SPAGAT – «Wie und wo kann ich mich in Zukunft sportlich betätigen?»
27.09.2022 Kolumne«Wie und wo kann ich mich in Zukunft sportlich betätigen?»
Diese Frage stellt sich mir nach meinem Wegzug aus Frutigen – denn dass ich mich weiterhin bewegen will, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Nichtstun ist nicht so mein Ding. Was nicht ...
«Wie und wo kann ich mich in Zukunft sportlich betätigen?»
Diese Frage stellt sich mir nach meinem Wegzug aus Frutigen – denn dass ich mich weiterhin bewegen will, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Nichtstun ist nicht so mein Ding. Was nicht heisst, dass ich mich nicht mit einem Buch oder einer Handarbeit auf dem Sofa beschäftigen kann.
Ich, die ich das ganze Leben lang in einem Verein eingebunden war, bin jedoch definitiv keine Einzelkämpferin. So weit ich zurückdenken kann, war ich in einem Verein tätig. Ich habe während meiner Ausbildung recht erfolgreich Volleyball gespielt, dann jahrelang Rock’n’Roll- Akrobatik getanzt und meinem Körper viel abverlangt – was wohl mit ein Grund dafür ist, dass es schon seit einiger Zeit hier und da in den Gelenken zwickt und schmerzt. Sport, das wissen wir alle, ist nur bis zu einer bestimmten Belastungsgrenze tatsächlich gesund. Jänu, der Wechsel in einen Turnverein gelang mir Vollbluttänzerin dann dank den schönen Disziplinen Gymnastik und Team-Aerobic, bei denen die Bewegung zu Musik ebenfalls im Zentrum steht.
Das ist aber nur ein Aspekt. Ich bin ein Vereinsmensch, ein Herdentier. Das Bewegen in einer Gruppe gefällt mir definitiv viel besser, als allein irgendwo in der Natur über Strassen und Wege zu joggen – wenn möglich noch bei nassem Wetter. Es war deshalb vor 18 Jahren, als ich mit der Familie aus dem Seeland ins Schulhaus an Linter zogen, nur logisch, dass ich Mitglied im hiesigen Verein werden wollte. Und das lebte ich seit 2004 intensiv. Bis zu dreimal pro Woche war ich in meiner aktivsten Zeit in der Turnhalle anzutreffen, war Leiterin in der Getu-Riege, Mitverantwortliche bei mehreren wiederkehrenden Anlässen und zuletzt als Verantwortliche Administration im OK des Oberländischen Turnfests an vorderster Front dabei. Wenn ich zurückblicke, habe ich mein halbes Leben im Turnverein verbracht. Die Menschen um mich herum sind zu meinen engsten Vertrauten und Freund:innen geworden. Der Turnverein ist und bleibt eine Familie: meine Turnerfamilie.
Und was nun? In einer mir doch noch sehr fremden Gegend? Wieder der Turnverein? Nein, das war mir von Anfang an klar. Für meine Bedürfnisse wird hier kein passendes Programm angeboten. Wie aber bleibe ich hier ohne Turnverein fit, wie werde ich heimisch? Wie lerne ich Menschen kennen, wie knüpfe ich hier Kontakte? Definitiv keine einfache Angelegenheit. Und so habe ich mich beim Frauenverein eingeschrieben. Dessen Mitglieder treffen sich einmal pro Woche zum gemeinsamen Walken. Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, jedenfalls etwas für ein Herdentier: während des gemeinsamen Gehens noch ein Kennlern-Schwatz.
Weil mir das aber noch nicht reicht, habe ich, trotz eher negativer Erfahrungen in der Vergangenheit, ein Abo in einem Fitnessstudio gelöst. Die ungezwungene, nur sich selbst verpflichtende Trainingsart ist doch noch sehr gewöhnungsbedürftig für mich. Kontakte knüpft man beim Training nebeneinander eher weniger. Da gibt es in der Garderobe statt einer herzlichen Umarmung ein flüchtiges «Hallo». Niemand reklamiert, wenn ich, statt Gewichte zu stemmen, mein Atelier vorziehe und dort werkle. Mein schlechtes Gewissen, mich zu drücken, besänftige ich dann rasch mit der Ausrede, dass ich ja zu Hause für mich und in einigen wenigen Trainingseinheiten in Frutigen mit meinem Team für die Team-Aerobic-SM Mitte Oktober trainiere. Das wird mein definitiver Abschluss des aktiven Vereinslebens sein. Endgültig. Aus und vorbei. Im Moment noch weit weg und kaum vorstellbar – und wohl endgültig der Start in ein einsameres Sportlerleben. Das wird eine Herausforderung werden.
FRANZISKA KAUFMANN
FR.KAUF@GMAIL.COM