Generationenwechsel: Metzgerei wird weitergeführt
28.10.2025 AdelbodenDer Fleischfachmann aus Aeschi, Jonas Lengacher, übernimmt ab dem ersten November die Adelbodner Traditionsmetzgerei von Fritz Gempeler, der auch künftig im Betrieb arbeiten wird. Für Letzteren ist es vor allem eine Entlastung und für Lengacher eine ...
Der Fleischfachmann aus Aeschi, Jonas Lengacher, übernimmt ab dem ersten November die Adelbodner Traditionsmetzgerei von Fritz Gempeler, der auch künftig im Betrieb arbeiten wird. Für Letzteren ist es vor allem eine Entlastung und für Lengacher eine Chance.
YVONNE BALDININI
Nein, Wehmut verspürt Fritz Gempeler keine. Es schmerzt ihn nicht, seine Metzgerei mietweise Jonas Lengacher zu überlassen. So drückt er es aus, und man nimmt ihm die Erleichterung ab. «Die Belastung, meinen Laden am Leben erhalten zu müssen, wuchs stetig an. Ich wollte nicht bis zur Pensionierung warten und hoffen, dass sich ein Nachfolger meldet.» Ihm ist wichtig, dass Einheimische und Gäste weiterhin vor Ort frisches Fleisch im Fachgeschäft kaufen können. Gemäss Gempeler !ndet von zehn Metzgereien in der Schweiz nur gerade eine einen Nachfolger.
Für seine Kinder war die Übernahme kein Thema, und den Laden an einen Grosshändler weiterzugeben, schien ihm unsympathisch. Der Adelbodner ist seit Langem mit Lengacher befreundet. Beide führen die Fleischläden in der dritten Generation und stellten jeweils Wurstwaren füreinander her. Schon ihre Väter kannten sich. Lengachers Vater war Experte an Gempelers Berufsprüfung. Dieser wiederum bildete Lengachers Bruder als Lehrling in seinem Betrieb aus.
Personal von Aeschi im Winter nach Adelboden
«Von dem Moment an, als Jonas und ich uns die Hand für den Vertrag gereicht haben, kam die Freude an meinem Beruf zurück», beschreibt Gempeler die Situation. Ihm machte in den letzten Jahren vor allem der Fachkräftemangel zu schaffen. Auf Stelleninserate meldete sich niemand. Das Bewältigen der täglichen Arbeiten beanspruchte seine ganze Kraft. Es blieb kein Raum für Weiterbildungen. Weil sich auch kein Lehrling mehr fand, gingen neue Trends an ihm vorbei. Für den Sommerbetrieb reichte sein Personal knapp aus. «Aber im jetzigen Stand hätte ich diesen Winter schliessen müssen.» Denn ab November gilt es, Vorbestellungen und Vorbereitungen wie das Herrichten von Filet im Teig oder Pastetlifüllungen für die Hochsaison zu tätigen. Das hätten Gempeler und seine Leute nicht geschafft.
Hier kommt nun Jonas Lengacher ins Spiel, der bereits Metzgereien in Aeschi und Frutigen betreibt. «Bei uns laufen die Geschäfte wegen der Grillsaison und Caterings besonders im Sommer und Herbst. Von Januar bis April herrscht Flaute. In dieser Zeit werde ich meine Angestellten im winterlastigen Adelboden einsetzen können.» Im Gegenzug würden im Sommer Mitarbeitende aus dem Lohnerdorf in Aeschi anpacken – einschliesslich Fritz Gempeler.
In Adelboden hiesige Kalbsleber, in Frutigen Gnagi
Mit drei Betrieben kann Lengacher die Produktion besser auslasten. Für Wurstwaren sollen nur noch in Aeschi Maschinen laufen. Trockenfleisch, Gempelers Spezialität, wird hingegen weiterhin bei idealem Klima auf 1350 Metern Höhe präpariert. Die Tiere werden in Reichenbach selbst geschlachtet und in Aeschi verarbeitet. «Alles in kurzer Distanz und mit viel Sorgfalt», betont Lengacher.
Die grösseren Absatzmöglichkeiten dank der Gastronomie in Adelboden eröffnen ihm die Chance, alle Stücke des Schlachtviehs zu verwerten. Gempeler meint dazu: «Wir können in den Restaurants etwa Kalbsleber direkt aus dem Tal anbieten. Sie steht bei uns hoch im Kurs.» Die eigenen Schlachtungen werden gemäss Lengacher deutlich gekennzeichnet – damit jeder genau weiss, woher das Fleisch kommt und mit welchem Engagement es verarbeitet ist. «Die Herkunft spielt für unsere Kundschaft eine grosse Rolle», weiss er.
An den drei Metzgereistandorten zeigen sich laut den beiden Fleischfachmännern auch Unterschiede im Geschmack: In Adelboden schätzen Chaletgäste wie Einheimische oft die edlen Stücke – Filet oder Kalbskoteletten gehören hier zu den Favoriten. In Frutigen dagegen greifen viele gerne zu Klassikern wie Schweinsragout oder Gnagi.
Gempeler bleibt dem Laden erhalten
Lengacher wird die drei Geschäfte von Aeschi aus managen und vornehmlich dort weilen. «Ich bin Fritz und Gabi Gempeler sehr dankbar für die Chance, meinen Betrieb zu erweitern und damit Umsatzschwankungen aufzufangen. Zugleich freue ich mich, dass er seine Erfahrung und seine guten Beziehungen im Lohnerdorf weiterhin einsetzt.» Führen wird die Filiale Erwin von Känel, der in Aeschi die Lehre gemacht hat. Gempeler wollte bewusst Verantwortung abgeben, während seine Frau Gabi mit ihrer Tätigkeit im Laden ganz aufhört.
«Wir sind alle glücklich mit dieser Lösung, einschliesslich meiner Eltern, welche vor mir jahrzehntelang den Betrieb gestemmt haben», lässt er wissen. In Frutigen wiederum übernimmt eine seiner früheren Angestellten die Leitung. Der Adelbodner und der Aeschiner glauben an den Erfolg der «neuen» Metzgerei. «Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Fleisch steigt», schliesst Lengacher mit Überzeugung und Berufsstolz.

