Am Freitagabend organisierte die Musikgesellschaft Kandersteg mit der Unterstützung der Gemeinde ein Konzert zugunsten der Gemeinde Blatten, mit der sie seit Jahren eine tiefe Freundschaft verbindet.

Der Kontrast hätte nicht stärker sein können: Bei bestem Wetter fanden sich zahlreiche Zuhörer, darunter auch viele Kinder, vor der reformierten Kirche zum Benefizkonzert zugunsten der Wetterkatastrophe ein, die sich nur zwei Tage zuvor in Blatten ereignet hatte. Die Musikgesellschaft Kandersteg spielte mit der Unterstützung von Musikanten aus der Umgebung und aus dem Wallis.

Dirigentin Julia Packmor, die mit dem Blattener Adrian Ritler verheiratet ist, dessen Eltern und Schwester wie viele andere auch nun vor dem Nichts stehen, erzählte den Zuhörern, wie das Konzert zustande kam: «Nach dem Mittwochabend und vor allem am Donnerstagmorgen nach einer schlaflosen Nacht, haben uns die Worte gefehlt, und es war klar, dass wir am Freitagabend nicht einfach im Probelokal würden sitzen können, als wäre nichts passiert. So haben wir uns überlegt, dieses Platzkonzert zu organisieren.» Der Erlös des Konzerts geht nach Blatten.

Auch die Gemeinde Kandersteg hatte geholfen, diesen Anlass auf die Beine zu stellen. «Uns hat die Unterstützung sehr gefreut. Das heute Abend hat nun sehr gut getan», fasste Julia Packmor das Engagement zusammen. «Unser Spruch ist ‹Musik verbindet Herzen›, das ist ziemlich treffend», erklärte die Dirigentin weiter. Deshalb fand auch das Konzert unter diesem Motto statt.

Zu Beginn begrüsste Julia Packmor das Publikum und erklärte: «Wir wollen mit unseren Klängen gute Wünsche und Hoffnung über den Berg schicken, an den Ort, wo momentan Fassungslosigkeit einen riesigen Platz einnimmt.» Die Musikanten starteten sodann mit dem Marsch «Marignan», der die inoffizielle Walliser Hymne ist, im Anschluss erklang «San Carlo». Auch Gemeinderatspräsident René Maeder begrüsste die Zuhörer und bekräftigte, dass alle als Gemeinschaft zusammenstünden: «In der Musik, aber auch im Mitgefühl. Der Bergsturz in Blatten hat uns alle tief erschüttert. Was dort geschehen ist, lässt uns erkennen, wie verletzlich das Leben ist und wie wichtig es ist, dass wir einander beistehen.» Besonders betroffen mache auch das Schicksal der anwesenden Musikanten aus Blatten. «Sie haben alles verloren, ihr Zuhause und ihre Sicherheit», so Maeder.

Die Verbindung zwischen Kandersteg und Blatten sei mehr als nur die geografische Nähe. Es sei eine gelebte Nachbarschaft, eine musikalische Freundschaft über Jahre hinweg. Jede Geste, die heute Abend gezeigt werde, jeder Ton, der heute Abend erklinge, sei ein Zeichen an Blatten: «Ihr seid nicht allein», so der Gemeinderatspräsident.

Anschliessend wurde der Marsch «Sanetsch» gespielt und das sehr stimmige Stück «Für immer uf di» von Patent Ochsner.

Zwei befreundete Musikgesellschaften
Die Musikgesellschaften Kandersteg und Fafleralp Blatten verbindet eine langjährige Freundschaft. Durch ihren ehemaligen Dirigenten Toni Zindato, das Aktivmitglied Adrian Ritler und durch den Musiklehrer Christian Pfammatter sind die Kandersteger immer wieder in regem Kontakt mit den Musikern aus Blatten.

«Was es bedeutet, seine Heimat zu verlieren, kann man sich nicht vorstellen. Auch ein Verein bedeutet Heimat, Zusammenhalt, Freundschaft. Manche Stunde verbringt man miteinander. Der Vereinspräsident Zindato und viele Aktivmitglieder sind so dankbar für das heutige Konzert. Sie haben einander, aber sie werden neue Instrumente, Uniformen und vieles weitere anschaffen müssen», so Packmor. Sie erklärte, dass man nun sicherlich sagen könne, «die haben jetzt andere Probleme als die Musik». Sie kenne die Musiker aber sehr gut: «Sobald sie wieder irgendeine Möglichkeit sehen, werden sie proben oder zumindest wieder zusammenkommen. Denn ‹In Freud und Leid zum Spiel bereit›, so steht's auf ihrer Fahne geschrieben.» Passender könnte der Spruch im Moment nicht sein, schloss die Dirigentin.

Darauf folgte der Marsch «Fafleralp» und «Lueget vo Bärge u Tal», ein Abendlied, das die Anwesenden sichtlich berührte, da sich die Blüemlisalp und auch der berüchtigte Spitze Stein im schönsten Abendrot präsentierten.

Ein grosser Zustupf für die MG Fafleralp Blatten

Mit dem Marsch «The Chieftain» ist die Musikgesellschaft Fafleralp Blatten am eidgenössischen Musikfest in St. Gallen Schweizermeister geworden. Danach wurde «Heiterefahne» von Trauffer gespielt und nach einem grossen Schlussapplaus spielte die Musikgesellschaft den Marsch «Slaidburn». Viele Musikstücke, die an diesem Abend vorgetragen wurden, hatten einen Bezug zum Lötschental und zum Thema Heimat.

Viele dankbare Rückmeldungen
Die Musikgesellschaft Kandersteg hat mittlerweile zahlreiche Rückmeldungen aus Blatten bekommen. «Die dortigen Musikkollegen freuen sich und sind sehr gerührt», erklärte ein Musiker.

Finanziell habe es sich ebenfalls gelohnt, «wir konnten der MG Flafleralp Blatten einen schönen Zustupf für den Neustart überreichen, der hoffentlich bald möglich sein wird», erklärte die MG Kandersteg.
Auch sonst bleibt die Spendenbereitschaft für die Bevölkerung im Walliser Lötschental gross. Der vorläufige Spendenbetrag der Glückskette für das Bergsturzgebiet belief sich am Sonntagmorgen auf rund 4,3 Millionen Franken, wie die Organisation mitteilte.

KATHARINA JUNGEN

Kandersteg spielt für Blatten: Solidarität durch Musik

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