Mitreissende und berührende Jazzklänge
19.08.2025 KulturAm vergangenen Samstagabend, dem 16. August, fand hoch ob Adelboden das Vorabkonzert zum Swiss Chamber Music Festival statt. Unter dem Titel «Tschenten im Dreiviertelmond» spielte die bekannte Saxophonistin Nicole Johänntgen mit ihrem Trio feinste Jazzmusik.
...Am vergangenen Samstagabend, dem 16. August, fand hoch ob Adelboden das Vorabkonzert zum Swiss Chamber Music Festival statt. Unter dem Titel «Tschenten im Dreiviertelmond» spielte die bekannte Saxophonistin Nicole Johänntgen mit ihrem Trio feinste Jazzmusik.
Verregneter Abend forderte Flexibilität
Es hätte so schön sein können: Das Mondlicht, das die Tschentenalp in eine mystische Stimmung versetzt, das Bergpanorama, gutes Essen und sinnlicher Jazz. Leider spielte das Wetter nicht mit. Die Berge waren wolkenverhangen und Starkregen verunmöglichte es Nicole Johänntgen und ihren Mitmusikern, das aktuelle Album «Labyrinth II» auf der Terrasse anzustimmen. Das Trio nahm es gelassen und nach mehrmaligem Umstellen der «Bühne» konnten sie im Restaurant an der Wärme schliesslich loslegen.
Was versteht man unter dem Begriff Kammermusik?
Vorgängig begrüsste die Intendantin des Swiss Chamber Music Festivals, Christine Lüthi, die Zuhörenden und erklärte, dass nun aufgrund des Wetters das Konzert drinnen statt!nden müsse, die Besucher deshalb aber in den Genuss von eigentlicher Kammermusik kämen. Diese Art von Musik wird unverstärkt (wäre auf der Terrasse nicht der Fall gewesen) und mit zwei bis neun InterpretInnen in intimem Rahmen (Kammer) gespielt.
Jede Musikstimme ist nur einmal besetzt und das Ensemble wird nicht von einem Dirigenten geführt. «Kammermusik ist zwar vorwiegend klassischer Natur, aber man darf das nicht so eng sehen.
Nicole Johänntgen erfüllt diese Voraussetzungen durchaus und passt durch ihren Bezug zur Klassik gut zum Festival», meinte Lüthi.
Ungewöhnliche Besetzung weckte Emotionen
Nicole Johänntgen freute sich sehr über die Einladung ins Berner Oberland und für einmal in ungewohntem Rahmen spielen zu dürfen. Durch ihren Mann hat sie einen Bezug zu dieser Gegend und erholt sich auch gerne dort. Von Anfang an zog sie das Publikum mit ihrer sprühenden Spielfreude in den Bann. Begleitet wurde sie von Jon Hansen (Tuba) und David Stauffacher (Perkussion). Sie spielten Stücke aus ihrem neuen gemeinsamen Album. Johänntgens sinnliches Melodienspiel und ihre Technikvielfalt verschmolzen mit der pulsierenden Tuba und den feingliedrigen Rhythmen zu einem jazzigen Feuerwerk.
Ihre Musik ist mal dynamisch, wuchtig und mit einer Portion Groove versehen, dann wieder zärtlich, sanft und eingängig. Nicole Johänntgen holte alles aus ihrem Instrument heraus und entlockte dem Saxophon die verschiedensten Klänge, von melancholisch leise bis zu wild ekstatisch, immer überraschend und voller Emotionen. Sie begreift Jazz als Freiheit im Spiel, improvisiert gerne und lässt sich auf Neues ein. Seit 2022 bildet sie mit ihren beiden Musikerkollegen, die sie hervorragend in ihrem Spiel unterstützten, ein Trio. Die Zuhörenden spendeten nach jedem Stück kräftigen Applaus und forderten frenetisch klatschend eine Zugabe.
CORINA SCHRANZ-LINDT
ZUR PERSON
Nicole Johänntgen wuchs in Deutschland auf und entstammt einer musikalischen Familie. Mit sechs Jahren !ng sie mit dem klassischen Klavierspiel an, im Alter von zwölf Jahren wechselte sie auf Altsaxophon. Der Auftritt einer Band im Fernsehen mit einer Frau am Saxophon imponierte ihr derart, dass sie sich dazu entschloss, dieses Instrument zu erlernen, ohne aber die klassische Musik und das Klavierspiel zu vergessen. Bereits nach einem Jahr durfte sie die Tanzband ihres Vaters auf dem Saxophon begleiten. Sie spielte zu dieser Zeit auch in verschiedenen Jazz-Combos sowie im Jugendjazzorchester des Saarlandes. Bis 2005 studierte sie an der Staatlichen Hochschule für Musik in Mannheim. Anschliessend absolvierte sie dort während einem Jahr ein Aufbaustudium in Komposition und Musikarrangement.
Sie spielte schon mit vielen namhaften MusikerInnen zusammen, unter anderen mit Roger Cicero und der skandinavischen Sängerin Caecilie Norby. Nicole Johänntgen ist offen für viele Musikrichtungen und lässt sich für ihren Jazz auch von Klassik, Funk und Filmmusik inspirieren. Sie gewann sieben internationale Awards und ist auf Instagram und TikTok eine der erfolgreichsten SaxophonistInnen.