«In vier Monaten war ich nur drei Mal im Tal»
12.12.2023 KanderstegJürg Martig hat seinen ersten Sommer als Hüttenwart auf der Blüemlisalphütte verbracht. Eine strenge Zeit liegt hinter ihm, wurden doch parallel zum Betrieb die sanitären Anlagen und der Winterraum umgebaut.
YVONNE SCHMOKER
Gross, ...
Jürg Martig hat seinen ersten Sommer als Hüttenwart auf der Blüemlisalphütte verbracht. Eine strenge Zeit liegt hinter ihm, wurden doch parallel zum Betrieb die sanitären Anlagen und der Winterraum umgebaut.
YVONNE SCHMOKER
Gross, schwarzer Wuschelkopf und die wahrscheinlich markantesten Augenbrauen im Frutigland: Das ist Jürg Martig, der neue Hüttenwart der Blüemlisalphütte. In Alpinistenkreisen ist er wohlbekannt, sei es als Bergführer, als Miterbauer des Kandersteger Klettersteigs oder als ehemaliger Hüttenwart der Chamanna Cluozza im Schweizerischen Nationalpark.
Seit Juni 2023 lebt Martig im Sommer auf 2840 Metern in der Blüemlisalphütte, unterstützt von seiner Frau Marlies und seinem Sohn Tim. «Mein erster Hüttensommer unter der Blüemlisalp war geprägt von intensiver Arbeit, sowohl im Hüttenbereich als auch beim Umbau. In vier Monaten war ich nur drei Mal im Tal», berichtet Martig nachdenklich. «Dank einem grossartigen Hüttenteam konnten wir im gewohnten Rahmen zahlreiche Tagesgäste bewirten und zudem unsere Übernachtungsgäste verwöhnen», zieht er eine vorläufige Bilanz der ersten Hüttensaison.
Mitte September, einen Monat früher als gewöhnlich, wurden die letzten Übernachtungsgäste bewirtet. «Bis Mitte Oktober hatten wir noch sehr viele Tagesgäste. Das Herbstwetter war ja auch fantastisch.» Seitdem war Martig beruflich gleich doppelt eingespannt: Er arbeitete einerseits als Schreiner in der Hütte, andererseits versorgte er unter der Woche mit seiner Frau noch die Arbeiter.
Ende November versetzte Martig bei Sturm und eisigen Temperaturen die Blüemlisalphütte definitiv bis zum kommenden Juni in den Winterschlaf. «Jetzt ist Schluss mit dem Hüttenleben. Zu Hause werde ich endlich am Schreibtisch das Geschäftsjahr abschliessen und daraus erste definitive Schlüsse über unsere Arbeit ziehen», blickt er auf sein erstes Jahr auf der Blüemlisalphütte zurück. «Und dann freue ich mich auf die Planung meiner Wintersaison als Bergführer.»
Wechsel ins Frutigland
Bis 2021 hatte Jürg Martig mit seiner Familie zehn Jahre lang die einzige Hütte im Nationalpark bewirtet, die Chamanna Cluozza. «Eines Tages merkten Marlies und ich, dass die gemeinsame Zeit mit der Familie zu kurz kam. Da war Tim erst vierjährig», blickt Martig zurück. «Mein geliebter Beruf als Bergführer drohte mir die Familie zu entreissen.»
Als die Chamanna Cluozza wegen Renovationsarbeiten geschlossen wurde, begann Martig seine Zukunft zu überdenken. Und genau in dieser Umbruchzeit wurde die Bewartung der Blüemlisalphütte ausgeschrieben. Martig bewarb sich und erhielt den Zuschlag. «Für mich als gebürtigen Kandersteger war der Einzug in die Blüemlisalphütte wie ein Heimkommen, ein Geschenk, verbunden mit sehr viel Arbeit und Engagement im ersten Sommer», blickt er auf die vergangenen sechs Monate zurück.
Start in den Hüttenalltag
«Obschon ich im vergangenen Jahr während einiger Tage bei Hildi und Hans Hostettler hinter die Kulissen blicken durfte, startete ich mit kalten Füssen in den Hüttenalltag. Die Organisation verlangt ein perfektes Management, da beim kleinsten Überlegungsfehler alles ins Stocken geraten kann», erläutert Martig seinen Einstieg in die wohl bestbesuchte Sommerhütte des SAC. «Die Verantwortung für die Führung einer grossen Hütte mit 95 Betten beginnt bereits bei der Anstellung des Personals, geht übers Erstellen der Einkaufslisten für die Mahlzeiten mit all den vielen Spezialmenus bis hin zur Planung der Versorgungsflüge. Hinzu kommen die Reservation der Hüttenbetten, die Einsatzplanung des Personals sowie technische Aufgaben wie das Überwachen und unter Umständen Reparieren der Wasser- und Stromversorgung», fasst er zusammen.
Um den Hüttenalltag zu meistern, wurde Martig von einem siebenköpfigen Team unterstützt. «Täglich haben wir bis zu acht Früchtekuchen gebacken, 20 Mal Rösti gebrutzelt und zehn Käseschnitten für unsere Tagesgäste zubereitet. Zusätzlich servierten wir unzählige Getränke und immer füllten wir die Vorräte für den nächsten Tag auf. All diese Arbeiten erledigten wir nebst der Versorgung der Übernachtungsgäste», berichtet der Hüttenwart. «Mit Tränen in den Augen und vielen Erinnerungen an eine strenge, aber erlebnisreiche Zeit ist mein Team ins Tal abgestiegen.»
Zusammen mit der Eröffnung der sanierten Blüemlisalphütte soll auch deren 150-Jahr-Jubiläum am 29. / 30. Juni 2024 gebührend gefeiert werden.