Honig- oder Wildbiene? Zürich bremst die Imkerei – was sagt das Frutigland?
30.09.2025 NaturDas weltweite Bienensterben sorgt seit Jahren für Schlagzeilen – auch in der Schweiz sind Wildbienen stark bedroht. Mit einem Verbot neuer Honigbienenstände auf städtischen Grundstücken will Zürich nun gegensteuern. Während die Stadt vor ...
Das weltweite Bienensterben sorgt seit Jahren für Schlagzeilen – auch in der Schweiz sind Wildbienen stark bedroht. Mit einem Verbot neuer Honigbienenstände auf städtischen Grundstücken will Zürich nun gegensteuern. Während die Stadt vor Nahrungskonkurrenz warnt, betont der Dachverband apisuisse, dass vorschnelle Verbote wenig nützen und vielmehr fundierte Studien sowie gemeinsame Lösungen nötig sind, um Wild- und Honigbienen gleichermassen zu schützen.
JACQUELINE RÜESCH
Seit dem 1. September 2025 erlaubt die Stadt Zürich auf ihren eigenen Grundstücken keine neuen Honigbienenstände mehr. Begründet wird der Schritt mit dem Schutz gefährdeter Wildbienenarten und den Biodiversitätszielen im Rahmen des nationalen Aktionsplans «Strategie Biodiversität Schweiz, Phase 2». In ausgewiesenen Wildbienenvorranggebieten müssen bestehende Stände bei Vertragsende entfernt werden. Auf privaten Parzellen oder landwirtschaftlichen Pachtbetrieben der Stadt bleibt die Imkerei zwar möglich, eine aktive Förderung entfällt jedoch.
Die Massnahme sorgt schweizweit für Diskussionen. KritikerInnen befürchten eine Überreaktion und verweisen auf fehlende wissenschaftliche Grundlagen. So bezeichnet der Dachverband apisuisse eine zugrunde gelegte Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL als «wissenschaftlich unhaltbar». Präsident Mathias Götti warnt vor einer Symbolpolitik: «Das Grundproblem sind fehlende Nistplätze und ein knappes Blütenangebot. An bestimmten Orten kann es Konkurrenz geben, aber die Ursachen des Insektensterbens liegen tiefer.»
Stimmen aus Zürich und dem Frutigland
Ähnlich sieht es auch der Bienenzüchterverein Frutigen. Präsident Karl Steiner mahnt nach Anfrage des «Frutigländer» zu einer differenzierten Betrachtung: «Man sollte gezüchtete Bienen in den Städten nicht verbieten, aber man könnte ihre Zahl vielleicht reduzieren. Auf dem Land besteht zwischen Honig- und Wildbienen keine relevante Konkurrenz.» Der Verein hatte kürzlich Besuch von einem Wissenschaftler aus Zürich, der diese Sicht teilt. Dieser erarbeitet derzeit eine Studie, um die Situation fundierter zu beurteilen. «Sinnvolle Entscheide sind erst möglich, wenn belastbare Daten vorliegen», äussert sich Steiner gegenüber dem «Frutigländer». Die Stadt Zürich sieht die Lage anders. Sie verweist auf die stark gewachsene Zahl an Honigbienenstöcken in urbanen Gebieten. Rund 200 Stände waren im Sommer 2024 registriert – und das Blütenangebot wächst nicht im gleichen Tempo. Honigbienen seien flexibel und anpassungsfähig, während viele Wildbienenarten spezialisiert, ortsgebunden und verletzlich seien. «Wenn die Nahrung knapp wird, verlieren die Wildbienen fast immer», erklärt Tanja Huber von Grün Stadt Zürich.
Der Konflikt spiegelt eine grössere Frage: Wie lassen sich Biodiversität und Imkerei in Einklang bringen? Während Zürich auf Restriktionen setzt, wählen andere Städte konstruktivere Wege. In Bern etwa werden Lehr- und Leihbienenstände betrieben, um Wissen zu vermitteln, Infrastruktur zu teilen und gleichzeitig die Bienendichte im Griff zu behalten.
Für Karl Steiner und seine Mitstreiter im Oberland ist klar: «Wir müssen die Wildbienen unbedingt schützen. Aber statt vorschneller Verbote braucht es Zusammenarbeit, Fingerspitzengefühl und solide wissenschaftliche Grundlagen. Nur so finden wir Lösungen, die sowohl den Wild- als auch den Honigbienen gerecht werden.»