FLACHMANNS HEIL!
Freunde des gepflegten Tröpfchens mussten schon so manche Kränkung schlucken. Seit Ende des 19. Jahrhunderts versucht man beharrlich, ihnen den Alkoholgenuss madig zu machen. Damals, vor gut 140 Jahren, war Selbstgebrannter praktisch an jeder ...
FLACHMANNS HEIL!
Freunde des gepflegten Tröpfchens mussten schon so manche Kränkung schlucken. Seit Ende des 19. Jahrhunderts versucht man beharrlich, ihnen den Alkoholgenuss madig zu machen. Damals, vor gut 140 Jahren, war Selbstgebrannter praktisch an jeder Ecke verfügbar. Wer wollte, konnte sich hemmungslos und vor allem günstig betrinken. Weil das offenbar sehr viele Schweizer wollten, formierte sich um 1900 herum eine Allianz gegen den Alkoholkonsum. Bürgerliche ereiferten sich über die besonders unter Arbeitern grassierende «Schnapspest». Auf der anderen Seite des politischen Spektrums wurde der Sozialistische Abstinentenbund der Schweiz (SAB) gegründet. Auch der Bundesrat ging in die Offensive. Um den «Saufteufel» zu verjagen und das «Erbübel des Proletariats» zu bekämfen, verlangte er fortan Steuern auf Kartoffel- und Getreideschnaps und begann, den «Handel mit geistigen Getränken» zu regulieren.
Ein paar Jahrzehnte später wies der Bund alkoholisierte Autofahrer in die Schranken, indem er erstmals eine Promillegrenze einführte. Und jetzt soll – zumindest im Kanton Bern – auch noch eines der geselligsten Hobbys der Schweizer dran glauben: die Jagd! Der grünliberale Grossrat Casimir von Arx will das Jagen unter Alkoholeinfluss verbieten. Angeblich will er das aus Tierschutzgründen. Doch wie ein aus dem Tal stammender SVP-Jungpolitiker anmerkt, steckt dahinter wohl nur die Lust am Regulieren. Der Regierungsrat sieht denn auch keinen Handlungsbedarf. Bereits heute sei es möglich, Personen von der Jagd auszuschliessen, die «dem Alkohol in einem Mass zusprechen, das mit der Jagdausübung nicht vereinbar ist». Auch die Berner Jäger wollen von einem Alkoholverbot nichts wissen: Im Kanton Bern sei noch kein Tier zu Schaden gekommen, weil ein Jäger zu tief ins Glas geschaut habe. Andersherum ist die Gefahr ja auch viel grösser! 2019 machte ein beschwipster Waschbär Schlagzeilen, der auf einem Weihnachtsmarkt zu viel Glühwein genascht hatte und desorientiert über den Platz torkelte. Es musste erst ein (nüchterner!) Jäger kommen und das Tier abschiessen, damit die Marktbesucher wieder in Sicherheit waren.
BIANCA HÜSING
B.HUESING@FRUTIGLAENDER.CH