500 Personen.
Die Teilnehmer kamen aus allen beruflichen Bereichen; ob Fachpersonal, Politiker oder einfach mitfühlende Frutigländer: alle waren gekommen, um ihre Solidarität auszudrücken.
Selbst über 60 Kinder nahmen an der Demonstration teil; sie hatten einen ganz besonderen Bezug zum Spital, waren sie doch dort zur Welt gekommen. «Es braucht wohl ein Wunder, damit die Entscheidung der Schliessung rückgängig gemacht wird. Wir hoffen auf dieses Wunder», so Wyssen. Der Wunsch sei der Erhalt einer wohnortnahen Geburtshilfe für die Region und kein Abbau der medizinischen Grundversorgung auf dem Land.
Ausserdem forderten die Protestierenden «Transparenz über Entscheidungsprozesse und Mitsprache der Bevölkerung». Viele mitgebrachte Transparente zeigten den Unmut. So war zum Beispiel auf einem geschrieben: «11 Tage?! Wo bleibt die Wertschätzung für Frauen und Hebammen?»
Denn die kurzfristige Schliessung wird von vielen als geringe Wertschätzung gegnüber den Mitarbeitenden und denjenigen, die auf die Abteilung angewiesen sind, angeprangert.
Die Geburtshilfe sei keine Luxusleistung, sondern eine sehr wichtige medizinische Versorgung, hiess es von den Demonstrierenden. Die Schliessung bedeute für Schwangere, in Zukunft lange Wege bis nach Interlaken oder Thun in Kauf zu nehmen.
Die Schliessung wird wohl noch lange ein Thema bleiben. Im Anschluss an die Demonstration fand zwischen den Initianten und dem Verwaltungsrat ein Gespräch statt. Dieses dauerte knapp zwei Stunden. Dabei wurde intensiv und respektvoll diskutiert, verhandelt und sich ausgetauscht.
Warum wird nun innerhalb von zehn Tagen eine ganze Abteilung geschlossen und dabei eine grosse Unsicherheit bei Hochschwangeren und den Hebammen ausgelöst?
Was ist die Begründung für die Schliessung?
Diese wird hauptsächlich mit dem ärztlichen Fachkräftemangel begründet. Auf die Frage des «Frutigländers», warum man nicht bis Ende April hätte warten können, da die Dienstpläne für diesen Monat schon fertig gewesen seien, erklärten die Verantwortlichen, dass diese «auf sehr wackeligen Beinen» gestanden hätten. Die Risikoabwägung, zum Beispiel der Ausfall eines Arztes, habe letztlich zu einer sofortigen Schliessung geführt.
Auf die Frage, warum man Fachkräfte nicht halten und keine neuen rekrutieren konnte, da es laut den Verantwortlichen nicht unbedingt eine Frage des Geldes gewesen sei, hiess es, dass die Bewerbungen meistens nicht den gewünschten Quali!kationen entsprochen hätten, die Personen nicht ins Gefüge gepasst oder unrealistische Vorstellungen gehabt hätten.
Auch wurde der Umgang mit den Mitarbeitenden, den Schwangeren und der Bevölkerung kritisiert, welche nach eigener Ansicht «schlecht in den Prozess miteinbezogen wurden».
An diesem Punkt zeigte sich der Verwaltungsrat selbstkritisch und erklärte, dass sie diesbezüglich hätten besser handeln können. «Wir sind beeindruckt vom Engagement der Bevölkerung und wünschen uns sehr, dass wir das Vertrauen zu dieser erhalten können.»
Dass diese Schliessung noch weiter diskutiert wird, steht fest.