«Ostern: Ein Fest der Hoffnung»
15.04.2025 Frutigen, AllerleiIn einer Welt, die oft nur den Tod als Gewissheit kennt, strahlt Ostern als Hoffnungszeichen: Jesus durchbrach den Tod und schenkt uns eine Hoffnung, die allen Stürmen standhält. Mehr als ein Feiertag ist Ostern ein Fest der Zuversicht – das Versprechen, dass selbst die ...
In einer Welt, die oft nur den Tod als Gewissheit kennt, strahlt Ostern als Hoffnungszeichen: Jesus durchbrach den Tod und schenkt uns eine Hoffnung, die allen Stürmen standhält. Mehr als ein Feiertag ist Ostern ein Fest der Zuversicht – das Versprechen, dass selbst die tiefste Nacht ein Morgenlicht erwartet. Nach jedem Karfreitag der Trauer folgt ein Ostermorgen voll neuer Möglichkeiten.
Mit Ostern erwacht die Natur: Knospen platzen auf, milde Lüfte wehen, und der Frühling hüllt die Felder in neues Leben. Doch das Wunder von Ostern geschieht nicht nur am leeren Grab – es lebt heute in uns. In der Güte zwischen Nachbarn, im Tragen gemeinsamer Lasten, im stillen Mut, der immer wieder aufsteht.
Vor einigen Jahren erlebte ich in einer Pfarrei eine Geschichte, die für mich die österliche Hoffnung bis heute lebendig hält. Es war Frühling, die Wiesen leuchteten in frischem Grün, und Narzissen nickten im Wind.
Doch für eine Familie lag ein Schatten über dieser Zeit. Ihre Metzgerei, erfüllt vom Duft warmen Brotes und herzhafter Wurst, kämpfte ums Überleben. Ein defekter Kühlraum, hohe Energiekosten und schwindende Kundschaft hatten sie entkräftet. An einem frostigen Nachmittag, während der Wind leise an den Fensterläden rüttelte, sass ich mit Annie in der Stube hinter dem Laden. Ihre Hände, sonst flink beim Schneiden, lagen still wie welkes Laub. «Wir haben alles gegeben», flüsterte sie, die Augen müde. Tom, ihr Mann, schwieg, seine Stirn gefurcht vor Sorge. Ihre Kinder spielten draussen, ihr Lachen ein zarter Widerhall trotz der schweren Luft im Haus.
Ich betete mit ihnen, sprach Mut zu – doch Worte allein reichen oft nicht. Hoffnung braucht Wurzeln, braucht Gemeinschaft. Mit ihrer Zustimmung wandte ich mich vertraulich an die Gemeinde. Was dann geschah, war wie ein Frühlingsregen, der die Erde weckt: Ein pensionierter Elektriker kam mit seinem Werkzeugkasten und brachte den Kühlraum wieder zum Summen. Frauen aus der Kirchgemeinde riefen Nachbarn an, um Kunden zurückzuholen. Nach dem Sonntagsgottesdienst, als die ersten Knospen an den Kirschbäumen aufbrachen, trugen Familien Körbe herbei – Kartoffeln, frischen Zopf, Kuchen – und sagten schlicht: «Ihr schafft das.» Die Kinder der Sonntagsschule malten Plakate und verteilten Osterkarten, ihr Kichern tanzte zwischen den Wurstregalen wie Schmetterlinge.
Zu Ostern erblühte die Metzgerei neu. Die Theke quoll über, die Kasse sang, und der Duft frischer Backwaren mischte sich mit dem süssen Hauch von Flieder, der durchs offene Fenster zog.
Die Familie kam gemeinsam zum Ostergottesdienst. Ihre Kinder trugen selbst bemalte Kerzen, ihre Gesichter strahlten wie die Morgensonne. Nach dem Gottesdienst, während die Glocken über die erwachenden Felder hallten, nahm Annie meine Hand. Tränen glitzerten in ihren Augen. «Wir dachten, unser Karfreitag würde nie enden», sagte sie. «Ihr habt uns Ostern geschenkt.» In diesem Moment, umgeben vom Duft blühender Narzissen und dem Klang neuer Hoffnung, spürte ich die Auferstehung. Keine ferne Geschichte, sondern eine lebendige Kraft, die Wurzeln schlägt, wo Menschen einander tragen. Hoffnung ist kein einsamer Trieb – sie ist ein Netz, gewoben aus geteilten Mahlen, stillen Gebeten, ausgestreckten Händen.
Möge dieses Osterfest, mit seinem Licht und dem Atem des Frühlings, uns erinnern: Hoffnung lebt. Sie blüht. Und sie wächst, wenn wir sie teilen – heute, morgen, an jedem neuen Morgen, der dem Dunkel folgt.