«In diesem Saal will man ein starkes Inforama»
15.09.2023 WirtschaftLANDWIRTSCHAFT Eine Niederlage für die kantonale Wirtschaftsdirektion: Der Grosse Rat wies ihre Nutzerstrategie fürs Bildungszentrum Inforama zurück und knüpfte diverse Auflagen daran.
BIANCA HÜSING
Rund zwei Stunden und insgesamt 14 ...
LANDWIRTSCHAFT Eine Niederlage für die kantonale Wirtschaftsdirektion: Der Grosse Rat wies ihre Nutzerstrategie fürs Bildungszentrum Inforama zurück und knüpfte diverse Auflagen daran.
BIANCA HÜSING
Rund zwei Stunden und insgesamt 14 Anträge umfasste die Grossratsdebatte vom Montag und Dienstag. In seinem Schlussplädoyer kommentierte Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann diesen Umstand durchaus anerkennend: «Eins ist klar geworden: dass man in diesem Saal ein starkes Inforama will.» Die Vorstellungen darüber, wie man zu diesem starken Inforama kommt, gingen derweil auseinander. Ammanns Direktion hatte eine Nutzerstrategie ausgearbeitet, um das landwirtschaftliche Bildungszentrum fit für die Zukunft zu machen. Die Liegenschaften seien zum Teil «dringend sanierungsbedürftig» und die Verteilung auf sieben Standorte sei in betrieblicher Hinsicht ineffizient. In ihrer Nutzerstrategie hat die Wirtschaftsdirektion deshalb mehrere Zentralisierungsvarianten geprüft, unter anderem die Konzentration auf einen einzigen Standort. Diese Variante hätte laut Ammann zwar Vorteile gehabt, wäre aber nicht mehrheitsfähig gewesen und sei deshalb schnell verworfen worden. Stattdessen soll das Inforama bis 2040 von sieben auf drei Standorte mit je eigenen Schwerpunkten reduziert werden: Rütti (Zollikofen), Seeland (Ins) und Berner Oberland (Hondrich). «Wir haben die Möglichkeit, sie zu Kompetenzzentren mit nationaler Ausstrahlung auszubauen», so Ammann.
Betroffene einbeziehen, Klimawandel berücksichtigen
Bereits im Vorfeld der parlamentarischen Beratung hatte der Wirtschaftsdirektor jedoch Kritik einstecken müssen. So bemängelte unter anderem die Finanzkommission (FiKo), dass betroffene Anspruchsgruppen nicht miteinbezogen worden seien und dass mit keinem Wort erwähnt werde, was mit den vier zu schliessenden Standorten passieren soll. Im Berner Rathaus ergriff FiKo-Mitglied Samuel Krähenbühl (SVP) stellvertretend für seine Kommission das Wort: «In der landwirtschaftlichen Bildung sind wir Spitze, wir Berner dürfen stolz sein auf das Inforama.» Insofern begrüsse die FiKo ausdrücklich, dass der Kanton eine Zukunftsstrategie ausgearbeitet habe. Er hätte jedoch die Branche, den Schulrat und die Standortgemeinden zwingend in die Planung einbinden müssen. Auch sei die Strategie zu kurzfristig angelegt und berücksichtige Megatrends wie den Klimawandel nicht. Krähenbühl beantragte deshalb die Rückweisung des Geschäfts mit neun Auflagen, die der Kanton in der weiteren Planung zu berücksichtigen habe. Auch aus den Reihen des Grossen Rats erfolgten drei Anträge. So forderte etwa ein fraktionsübergreifender Antrag unter der Federführung Bruno Vanonis (Grüne), die Strategie auf eine Stärkung und Ausweitung der biologischen Landwirtschaft auszurichten.
«Vieles von dem, was gefordert wird, ist sowieso geplant»
Christoph Amman plädierte derweil dafür, die Rückweisungsanträge abzulehnen. Seine Direktion sei genauso vorgegangen, wie es bei der Ausarbeitung von Strategien üblich sei: Zuerst habe man zusammen mit ausgewählten Akteuren eine Stossrichtung festgelegt und diese anschliessend in die politische Debatte eingebracht. Im nächsten Schritt wäre der Einbezug anderer Akteure an der Reihe gewesen – eben so, wie es die FiKo nun verlange. «Vieles von dem, was im Rückweisungsantrag gefordert wird, ist sowieso geplant. Deshalb sind wir nach wie vor der Überzeugung, dass man den Bericht heute schon zur Kenntnis nehmen könnte. Eine Rückweisung führt nur dazu, dass wir Zeit verlieren.»
Doch Ammanns Votum verhallte: Fast alle Einzelanträge wurden angenommen, teilweise sogar einstimmig. Somit muss die Wirtschaftsdirektion noch einmal über die Bücher.