EINARBEITEN, TOT STELLEN

Wer einen neuen Job anfängt, braucht immer erst eine gewisse Einarbeitungszeit. Je nach Art des Jobs und Auffassungsgabe des Neulings kann das schon mal dauern. Rekordhalterin in dieser Disziplin ist die Billag-Nachfolgerin Serafe, die sich seit über drei Jahren erfolglos einarbeitet.
Die erste Rechnung von 2019 hat mich ja noch amüsiert. Damals wurden eine Nachbarin und ich trotz eigener Wohnungen als WG eingestuft. Weil auf unsere Fehlermeldung an die Serafe keinerlei Reaktion erfolgte, fügten wir uns unserem Sparschicksal und zahlten die Rundfunkgebühren eben wie gefordert: geteilt durch zwei. Ein Jahr später hat sich meine vermeintliche Mitbewohnerin wie durch Zauberhand verdoppelt: Obwohl sie mittlerweile sogar in einem anderen Stadtteil wohnte, stand sie wieder mit auf meiner Rechnung – und bekam obendrein noch eine eigene. Nach erneuter Beschwerde verwies die Serafe uns an die Einwohnerbehörde, die dann dreieinhalb Monate brauchte, um auf unsere E-Mail zu antworten (man arbeitet sich dort offenbar gerade ins Internetzeitalter ein) und uns an die Serafe zurückzuverweisen.
Nach Unmengen verschwendeter Energie (und mithilfe eines Freundes, der in der Einwohnerbehörde arbeitet) geschah schliesslich ein Wunder: Die Rechnungen 2021 und 2022 waren korrekt! Doch diese quasireligiöse Erfahrung sollte nicht lange vorhalten. Letzten Freitag flatterte mir eine Nachzahlungsaufforderung für die bereits abgerechneten Jahre 2020 und 2021 ins Haus. Wieder mit im Boot: meine Ex-Nachbarin.
Eigentlich sollte ich froh sein, dass ich überhaupt Rechnungen bekomme – im Gegensatz zu einem Solothurner, der von der Post binnen eines Jahres vier Mal für tot erklärt wurde, in Wahrheit aber quicklebendig ist. Die Ursache dieses morbiden Fehlers ist nach wie vor ein Rätsel. Womöglich muss der Postzusteller einfach noch etwas länger eingearbeitet werden?
Meine Ex-Nachbarin hat jedenfalls keinen Grund zur Klage. Ihr wurde von der Serafe schliesslich nicht das Leben genommen, sondern quasi ein zweites dazugeschenkt. Ich dagegen werde mich künftig einfach tot stellen, wenn man wieder Geld von mir will.

BIANCA HÜSING

B.HUESING@FRUTIGLAENDER.CH

Einarbeiten, tot stellen

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