Ihnen liegt der Wald am Herzen
03.10.2023 WirtschaftWALDWIRTSCHAFT Die Geschäftsstelle Forst Frutigland ist auf Kurs, was sich unter anderem auch in den gestiegenen Kantonsbeiträgen zeigt. Das Team in Reichenbach hegt zudem weitere Ausbaupläne.
PETER ROTHACHER
«Es wächst mehr Holz nach, ...
WALDWIRTSCHAFT Die Geschäftsstelle Forst Frutigland ist auf Kurs, was sich unter anderem auch in den gestiegenen Kantonsbeiträgen zeigt. Das Team in Reichenbach hegt zudem weitere Ausbaupläne.
PETER ROTHACHER
«Es wächst mehr Holz nach, als genutzt wird. Und die Waldfläche dehnt sich auch im Berner Oberland ganz langsam, aber stetig aus», weiss Flora Märki. Seit dem 1. Januar 2023 ist sie Leiterin der im Reichenbacher Gemeindehaus untergebrachten Geschäftsstelle Forst Frutigland. Nach einer zweijährigen Pilotphase ist diese Institution auf Anfang Jahr hin personell ausgebaut und mit einem Budget von nunmehr zwei Millionen Franken in den Regelbetrieb überführt worden (der «Frutigländer berichtete). Zum dreiköpfigen Team, das sich 220 Stellenprozente teilt, gehören aktuell auch der Revierförster Martin Schenk und die Forstfachfrau Claudia Hauenstein.
«Bisher hat die Geschäftsstelle eine Teilübertragung der Aufgaben vom Kanton übernommen. Unser Ziel ist aber die Vollübertragung, sodass dereinst alle den Wald betreffenden Angelegenheiten über unsere Organisation laufen», informiert Hans Rudolf Lehmann. Er ist Präsident der Regionalen Forstkommission und im Reichenbacher Gemeinderat für die Belange des Waldes zuständig. «Im Falle einer Vollübertragung könnte das Team um eine weitere Stelle aufgestockt werden. Zudem möchten wir die hiesigen Unternehmen dazu motivieren, eine Forstwart-Lehrstelle zu schaffen.»
Der Schutzwald hat Priorität
Die Geschäftsstelle Forst Frutigland betreut die bewaldeten Gebiete von Reichenbach, Frutigen, Kandergrund, Kandersteg und Adelboden. Flora Märki erklärt: «Von den insgesamt 8400 Hektaren Wald sind drei Viertel als Schutzwald deklariert. Für die Sicherung der bewohnten Gebiete und deren Infrastruktur geniessen diese Bestände eine hohe Priorität. Die Wälder müssen deshalb entsprechend gepflegt, verjüngt und teilweise mit zu der örtlichen Bodenbeschaffenheit sowie zum Klimawandel passenden Ergänzungspflanzen bestückt werden.»
60 Prozent der genannten Forstfläche sind Kleinparzellen in Privatbesitz. «Wenn Projekte in einer sinnvollen Grösse realisiert werden sollen, müssen alle betroffenen Besitzer zustimmen. Und wenn diese beispielsweise im Altersheim leben, weggezogen oder gar verstorben sind, ist das gar nicht so einfach», sagt Lehmann. Ist schliesslich alles geregelt, kann Forst Frutigland die Waldpflege organisieren und das Schutzwaldprojekt bei der Waldabteilung zur Genehmigung einreichen. Nach der Projektumsetzung werden die Waldbesitzer mit einer Flächenpauschale und – abhängig vom wirtschaftlichen Resultat – mit einer Gewinnbeteiligung entschädigt.
Auf den generellen Zustand des Waldes nach dem heissen Sommer angesprochen, meint Märki: «Es sieht im ganzen Revier relativ gut aus. Im Frühling hat es hier doch mehr geregnet als zum Teil anderswo. Die Bäume haben das Wasser gespeichert, und auch die Situation bezüglich Borkenkäfer ist nicht alarmierend.» Die Zukunft sei allerdings ungewiss. Das stetige Beobachten der Lage sei Pflicht, sodass gegebenenfalls reagiert werden könne, ohne gleich in Panik zu geraten.
Der Rohstoff wird möglichst im Tal vermarktet
Über die Geschäftsstelle Forst Frutigland werden Schutzwaldpflege, Lebensraumund Artenförderung, die Behebung von Waldschäden sowie die Waldbewirtschaftung koordiniert. Projektbasierend leistet der Kanton daran ab 2023 jährliche Beiträge in der Höhe von 800 000 Franken, und die fünf Gemeinden wenden zusammen einen Gesamtbetrag von 100 000 Franken pro Jahr auf. Letztes Jahr hat Forst Frutigland vom Kanton 718 554 Franken an Schutzwaldbeiträgen erhalten – deutlich mehr als andere Forstreviere. «Geld, das mehrheitlich im Frutigland bleibt», betont die Geschäftsstellenleiterin. «Wir verfügen über kein eigenes Forstunternehmen, arbeiten aber mit mehreren kleinen Betrieben der Region zusammen. Pro Jahr werden auf diese Art und inklusive der Eigenbewirtschafter rund 12 000 Kubik Holz geschlagen. Wir vermarkten den Rohstoff möglichst im Tal. Grössere Mengen gehen allerdings in die Sägereien von Erlenbach oder Worb.» Das Energieholz in Schnitzelform bleibe sowieso in der Region, wenn es nicht vom Waldbesitzer selber genutzt werde.
In der Wintersaison steht die Holzgewinnung im Vordergrund. Im teils schwer zugänglichen Gebiet wird das Holz oft per Helikopter ausgeflogen oder mittels Seilkran geborgen und abgeführt. Märki fügt an: «Es kommt aber auch vor, dass für diesen Abtransport – zum Beispiel im Auerhuhnreservat – Pferde zum Einsatz kommen.»
Der Waldbesitzerverband (WBV) Frutigland, dem auch die Gemeinden Aeschi, Krattigen, Leissigen und Därligen angehören, arbeitet eng mit der Geschäftsstelle Forst Frutigland zusammen. Hans Rudolf Lehmann erklärt dazu: «Jeder Gemeinde steht ein Sitz in der Regionalen Forstkommission zu. Der WBV kann zudem zwei Delegierte in beratender Funktion entsenden, die aber auch Anträge stellen können.»

