«Ich zähle meine Arbeitsstunden nicht»
27.02.2024 FrutigenAls Regierungsstatthalterin erntet Ariane Nottaris sowohl Lob als auch Kritik. Beim breiten Spektrum ihres Aufgabenbereichs – welcher das wöchentliche 42-Stunden-Pensum oft sprengt – ist das auch kaum anders möglich.
PETER ROTHACHER
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Als Regierungsstatthalterin erntet Ariane Nottaris sowohl Lob als auch Kritik. Beim breiten Spektrum ihres Aufgabenbereichs – welcher das wöchentliche 42-Stunden-Pensum oft sprengt – ist das auch kaum anders möglich.
PETER ROTHACHER
«Was sind die Aufgaben einer Regierungsstatthalterin?» Im Rahmen dieser Fragestellung gewährte Ariane Nottaris (SVP) den Anwesenden auf Einladung der SP Frutigland und des Liberalen Frutigen letzten Donnerstagabend in der vollbesetzten «Sattelkammer» Einblick in ihren Berufsalltag. SP-Co-Präsident Hansueli Hachen begrüsste das Publikum und erklärte: «Die Idee zu diesem Anlass stammt ursprünglich von Regula Teuscher. Ich freue mich über das grosse Interesse.»
Seit ihrem Amtsantritt 2018 habe sich doch einiges verändert, hielt Ariane Nottaris als Einstieg in ihr Referat fest. «Ich wurde als erste Frau in unserem Verwaltungskreis zur Statthalterin gewählt, und das weibliche Geschlecht war in der Führung der neun anderen Regierungsstatthalterämter des Kantons Bern klar untervertreten. Heute ist die Zusammensetzung mit sieben Frauen und drei Männern umgekehrt.»
Der verlängerte Arm beider Seiten
Das Regierungsstatthalteramt Frutigen-Niedersimmental ist mit einer Fläche von 78 508 Hektaren das drittgrösste des Kantons Bern. Es umfasst 13 Gemeinden, in denen insgesamt über 40 600 Personen wohnen. Es gibt 46 öffentlichrechtliche Körperschaften wie Burger-, Schwellen- und Kirchgemeinden sowie rund 760 landwirtschaftliche Betriebe. «Die uns vom Regierungsrat zugeteilten Aufgaben bewältige ich zusammen mit einem sehr fähigen und motivierten Team. Es handelt sich also nicht um eine ‹One-Woman-Show›», merkte Nottaris lächelnd an. Sie erzählte, wie die Bewilligungs- und die Aufsichtsbehörde arbeiten, ging auf Beschwerdeverfahren ein und erläuterte ihre Ombudsfunktion. In ausserordentlichen Lagen koordiniert die Regierungsstatthalterin die Hilfsmassnahmen. Sie sei von Gesetzes wegen Vertreterin des Regierungsrats, fühle sich aber ebenso der Bevölkerung verpflichtet: «Das ist mir mindestens genauso wichtig. Auf die Art bin ich der verlängerte Arm beider Seiten.»
Brisante Themen bleiben aktuell
Thema war auch das Munitionsdepot Mitholz. Es ging um Umzonungsfragen und koordinierte Besprechungen mit allen Beteiligten an einem Tisch. «Lösungen für die Zwischenlagerung des nun anfallenden Materials müssen nicht zuletzt für unsere Region verträglich sein», betonte Ariane Nottaris. Sie ist Mitglied der Planungsregion Kandertal und leitet die Kommission «Umsetzung Abbauund Deponierichtplan», die für die Deponieplanung im Tal zuständig ist. Als Herausforderung bezeichnete die Referentin das Bauen ausserhalb der Bauzonen: «Bei allem Verständnis für spezielle Wünsche habe ich das Gesetz anzuwenden. Wo ich Spielraum habe, darf ich diesen nutzen, ansonsten bin ich in den entsprechenden Fesseln gefangen. Baupolizeilich habe ich zu diesem Thema bekanntlich ein grosses Verfahren gegen Frutigen am Laufen.» Unverändert problematisch schätzt die Statthalterin auch die Suche nach Unterkünften für Asylsuchende ein: «Niemand will die Leute haben – und die Prognosen über die zu erwartende Anzahl an Gesuchen wechseln dauernd.» Sorgen würden ihr zunehmend die diversen Querulanten und Staatsverweigerer bereiten. «Für solche – ein Bürger hat mittlerweile bereits über 20 Verfahren initiiert – wenden wir unglaublich viel Zeit auf.»
Zu Zeit- und Einstellungsfragen
Auf die Frage nach ihrem Pensum antwortete die Regierungsstatthalterin: «Ich zähle meine Arbeitsstunden nicht, aber es sind sicher mehr als 42 pro Woche. Bei repräsentativen Aufgaben wie beispielsweise am Weltcup in Adelboden erachte ich das – wenn mindestens eine nette Begegnung dabei ist – oft auch als Freizeit.»
Ein pensionierter Kantonspolizist warnte in der Fragerunde davor, kritisch den Staat hinterfragende Menschen gleich als «Verschwörungstheoretiker» zu bezeichnen. «Je älter ich werde, umso kritischer beurteile ich selbst nun manchmal Massnahmen von Bund und Kanton.» Ein Bürger, der sich in einer Demokratie unter Anerkennung des Staates eine eigene Meinung bilde, dürfe nicht gleich diskussionslos verurteilt werden.
Als Präsident des Liberalen Frutigen gab Niklaus Liechti abschliessend seiner Freude über den gelungenen Anlass Ausdruck: «Schön, dass wir parteiübergreifend so etwas zustande gebracht haben. Ich hoffe, dass die Zusammenarbeit der Frutiger Behörden mit dem Regierungsstatthalteramt noch etwas offener und transparenter wird. Es ist wichtig, dass wir zusammenarbeiten und nicht gegeneinander. So sind wir auf dem richtigen Weg.»