Während die ersten Kühe bereits bei der Talstation am Unter dem Birg frisches Gras fressen, steht Familie Germann mit ihren 88 Kühen, Rindern, Kälbern und Ziegen in Hinterengstligen um 8 Uhr noch in den Startlöchern. Gestaffelt im 30-Minuten-Takt ziehen die ...
Während die ersten Kühe bereits bei der Talstation am Unter dem Birg frisches Gras fressen, steht Familie Germann mit ihren 88 Kühen, Rindern, Kälbern und Ziegen in Hinterengstligen um 8 Uhr noch in den Startlöchern. Gestaffelt im 30-Minuten-Takt ziehen die zwölf Parteien der Engstligenalp zurück ins Tal.
Zwar sind die über 500 Tiere auf der Alp von keinen Zäunen getrennt und untereinander vertraut. Der zeitliche Abstand dient aufgrund des schmalen Weges über die Felsen hinunter lediglich der Sicherheit. Kurz vor Sonnenaufgang erscheint hinten der Zug und in vollem Karacho rennen das Vieh und entsprechend die Älpler Richtung Plateau und Wasserfall. Pflichtbewusst machen die zwei Kinder mit den Ziegen den Schluss der Züglete. «So wie sie im Frühsommer nach den frischen Alpkräutern drängen, spüren die Tiere, wenn die Alpzeit zu Ende geht. Die Weide ist kahl und es wird kälter. Das Veh geht dann auch gerne wieder talwärts», erklärt David Germann.
Nach dem «Zügle» folgt der «Kuhhandel»
Um halb zehn trifft der Küher beim Unter dem Birg ein. Alles ist gut gegangen. Ein sehr guter Alpsommer geht zu Ende. Während die Helfer den Kühen die schweren Glocken und Treicheln abnehmen und andere Bauern, die ihre Tiere zum Sömmern auf die Alp gegeben haben, diese mit «Vehbännen» abholen, steht David Germann beim Viehhändler. Beim Engstligen-Viehmarkt hat er nämlich zwei Kühe in den Kanton Freiburg verkauft. Diese werden nun abgeholt. Sobald der «Kuhhandel» abgeschlossen ist, trommelt der Bauer seine Leute zusammen. Sie sind zum Kaffee im Restaurant Bergbach eingeladen.
Für die einen ein Spektakel, für die anderen Routine
Am Montagmorgen wird David Germann seine Tiere «chötte» (rufen), «sie werden schon kommen», zeigt er sich zuversichtlich. Schliesslich fänden sie zum Melken auch immer zu ihm.
Dann geht es für Germanns weiter Richtung Ausserschwand Port. Auf der Dorfstrasse wird der Umzug bewundert, viele Fotos werden geknipst. Erst nach etwa 14 Tagen in der Weide werden die Kühe im Egerenschwand, zu Hause, ankommen. Was für die Schaulustigen ein gewaltiges Spektakel ist, ist für die Familie Germann Routine – eine Tradition, die seit Generationen mit viel Herzblut gepflegt wird.
RUTH STETTLER