FEDERLESIS - E Zuemuetig
01.11.2022 KolumneE Zuemuetig
Liebe treue «Federlesis»-Kolumnenleser-Innen, was wurde Ihnen in den letzten fast zehn Jahren nicht alles an Schweiss zugemutet! Regelmässig wurden Sie hineingezogen in meinen Familienalltag mit unserer Erstgeborenen, den nach dem Ultraschallbildli benannten Zwillingen «A» und «B» und meinem Angetrauten aus der Romandie, «le Welsch».
Sie mussten mitlesen, wenn wieder eine gehängt wurde bei uns daheim: eine Zwiebel. Im Kinderzimmer der schwitzenden Rotbäckli, bei der alljährlichen Wiederkehr von Saft, Schleim und Gift – während der Grippesaison.
Aber nicht nur Zwiebeln hingen bei uns daheim, sondern auch promovierte Kindergärtler wie Zwilling A, der seinerzeit am Gartenschlauch über dem Balkongeländer baumelte und seinen Mut demonstrieren wollte. Von vereinten Händen weiterer Kinder im gleichen Alter gesichert, die sich schwitzend gegenseitig Mut zukeuchten: «Eifach alli fescht häbe!»
Dass mir nach dieser Mutprobe ein paar Tage später beim Hilferuf «Mamaaa, komm schnell, ER hängt schon ganz schief! ER fällt gleich runter, ER blutet schon!» der kalte Schweiss ausbrach, verwundert nicht – obwohl «ER» sich dann nicht als übermütiger Abenteurer, sondern als betagter Milchzahn von Zwilling B herausstellte.
Ach, was habe ich – und Sie mit mir – jahrelang geschwitzt … Beim Kinder-indie-Skischuhe-stossen und weiter beim anschliessenden Hängenbleiben im Drehkreuz der Talstation der Luftseilbahn – vor den Augen erfahrener Eltern und ungeduldiger Schneesportler – notabene wegen einer Hampfele Skichneble, die man als Mutter an einem Familienskitag so mit sich schleppt! Weiter schweissnass wurde man gleichentags in Anbetracht drohender Wasserschäden durch die in die Blase gerutschte Ovomaltine, während man das dick eingepackte Kind im Kampf gegen die Zeit leise fluchend aus dem Zwiebelprinzip schälte.
Der Angstschweiss nachts, wenn am nächsten Tag das Geburifestli der Zwillinge steigen sollte. Albträume von falsch datierten Einladungen, ausgeschlagenen Schneidezähnen oder im schlimmsten Fall von durch die Torte vergifteten Gästen!
Beim Hausaufgabenmachen am Küchentisch, wenn Zwilling A nie und Zwilling B zu früh mit sich zufrieden war und ich mich nur mit den Worten aus einem Buch («Alle Kinder sind hochbegabt, wir müssen es nur erkennen und danach handeln …») abkühlen konnte.
Schweissperlen auf der Stirn, wenn beim Schulranzenkauf für die Zwillinge die Verkäuferin wild gestikulierend von Vollpackung, Leerpackung und Warnfarben erzählte und ich gleichzeitig einen Blick auf die Preisschildchen erhaschte. Wie mich ein weiterer Satz aus dem oben genannten Buch erneut ins Schwitzen brachte, als ich wegen der teuren Schulranzen den Sonntagsbraten gestrichen hatte und stattdessen nur noch Suppe auftischen wollte: «Kinder sind Adler, keine Suppenhühner!»
Ich könnte beliebig weiterschreiben über Schweissausbrüche: Über unseren Hund, der eine potenziell tödliche Dosis Schokolade gefressen hatte. Von Zetteln an der Teenie-Zimmertür mit der Aufschrift: «Die Blöden bleiben draussen», über Blinddarmsymptome wegen Bratwurst und Zuckerwatte …
All dieser Schweiss war wirklich eine Zumutung! Und es sieht in meinem Mittelalter wirklich nicht so aus, als würde es weniger werden. Zukünftige Schweissausbrüche wegen drohender Wechseljahre, potenzieller Partygänger unter den Söhnen, einer Tochter mit Fernweh, Schwiegertöchtern oder sogar der Pensionierung von «le Welsch» – da wollen Sie nicht mehr mit dabei sein, das schreibe ich Ihnen!
Auch deshalb erscheint heute meine letzte Kolumne.
Danke, liebe LeserInnen, für all die schönen Begegnungen, Gespräche und Rückmeldungen während meiner «Federlesis»- Zeit.
ANDREA BALMER-BEETSCHEN
ANDREA.BEETSCHEN@BLUEWIN.CH