Viele haben sie schon beachtet, die Tafeln an den Aussenmauern der Kirche Frutigen, und viele dürften sich gefragt haben, wem zu Ehren sie stehen. Drei aufeinanderfolgende Artikel im «Frutigländer» sollen etwas Licht in dieses Mysterium bringen.
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Viele haben sie schon beachtet, die Tafeln an den Aussenmauern der Kirche Frutigen, und viele dürften sich gefragt haben, wem zu Ehren sie stehen. Drei aufeinanderfolgende Artikel im «Frutigländer» sollen etwas Licht in dieses Mysterium bringen.
Die älteste Tafel, jene beim Seiteneingang auf der Südseite der Kirche, ist in Latein geschrieben und wurde zu Ehren von Daniel von Herff im Jahr 1730 angebracht, also kurz nach dem Wiederaufbau der Kirche nach dem Brand von 1726. Auf Deutsch heisst der Text (übersetzt mit Hilfe künstlicher Intelligenz):
Hier ruht
der edle Herr Daniel von Herff
aus Strassburg, Bürger von Bern,
ein Mann, gebildet in geistlichen und weltlichen Wissenschaften,
wahrhaft fromm gegenüber Gott, voller Liebe zum Nächsten,
wahrhaft ausgezeichnet,
ledig, keusch und fromm, lebte nicht für die Welt, nicht für sich,
sondern für Gott.
Gestorben in den Thermen von Leuk am zwölften Tag vor den
Kalenden des Augusts*
im 56. Lebensjahr.
Seine einzige, tief betrübte Schwester Esther von Herff,
Ehefrau des edlen Herrn Johann Jakob Sinner, Ritters und
ehemaligen Landvogts von Lausanne,
liess dieses Denkmal für ihren besten Bruder errichten
im Jahr 1730.
(* das bedeutet: am 21. Juli)
Wer war Daniel von Herff?
Daniel von Herff (1675–1730) aus Strassburg war Spross eines wallonischen Adelsgeschlechts. Er kam 1699 von Strassburg nach Bern, vermutlich, weil seine ältere Schwester Esther von Herff (1672–1749) hier lebte. Sie war seit 1696 mit dem Berner Patrizier Johann Jakob Sinner (1666–1758) verheiratet. Weil von Herff Erfahrung in der Tuchherstellung hatte, wurde er von der Regierung damit beauftragt, eine Tuchmanufaktur aufzubauen, also eine fabrikmässige Weberei. Damals versuchte die Regierung, den Kanton Bern zu industrialisieren.
Daniel von Herff gründete zusammen mit einem Berner namens Sinner (vielleicht mit Johann Jakob, seinem Schwager) die Firma Sinner & Herff.
Die Regierung stellte Kapital und Fabrikräume im alten Predigerkloster zur Verfügung, die nötige Walke und Färberei wurde in Holligen (zwischen Bern und Bümpliz) eingerichtet, wo am Stadtbach Wasserkraft zur Verfügung stand.
Kein Erfolg mit der Tuchproduktion
Die Tuchmanufaktur war nicht erfolgreich und nach langen Verhandlungen wurde sie 1711 eingestellt. Die Regierung verlangte ihr Geld zurück, was zu Prozessen führte, die erst 1724 mit einer Einigung abgeschlossen wurden.
Wahrscheinlich suchte Daniel von Herff in Leukerbad Heilung von einer Krankheit. Näheres ist aber nicht überliefert, ebenso wenig die Umstände seines Todes. Da es in Leukerbad keinen reformierten Friedhof gab, wurde der Leichnam zur Bestattung nach Frutigen gebracht. Dieser Transport dürfte ausserordentlich anstrengend gewesen sein. Den jetzigen Felsenweg auf die Gemmi gab es noch nicht (er wurde erst 1739/40 erbaut), sondern nur einen mühsamen älteren Weg, der stückweise über Bretter verlief, die in die Felswand gehängt worden waren. Auch die fahrbare Strasse nach Frutigen wurde erst zehn Jahre später gebaut; der Verstorbene musste also bis Frutigen getragen werden.
HANS EGLI