Hoher Verlust – liegt es am Pistenangebot?
27.09.2024 AdelbodenDie Tschentenbahnen AG verzeichnet auch im Betriebsjahr 2023 / 24 tiefrote Zahlen. Zwar waren die Ergebnisse aus der Gruppenumlaufbahn und dem Restaurant erfreulich, doch der Ski- und der Sessellift waren so wenig gefragt wie kaum je zuvor. Ein Aktionär lieferte eine mögliche ...
Die Tschentenbahnen AG verzeichnet auch im Betriebsjahr 2023 / 24 tiefrote Zahlen. Zwar waren die Ergebnisse aus der Gruppenumlaufbahn und dem Restaurant erfreulich, doch der Ski- und der Sessellift waren so wenig gefragt wie kaum je zuvor. Ein Aktionär lieferte eine mögliche Begründung.
RETO KOLLER
Das kleine, auf sich selbst gestellte Skigebiet Tschentenalp tut sich seit Jahren schwer. «Auch im vergangenen Betriebsjahr verbrannten wir Geld», liess Verwaltungsratspräsident Daniel Fluri an der Generalversammlung der Tschentenbahnen AG vom 20. September wissen. Er meinte damit die 80 000 Franken Betriebsverlust vor Abschreibungen.
Schneemangel nur bedingt ein Grund
Fluri erläuterte den Geschäftsbericht und die Jahresrechnung. Man konnte die beträchtlichen Investitionen in die Steuerung der Sesselbahn Möser und den Seilwechsel bei der Bahn vom Dorf auf die Tschentenalp aus eigenen flüssigen Mitteln bezahlen. Damit bleibt die Gesellschaft schuldenfrei, wie Fluri betonte. Dies sei eine Ausnahme bei Bergbahnen.
Das Unternehmen konnte den Ertrag der Bahn und des Restaurants gegenüber dem – allerdings rekordtiefen – Vorjahresertrag massiv steigern. Das ansprechende Angebot der Gastronomie hat sich herumgesprochen und scheint beim Publikum gut anzukommen. Der Skilift und die Sesselbahn Möser dagegen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. «Wir schrieben die zweitschlechtesten Zahlen seit Inbetriebnahme des ‹Möser-Liftes›», bekannte Fluri. Der Schneemangel sei im Gegensatz zum Vorjahr nur bedingt ein Grund dafür, meinte der Präsident. Auch durch das immer noch geschlossene «Alphüttli» seien wohl Einnahmen weggefallen. «Wir haben der Frage rund um die Baubewilligung vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt», sagte Fluri selbstkritisch. Er zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, dass das Chalet bei der Bergstation auf die kommende Wintersaison endlich Gäste empfangen kann.
Auch bei Anlässen für Private und Firmen erreichte man die Ziele nicht. «Im laufenden Jahr sind wir jedoch ausgezeichnet gestartet», liess Fluri wissen.
Ohne Einwände stimmten die Aktionäre dem Antrag zu, das Minus von 308 000 Franken auf die neue Rechnung vorzutragen. Damit weist die Bilanz einen Verlustvortrag von rund 894 000 Franken auf – dies bei einem Aktienkapital, das im Vorjahr um die Hälfte auf vier Millionen Franken herabgesetzt worden war.
Kritik am Preis-Leistungs-Verhältnis
Der innert wenigen Minuten vom Dorfzentrum aus erreichbare Berg soll sich auch für einen kulinarischen Abend anbieten. Das Restaurant wird nun während der gesamten Betriebszeit der Bahn jeweils am Samstagabend geöffnet sein. Es sind kulinarische Themenabende und Anlässe wie etwa Lesungen geplant. Im Winter bleibt das Nachtschlittenfahren am Mittwoch und am Samstag im Angebot.
Unter dem Traktandum «Varia» kamen die AktionärInnen zu Wort, die rund 70 Prozent der Stimmen vertraten. Ein Anteilseigner brachte einen möglichen Grund für die tiefen Erträge bei der Möser-Bahn und dem Skilift auf den Punkt: «Wenn das Pistenangebot derart massiv reduziert wird, wie es in den letzten Jahren am Tschenten geschehen ist, ohne dass die Preise nachhaltig angepassen werden, muss man sich nicht über sinkende Frequenzen wundern. Mittlerweile sind noch zweieinhalb von ehemals fünf Pisten präpariert. Wer an einem Tag Ski fahren will, an dem Rennbetrieb herrscht, dem bleibt eine weitere Piste verschlossen», stellte er fest. Fluri musste dem Votanten recht geben. «Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt so tatsächlich nicht mehr», räumte er ein. Auch Verwaltungsrat Stefan Oester gab zu, dass das Pistenangebot zu klein sei. Die schwierigen Verhältnisse zu Beginn des Winters hätten die Präparierung allerdings erschwert, liess er wissen.«Wir haben entschieden, auf die beliebte Piste ‹Weng› zu verzichten, weil sich der Aufwand ohne künstliche Beschneiung nicht mehr rechtfertigen lässt. Für die technische Schneeproduktion fehlt uns das Wasser am Berg. Wir können eben nur Schnee verarbeiten, der vom Himmel gefallen ist», gab Oester kund. Fluri beteuerte: «Es ist unser Ziel, drei bis vier Pisten zu öffnen, wenn es die Verhältnisse zulassen.» Der Votant gab sich mit den Antworten halbwegs zufrieden.
Umstrittenes Dynamic Pricing
Eine weitere Frage betraf das flexible Preissystem, das zur Saison 2023 / 2024 von allen Betrieben der Interessengemeinschaft Skiregion Adelboden-Lenk (IGSAL) eingeführt worden war. Oester erklärte kurz die Einflussfaktoren des Algorithmus, die auf die Preisfindung einwirken. Wer kurzfristig buche, könne in der Regel nicht von Preisnachlässen profitieren, räumte er ein. Das inzwischen häufig angewendete Dynamic Pricing nütze eher den Bahnen als den Kunden, falls diese sich nicht lange im Voraus für einen Skitag entscheiden würden. «Der Vertrag läuft noch zwei Jahre, du musst dich so lange gedulden», vertröstete Fluri den Aktionär.
Rochade im Verwaltungsrat
Laut neuem Aktienrecht sind die Verwaltungsräte jeweils einzeln wiederzuwählen. Alle Mitglieder stellten sich zur Verfügung. Das Präsidentenamt wechselt von Daniel Fluri zu Stefan Oester, der auch bisher im Gremium sass. Fluri ist nun Vizepräsident. Martina von Deschwanden und Felix Hari wurden im Amt bestätigt.
Neuer Geschäftsführer ist seit Anfang April der Aeschlener Martin von Gunten. Er löst Erwin Oester ab, der sich auf die Leitung der Restauration konzentriert.