QUERGESEHEN
Man weiss ja inzwischen, wie bedeutungslos ein kleines Land wie die Schweiz in der Welt ist: Grossmächte wie Trumps USA springen nach Belieben mit uns um; niemand – auch nicht die Europäische Union – ist auf uns angewiesen.
Da ...
QUERGESEHEN
Man weiss ja inzwischen, wie bedeutungslos ein kleines Land wie die Schweiz in der Welt ist: Grossmächte wie Trumps USA springen nach Belieben mit uns um; niemand – auch nicht die Europäische Union – ist auf uns angewiesen.
Da wir uns nun an diese Einsicht gewöhnt haben, sollte auch ein Blick auf die kulturelle Vernachlässigbarkeit der Schweiz zu verkraften sein. Also los: Haben wir irgendwelche prominenten Musiker hervorgebracht? Fehlanzeige – Händel, Bach und Beethoven waren Deutsche. Kein Wunder, Deutschland ist so viel grösser ... doch Mozart, Haydn, Strauss, Schubert stammten alle aus dem kleinen Österreich. Volksmusik aus Irland oder Kuba findet weltweite Resonanz – unsere bleibt provinziell. Kein Rossini, Verdi oder Vivaldi ist der Eidgenossenschaft entsprungen. Ach, Italien, Heimat von Leonardo da Vinci und Michelangelo! Da können unsere Hodlers und Ankers nicht mithalten. Auch nicht mit Picasso, Monet und Rembrandt.
Und wie steht es um die Literatur? Gut, wir haben Frisch und Dürrenmatt – aber sie sind zweitrangig gegenüber Dante, Shakespeare, Goethe, Schiller oder Voltaire. Rousseau, der Genfer Philosoph, war zeitlebens nach Frankreich orientiert; Kant war Deutscher. Wie Albert Einstein, der später – neben der schweizerischen – auch die amerikanische Staatsbürgerschaft erwarb; sein Wirken in der Schweiz war kurz. Und wenn wir den Kulturbegriff noch weiter fassen: Jaguar, Mercedes, Ferrari, Maserati, Lamborghini – welch klingend unschweizerische Namen! Kleinstaaten eignen sich nicht für die Automobilindustrie? Bitte, das bevölkerungsmässig ähnliche Schweden hat immerhin die Marken Saab und Volvo geschaffen.
Kurzum: Unser Beitrag an Europas Kulturschätze ist kaum wahrnehmbar. Mit der einzigen Ausnahme des Bauwesens
– Schweizer Architekten wie Peter Zumthor, Herzog & de Meuron und Mario Botta gehören zu den renommiertesten Baukünstlern der Welt. Vielleicht ist das kein Zufall, denn in dieser Kultursparte lässt sich am ehesten gutes Geld verdienen. Wenigstens eine Disziplin, in der unser Land das Mittelmass deutlich überschreitet.
TONI KOLLER
TONI_KOLLER@BLUEWIN.CH
REDAKTION@FRUTIGLAENDER.CH