Machen sich am Richebach-Märit «Ramsch-Stände» breit?
17.10.2025 Reichenbach, KientalGlänzende Kinderaugen, duftende Leckereien und geschäftiges Treiben: Der Richebach-Märit verspricht auch dieses Jahr wieder eine bunte Mischung aus Tradition, Begegnung und regionalem Handwerk – trotz einer unschönen Entwicklung im Vorjahr.
...Glänzende Kinderaugen, duftende Leckereien und geschäftiges Treiben: Der Richebach-Märit verspricht auch dieses Jahr wieder eine bunte Mischung aus Tradition, Begegnung und regionalem Handwerk – trotz einer unschönen Entwicklung im Vorjahr.
RACHEL HONEGGER
Am Montag ist es in Reichenbach wieder so weit: Der Tag, den viele Kinder sehnlichst erwarten und für den sie ihr Sackgeld sparen, um es dann in Süssigkeiten und Spielsachen zu investieren. Herbstzeit ist überall Märit-Zeit: Glänzende Kinderaugen, Essensdüfte, angeregte Gespräche, ein Hallo hier, ein Lachen dort, Staunen, Rufen, Drängeln – und natürlich all die Marktstände mit ihren vielfältigen Angeboten. All dies fügt sich zu einer unverkennbaren, flirrenden Atmosphäre zusammen und lockt die Bevölkerung auf die Strasse. Im Jahr 2024 konnte der Richebach-Märit im Vergleich zu den Vorjahren eine erfreuliche Zunahme an Besuchenden verzeichnen. Zugenommen hat aber auch eine eher unliebsame Entwicklung: Vermehrt boten Stände mit Ramsch-Spielzeug ohne regionalen Bezug ihre Waren feil.
Ein bisschen Glanz – und etwas zu viel Plastik
Zwischen all den lokalen und regionalen Angeboten mit hochwertigen Handwerksprodukten, hiesigen Schlemmereien und lokalen Dienstleistungsangeboten stachen diese «Exoten» ins Auge: Gleich mehrere Stände, die alle ein und daselbe Spielzeug feilboten. Nicht nur das Sortiment war bei diesen Ständen identisch, auch die Verkäuferschaft ähnelte sich. Dies ist auch Gemeinderatspräsident Martin Gerber aufgefallen: «Letztes Jahr hatte es sehr viele solcher Stände. Nach deren Adressen zu schliessen, kommen sie hauptsächlich aus der Westschweiz.»
Ob hier eine organisierte Gruppe dahintersteckt, was man bei dem identischen Verkaufssortiment vermuten könnte, oder ob es einzelne Anbieter sind, kann Martin Gerber nicht beantworten. Es deute nichts auf eine Organisation hin. Aber: «Am Märit-Tag schlagen diese Marktfahrer spontan am Morgen auf – und wenn wir im Vorfeld nicht alle Plätze besetzen konnten, dann füllen wir den Märit mit ihnen auf.»
Marktfahrer vom Aussterben bedroht
Anders sieht es in Frutigen aus. Freie Plätze sind dort kein Thema – im Gegenteil, sagt Simon Thönen, OK-Chef des Frutigmärits: «Wir haben eine Warteliste und immer genug Anmeldungen, das ist nie ein Problem.» Gedanken macht er sich aber, was die Zukunft betrifft: «Die Marktfahrer werden immer älter und sterben aus.»
Deswegen sei es umso wertvoller, dass ungefähr die Hälfte der etwas über 200 Stände vom lokalen Gewerbe und den Vereinen abgedeckt werde. Auch in Reichenbach sind das Gewerbe und die Vereine ein Herzstück des Märits. Warum in den letzten Jahren dennoch die Nachfrage nach Standplätzen leicht rückläufig war, ist nicht auszumachen. An den Kosten kann es kaum liegen: Für Einheimische ist ein Standplatz gratis, Externe bezahlen acht Franken pro Laufmeter. Die Gemeinde bietet gar eine gewisse Anzahl Verkaufstische für 20 Franken an, sollte es daran mangeln. Viel eher sieht Gerber das Problem darin, dass der Frutig- und der Richebach-Märit so nahe beieinanderliegen. «Dieses Jahr sind sie noch näher aufeinander: am Montag ist Märit in Reichenbach und gleich eine Woche darauf freitags in Frutigen.»
Herz und Seele bleiben erhalten
Allerdings ist Martin Gerber für den diesjährigen Märit sehr zuversichtlich gestimmt. 98 Stände von etwas über 100 seien besetzt, davon fünf mit Spielwaren. Ansonsten biete sich ein vielfältiges Angebot mit diversen Verkaufsprodukten. Und – besonders erfreulich – die Nachfrage habe wieder zugenommen: «Wir haben zehn neue Stände, die zum ersten Mal bei uns sind. Sie alle sind aus der angrenzenden Region. Das Angebot ist breit, von der Konfitüre über eine Hundeschule bis hin zu Verd.» Verd, erklärt Martin Gerber, ist die neue Bezahlplattform analog zu Twint, welche das Gewerbe und die Gemeinde in Reichenbach teils schon eingeführt haben, teils noch planen. Bei dieser Bezahlmethode sei im Vergleich zu Twint die Kommission für die Geschäfte kleiner. Ausserdem gehe ein gewisser Prozentsatz auf ein Konto, das dann der Kultur oder sozialen Zwecken in der Gemeinde zugutekommt.
Verd wurde von der Gemeinde angefragt, ob sie an einem Märitstand ihr Produkt der Bevölkerung näherbringen und erklären könnten. Denn dies sei im Sinne des lokalen Handwerks und der hiesigen Geschäfte, die ja das Herz und die Seele des Richebach-Märits sind. Und dieses Herz und diese Seele sind auch trotz einzelner Ramsch-Stände erhalten geblieben. Dafür spricht auch die Zunahme der Besucherzahl im letzten Jahr. Die Entwicklung mit den «fremden» Ramsch-Ständen werde man beobachten und falls nötig handeln.
Wie es scheint, sind bis jetzt sowohl die Marktanbieter wie auch die Bevölkerung glücklich mit ihrem Reichenbachmärit. Die Vorfreude steigt – und am Montag ist es wieder so weit: Herbstzeit ist Märit-Zeit!