Oldtimergeschichten am Fusse des Wildstrubels
29.07.2025 AdelbodenUm Jahrzehnte zurück versetzt fühlte sich, wer am Sonntagnachmittag das Lohnerdorf besuchte. Dort fanden das 13. Adelbodner Oldtimertreffen und der Koffermärit statt. Die Oldies von A wie Audi Quattro Coupé bis V wie VW Käfer sorgten einmal mehr für grosses ...
Um Jahrzehnte zurück versetzt fühlte sich, wer am Sonntagnachmittag das Lohnerdorf besuchte. Dort fanden das 13. Adelbodner Oldtimertreffen und der Koffermärit statt. Die Oldies von A wie Audi Quattro Coupé bis V wie VW Käfer sorgten einmal mehr für grosses Interesse und begeisterten mit Anekdoten und Geschichten zuhauf.
Erneut durfte der Berichterstatter dieses Jahr für die Anreise ans Oldtimertreffen in Adelboden in einem klassischen Fahrzeug mitfahren. Voller Freude setzte er sich in einer Oldtimergarage in Frutigen ins komfortabel gepolsterte, dunkelblaue Gestühl eines 45-jährigen BMW 520. Im Kontrast zur üppigen Polsterung herrschte im Fahrzeuginnenraum Purismus vor. Wer braucht schon eine neuzeitliche Bildschirmlandschaft, wenn analoge Cockpitanzeigen die notwendigen Informationen zeigen und ein klassisches Blaupunkt-Autoradio für Unterhaltung sorgt? Authentisch ging es somit hoch nach Adelboden. Vor der Einfahrt auf die Dorfstrasse galt es vorerst einmal ausserhalb des Zentrums zu warten. Dies wurde selbstverständlich ausgiebig für die unter Oldtimerfans üblichen «Benzingespräche» und fürs Bewundern der von nah und fern angereisten Preziosen auf vier Rädern genutzt. Darunter fanden sich einmal mehr etliche der kultigen VW Käfer, deren Fangemeinde auch jüngere Menschen umfasst.
Englische Gerüche und begeisternde Vibrationen
So stand denn auch ein rund 35-jähriger Mann mit seinem Nachwuchs neben einem 60-jährigen, hellblauen Exemplar des deutschen Automobilklassikers. Im Gespräch mit dem Familienvater kam einmal mehr eine Familiengeschichte zum Vorschein, was in Oldtimerkreisen nicht unüblich ist. In jenem Fall hatte der Grossvater einen VW Käfer besessen. Zu Grossvaters Zeiten wurden damit mit vier Kindern und einem Vogelkä!g im Fond Pässefahrten unternommen. Derlei von seinem Vater überlieferte Erzählungen weckten beim jungen Oldtimerfahrer die Faszination für den charakteristisch geformten blechernen Käfer. Er habe denn auch lange suchen müssen, um ein Gefährt in diesem Zustand zu !nden, erklärte der begeisterte Eigentümer und verwies dabei auch auf die Patina des original erhaltenen, einfachen Interieurs.
Bedeutend nobler präsentierte sich der Innenraum eines raren Klassikers aus Grossbritannien. Leder und Holz im Innern des MG Magnette ZA verbreiteten eine gemütliche, gehobene englische Landhausatmosphäre. «Es ist bequem wie eine Polstergruppe», erklärte der ältere Eigentümer der Limousine aus den 1950er-Jahren. Dieser lobte mit spürbarer Freude auch das sehr agile, gute Fahrverhalten des Oldtimers. Demgegenüber war seiner Ehefrau der vor den Restaurationen im Innenraum typisch englische Geruch aufgefallen. Dass ältere Fahrzeuge verschiedenste Sinne ansprechen, wurde auch im Austausch mit einer Gruppe automobilbegeisterter Männer klar. Einer von ihnen war mit einem Audi Quattro Coupé, Jahrgang 1982, aus dem Seeland ins Lohnerdorf gefahren. Sofort schwärmte er von Eigenschaften wie dem faszinierenden Klang des Fünfzylindertriebwerks oder den ganz eigenen Vibrationen.
Geparkte Jugenderinnerungen
Dass Marcel Brehm dieses sportliche, knallgelbe Fahrzeug seit nunmehr 30 Jahren besitzt, !ndet Ursprung in seiner Kindheit. Jahrzehnte zurück durfte er mal in einem Audi Quattro Coupé mitfahren und war begeistert. Diese Begeisterung teilte er nun mit dem Berichterstatter, der für die Fahrt ins Dorfzentrum auf dem Beifahrersitz Platz nehmen durfte. Braun, schwarz und grau gemusterte Stoffe, schwarzes Plastik sowie graues Leder: so präsentierte sich also das Interieur eines vor rund 40 Jahren fortschrittlichen Sportcoupés. Und, im Cockpit hatte der digitale Wandel bereits damals Einzug gehalten. Grün leuchtende Digitalanzeigen zeigten unter anderem Geschwindigkeit und Drehzahl an. Demgegenüber war der ebenfalls im Lohnerdorf parkierte Renault 4 de!nitiv altmodisch.
Offenbar verfügte das französische Kultgefährt nicht einmal über eine Kindersicherung. Auf jeden Fall hätten sich während der Fahrt die Türen öffnen lassen, erinnerte sich ein Familienvater an seine Kindheit in den früheren 1980er-Jahren zurück. Erinnerungen an frühere Lebensjahre kamen aber auch bei Alfred Zumbach vom OK Oldtimertreffen Adelboden auf. So hatte er doch eine klassische Citroén-Limousine, die er einige Jahrzehnte zurück ebenfalls gefahren war, entdeckt.
Er zog denn auch ein positives Fazit zum Anlass, der nicht zuletzt einer der Höhepunkte im Sommerkalender von Adelboden sei. Einerseits !el ihm das sehr grosse Interesse von Gästen und Einheimischen auf und andererseits erfreute er sich auch über relativ viele zuvor noch nie am Treffen repräsentierte Fahrzeuge.
Positive Meldungen gab es darüber hinaus vom Koffermärit. Dort wurde an mehreren Ständen liebevoll in alten Koffern präsentierte Ware, von gebackenen Leckereien über Schmuck bis hin zu Textilien, angeboten. Zwei Standbetreiberinnen, die unter anderem Amaretti, Bretzeli und Schlüferli verkauften, bestätigten: «Wir sind zufrieden.»
MICHAEL MAURER