«Pippo» schwärmt für die schwarzen Vierbeiner aus Japan

  13.06.2023 Krattigen

Die Rinder der Rasse Wagyu haben es Philipp Luginbühl angetan. Der Bauer erzählt von den Anfangsschwierigkeiten bei der Zucht und vom Genuss des bekömmlichen Fleisches.

HANS HEIMANN
«Am Anfang hatte ich mit Problemen zu kämpfen», blickt Philipp Luginbühl zurück. Das erste Wagyu-Kalb aus seiner Zucht litt etwa zwei Monate nach der Geburt an Durchfall, und es sah nicht so aus, als ob es sich davon erholen würde. Der Krattiger, seit seiner Teenagerzeit auch «Pippo» genannt, glaubte schon fast nicht mehr daran und war entsprechend erleichtert, als es doch noch passierte: «Das Kalb überstand die Krankheit und wurde gesund.»

Seither züchtet und verkauft Luginbühl die exotischen Tiere mit Erfolg. Seine Partnerin Eveline Rufener unterstützt ihn bei der Vermarktung und hilft auch im 20 Hektaren grossen Betrieb mit, der sich je zur Hälfte in Krattigen und in Leissigen befindet. Neben Rindern fühlen sich auch Esel, Truten sowie eine kleine Herde Zwergzebus (indische Kühe) wohl.

Erster Export in die USA
Nebst den Rassen Simmental, Swiss Fleckvieh, Red Holstein oder Jersey weiden seit einigen Jahren auch die Wagyu-Rinder auf den Weiden des 37-Jährigen. «Wa» steht für Japan und «Gyu» bedeutet Kuh, dieser Name wird ausserhalb Japans für die Tajima-Rinder benutzt. Tiere dieser Rasse waren ursprünglich Arbeitstiere, unter anderem auf den Reisfeldern. Deren Zucht hatte zum Ziel, gute Zugtiere zu produzieren. Dadurch wiesen sie mehr intramuskuläre Fettzellen auf, was als Marmorierung bezeichnet wird. Nachdem sich der Inselstaat 1868 für den Handel mit den westlichen Ländern geöffnet hatte und von der Hafenstadt Kobe aus erstmals Tajima-Rinder exportiert wurden, bürgerte sich das Synonym «Kobe Beef» für diese Gattung ein. Wie die Rinder nach Europa kamen, erklärt Luginbühl folgendermassen: «Die amerikanische Rindfleischindustrie wurde auf dieses Qualitätsfleisch aufmerksam und importierte Tiere anfänglich zu wissenschaftlichen Zwecken in die USA. Später folgten Exporte nach Australien, Kanada und auch nach Europa.»

Reeller Verkaufspreis
In die Schweiz gelangten lebende Rinder sowie Embryonen oder Samen vor rund zehn Jahren. Für das Fleisch werden hohe Preise aufgerufen. Was Luginbühl an der Haltung dieser Rasse fasziniert, ist aber nicht der Geldwert. «Es sind sehr liebe Tiere und sie haben einen guten Charakter», findet er und betont, dass das Fleisch aufgrund der Marmorierung sehr schmackhaft sei und eine schnelle Sättigung bewirke. «Pippo» ist ein bekennender Fleischliebhaber, der gerne grilliert und Fleischstücke dieser japanischen Rindersorte nur ganz leicht oder gar nicht würzt.

Der gelernte Fleischfachmann, der seine Tiere eigenhändig im Schlachthaus Reichenbach von A bis Z verarbeitet, bietet im Direktverkauf Mischpakete an. Deren Preis sei gerechtfertigt, da die Haltung der Tiere bis zur Schlachtreife länger dauere als etwa bei Schweizer Rindern. Zudem stamme dieses Fleisch aus der Region und die Tiere hätten kurze Transportwege vom Hof zum Schlachthaus hinter sich – und das sei doch etwas, das verantwortungsvolle Konsumenten ansprechen sollte.

Alles aus einer Hand
Demnächst wird er wieder ein Wagyu-Rind schlachten und dieses ab Mitte Juli verkaufen. Seinen Abnehmern gibt er besondere Zubereitungstipps: «Der Konsument muss sich bewusst sein, dass dieses Fleisch äussert zart ist und einen kurzen Garprozess benötigt.» Besonders beliebt seien neben den Edelstücken auch seine Würste aus Wagyu-Rindfleisch. Seine Ware bietet er jeweils auch am Markt in Krattigen oder auf seiner Website an.

Auch wenn der Anfang nicht leicht gewesen sei und er mit der Zucht der Tiere nicht reich werden könne: Er würde sich immer wieder diese schwarzen asiatischen Rinder auf seinen Hof holen.


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