LESERBRIEF ZU «DER PRÄSIDENT HAT GENUG», AUSGABE VOM 27. JANUAR
17.02.2023 LeserbriefChance verpasst
Faustus Furrer legt sein Amt als Gemeindepräsident von Frutigen nieder. Im «Frutigländer» zwischen den Zeilen zu lesen, im «Berner Oberländer» etwas deutlicher: Er hat Zweifel am Gemeinderat. Furrer ist ein Macher, ...
Chance verpasst
Faustus Furrer legt sein Amt als Gemeindepräsident von Frutigen nieder. Im «Frutigländer» zwischen den Zeilen zu lesen, im «Berner Oberländer» etwas deutlicher: Er hat Zweifel am Gemeinderat. Furrer ist ein Macher, er hat die Gemeinde in den letzten fünf Jahren nach bestem Wissen und Gewissen vertreten. Natürlich, wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Aber man kann ihm nicht vorwerfen, dass er nicht zu seiner Meinung steht. Und wie es scheint, will er daran auch nichts mehr ändern.
An zahlreichen Anlässen hat er versucht, die Gemeinde von ihrer besten Seite darzustellen. Seine unterhaltsamen und packenden Reden bleiben in Erinnerung. Was bei der Tellenburg einige vor ihm erfolglos versucht haben, ist ihm auf Anhieb gelungen: Wir haben heute einen grossen und schönen Burgplatz, eine Toilettenanlage und weitere Ideen für die Zukunft. Die Aufführungen des Freilichttheaters «Agnes von der Tellenburg» haben mehr als 5000 Personen besucht und ein neues Theaterprojekt läuft.
Wie kommt es also, dass dem Präsidenten der «Schnuuf» ausgeht? Es ist bekannt, dass ihm gesundheitliche Probleme zu schaffen machten. Aber die Angelegenheiten rund um das kommunale Bauamt haben ihm offenbar mehr zugesetzt als ihm lieb war. Auch wenn der Gemeinderat schreibt, im Ressort Bau werde «gute Arbeit geleistet», muss man davon ausgehen, dass die Anforderungen an einen Ressortchef tief angesetzt werden. Auch die vom Gemeinderat gewählte Formulierung, der vom Ressortchef als Unternehmer verfasste Brief sei «unglücklich» gewesen, lässt tief blicken. Wie gut diese Behörde ihre Arbeit leistet, konnte man im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Arbeitsvergabe lesen: «Das Verfahren war rechtswidrig.» Und schon wieder ist zu lesen, dass bei der Rinderwaldstrasse eine Beschwerde gegen die Arbeitsvergabe eingegangen ist. Das Bauressort bleibt also in der Kritik.
Furrer ärgert sich auch wegen liegen gebliebener wichtiger Dokumente. Ja, das ist ein Problem in Frutigen: Geschäfte werden verzögert – beispielsweise der Hochwasserschutz, die Verordnung über die neuen Messweisen im Bauwesen oder der Richtplan Gewässerraum – all diese offenen Geschäfte blockieren Bauvorhaben.
Ich finde es ausserordentlich schade, dass Faustus Furrer diesen Weg gehen muss. Wahrscheinlich hat er sich vom Gemeinderat zu wenig verstanden gefühlt. Sein Credo war, dass in einer Demokratie alle Bürger ein Anrecht auf Anhörung verdienen. Dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung.
HANSRUEDI MARTI, FRUTIGEN