Jugendliche Leidenschaft für britische Oldtimer
12.08.2025 GesellschaftGerade mal 23-jährig ist der Frutiger Timo Wyssen und damit jünger als jedes seiner zahlreichen Autos. Der Lastwagenmechaniker hat schon früh seine Hingabe für klassische Fahrzeuge entdeckt. Dabei gilt seine Passion im Speziellen einer britischen Traditionsmarke. Er ...
Gerade mal 23-jährig ist der Frutiger Timo Wyssen und damit jünger als jedes seiner zahlreichen Autos. Der Lastwagenmechaniker hat schon früh seine Hingabe für klassische Fahrzeuge entdeckt. Dabei gilt seine Passion im Speziellen einer britischen Traditionsmarke. Er hofft denn auch auf zunehmendes Interesse junger Menschen an älteren Autos.
Als der Berichterstatter des «Frutigländers» das Reich von Timo Wyssen, eine unterirdische Fahrzeughalle in Frutigen, betritt, staunt er erst einmal eine Weile. Da sind einerseits mehrere wunderschöne britische Fahrzeuge, wobei der Mini noch zu den bekannteren zählen dürfte, parkiert. Andererseits verbreiten altmodische Werbetafeln zu Mini und Co., beleuchtete Markenembleme aus längst vergangenen Zeiten sowie die Nationalflagge, der Union Jack, Garagengroove von der «Insel». Was auch als kleines Museum durchgehen könnte, ist gleichzeitig eine Werkstatt. Werkbänke, verschiedenstes Werkzeug und sogar Rover-spezifische elektronische Diagnosegeräte aus den 1980er-Jahren stehen für Reparaturen und Unterhaltsarbeiten zur Verfügung.
Tatsächlich verbringt Timo Wyssen neben seinem Vollzeiterwerb als Automobilmechatroniker Nutzfahrzeuge in seiner Freizeit mehrere Abende und einen Tag pro Wochenende beim «Schrauben» an seinen Oldtimern. Sein Interesse an Oldtimern und sein Flair fürs Mechanische haben ihren Ursprung in seiner Kindheit. Er wuchs nämlich mit Oldtimern, beispielsweise britischen MGs und Morgans, auf und war schon früh dabei, wenn sein Vater Fahrzeugklassiker restaurierte. «Ich schraubte von klein auf», bestätigt der junge Mann, der grundsätzlich einfach Freude an alten Dingen hat. Während der Schulzeit hatte er denn auch einen Wochenplatz bei einer Oldtimergarage in Frutigen.
Wechsel vom Peugeot-30er-«Töffli» zum Rover Vitesse
Timo Wyssens erstes motorisiertes Fortbewegungsmittel jedoch war ein Peugeot-Motorfahrrad. Allerdings blieb es nicht bei einem einzigen Exemplar davon. Töfflifahrer Wyssen wollte nichts weniger als alle Modellreihen zwischen 1930 und 2005 der französischen motorisierten Zweiräder besitzen. Doch nach bestandener Autofahrprüfung hatte der Frutiger auf etwas Schnelleres und Leistungsstärkeres als ein 30er-Töffli Lust. Er, der nicht zuletzt den Sound und die Karosserieformen älterer Autos gegenüber neuen Modellen vorzieht, war schon seit Jahren vom Klang des Rover V8-Motors begeistert. So fand sich der damalige Lernende am Steuer eines Rover SD1 Vitesse wieder. «Die erste Fahrt war emotional genial für mich», erinnert sich Timo Wyssen ein paar Jahre zurück und kommt ins Schwärmen. Das sportliche Fahrverhalten, die Beschleunigung und der Sound dieser für die damalige Zeit futuristisch gestylten Limousine «made in England» hatten es ihm angetan. Noch heute ist er mit dem charakteristisch langgestreckten schwarzen Rover mit Jahrgang 1985 im Alltag unterwegs – und der 23-Jährige besitzt auch kein neuzeitliches Auto. Das Modernste, was sein stattlicher, rund ein Dutzend Modelle umfassender Fuhrpark bietet, ist ein Rover 75. Auch dieser elegante dunkelblaue Kombi rollte noch vor Timo Wyssens Geburt vom Band.
Dazu kommt, dass in Timos früher Kindheit im englischen Longbridge die Lichter ausgingen; Rover musste Konkurs anmelden. «Ich möchte diese Fahrzeuge auch für die Nachwelt erhalten», begründet der eingefleischte junge Oldtimerfreund seine Sammlung von Fahrzeugen, deren Fertigung zum Teil bis in die 1950er-Jahre zurückreicht.
«Es ist jedes Mal ein Höhepunkt, wenn ich ins Vereinigte Königreich reise»
Mit seiner der traditionsreichen britischen Marke gewidmeten Leidenschaft fällt der Kandertaler gerade jenseits des Ärmelkanals auf. Er fuhr bereits mehrere Male mit einem Rover-Klassiker nach Grossbritannien. Dort sprechen ihn die begeisterungsfähigen Briten jeweils auf das Fahrzeug an und wollen sich auch gleich hineinsetzen.
Timo Wyssen, der selbst grossen Gefallen an der britischen Lebensart, einschliesslich «Afternoon Tea» und historische Automobilrennen, hat, freut sich darüber: «Es ist jedes Mal ein Höhepunkt, wenn ich ins Vereinigte Königreich reise», frohlockt er. In Grenzen scheint sich allerdings das Interesse an Oldtimerfahrzeugen bei den unter 30-Jährigen in der Region zu halten. So findet er als Mitglied bei den Oberländer Autofreunden und im Rover Club Schweiz kaum Altersgenossen. Er erklärt sich dies mit den finanziellen Aufwendungen und dem Mangel an Garagen, die Oldtimer reparieren können.
Andererseits hat der jugendliche Oldtimerfahrer festgestellt, dass sich Jüngere teils an den Bildschirmen im Cockpit moderner Fahrzeuge stören.
Gleichzeitig könne der Bezug zu einem Fahrzeug aus der Kindheit die Faszination für ältere Autos wecken.
Timo Wyssens Wunsch? «Ich fände es grossartig, wenn Gleichaltrige die Freude an Oldtimern entdecken würden.»
MICHAEL MAURER