Als die ersten Sonnenstrahlen am letzten Mittwoch über die Berghänge krochen, war Michael Meyer aus Spiez bereits unterwegs. Nicht zum ersten Mal – sondern zum 300. Mal. Sein Ziel: der Gipfel des Niesens, 2362 Meter über Meer. Ein Berg, der für viele ein ...
Als die ersten Sonnenstrahlen am letzten Mittwoch über die Berghänge krochen, war Michael Meyer aus Spiez bereits unterwegs. Nicht zum ersten Mal – sondern zum 300. Mal. Sein Ziel: der Gipfel des Niesens, 2362 Meter über Meer. Ein Berg, der für viele ein einmaliges Abenteuer bedeutet. Für Meyer wurde er zur täglichen Herausforderung, zur Passion und Bühne eines Weltrekords.
MICHAEL SCHINNERLING
Es war ein ehrgeiziges Ziel. Als die Niesenbahn ihre Saison eröffnete, fasste Meyer einen kühnen Entschluss: 300 Mal wollte er von Mülenen (692 m ü. M.) bis zum Gipfel laufen – ein Höhenunterschied von rund 1670 Metern. Nicht über Jahre verteilt, sondern in einer einzigen Saison. Ein Vorhaben, das Ausdauer, Disziplin und mentale Stärke verlangte. Schon 2023 hatte Meyer spontan 100 Läufe absolviert. Dieses Mal ging er mit Plan und GPS-Uhr ans Werk. «Ich wollte ab dem Frühling ein Polster an Läufen schaffen», sagte Meyer. «Denn im Herbst wird es früh dunkel. Und im Dunkeln laufe ich nicht gerne.»
Der Weg zum Rekord
Sein Tempo war beeindruckend: Im Juni absolvierte er bereits 107 Läufe, im Juli 141. Bis August hatte er schon 240 Mal den Gipfel erreicht. Manchmal lief er fünf bis sechs Mal am Tag den steilen Pfad hinauf – stets konzentriert, stets vorsichtig. «Ich teilte meine Kraft genau ein», erklärte der Läufer. «Schneller würde es schon gehen, aber dann bin ich ausgepowert – und könnte wohl weniger Male am Tag hochlaufen», so Meyer. Am 4. November um 5.30 Uhr startete Meyer zu seinem 299. Lauf. Um 8.45 Uhr folgte der finale Aufstieg, der 300. Lauf. Mit jedem Schritt kam er dem Ziel näher, das ihn monatelang motiviert hatte. Und als er den Gipfel erreichte, war es nicht nur ein persönlicher Triumph, sondern auch ein neuer Weltrekord: Der bisherige lag bei 185 Läufen in einer Saison – gehalten von Manfred Hoffmann aus Wimmis. «Ich laufe ja für mich und ich bin glücklich, mein Saisonziel erreicht zu haben.»
Begegnungen am Berg
Der Weg zum Niesen ist kein Spaziergang. Meyer kennt jede Kurve, jeden Stein. Er konzentriert sich auf den Pfad – und auch auf die Aussicht. Doch manchmal wird er überrascht, etwa wenn ihm eine Gemsenfamilie den Weg kreuzt. Dann bleibt er stehen, wartet geduldig, geniesst den Moment. «Man muss den Berg respektieren», sagt er. «Und alles, was darauf lebt.» In seiner Freizeit ist Meyer auch in der Bergrettung aktiv, Mitglied beim Schweizer Alpen-Club. Das Bergsteigen ist für ihn mehr als ein Hobby – es ist Teil seiner Identität. Nicolas Overney von der Niesenbahn bringt es auf den Punkt: «Es ist beeindruckend, wie konsequent Meyer sein Hobby durchzieht. Gratulation zu dieser Leistung.» Und Meyer liess wissen: «Ich laufe wohl noch ein paar Mal bis zum Saisonschluss.»
Die Saison der Niesenbahn wird um zwei Tage verlängert, bis und mit Dienstag, 11. November 2025. Folgendes Angebot besteht an den beiden Tagen:
• Je eine Sonnenaufgangsfahrt
• Brunch
• Mittagessen (â la carte)
• letzte Talfahrt: 17:45 Uhr