GEFÄHRLICHE PROGNOSEN
Das kennen Sie sicher: Bevor in einem Gespräch das Schweigen peinlich wird, fängt man rasch an, übers Wetter zu reden. Das ist ein Allerweltsthema, bei dem alle mitreden können. Ein Blick in den Himmel genügt zur raschen ...
GEFÄHRLICHE PROGNOSEN
Das kennen Sie sicher: Bevor in einem Gespräch das Schweigen peinlich wird, fängt man rasch an, übers Wetter zu reden. Das ist ein Allerweltsthema, bei dem alle mitreden können. Ein Blick in den Himmel genügt zur raschen Faktenkontrolle. Und falsch machen kann man wenig bei dieser verzweifelten Art des Smalltalks. Also schreiben wir heute mal über das Wetter. Da hat sich ja einiges getan. Hohe Temperaturen, die wir so nicht kennen, Gewitter von einer ungeheuren Intensität – allen kann der Wettergott es eben nicht recht machen.
Versuche, das Wetter zu manipulieren, hat es schon häufig gegeben, sei es mit Hagelraketen oder riesigen Antennenanlagen, die Strahlen in die Höhe senden. Über die Erfolge lässt sich diskutieren, aber eigentlich bin ich ja froh, dass offenbar niemand sein persönliches Wetterchen machen kann.
Neben dem aktuellen Geschehen am Himmel sind auch die Prognosen der Wetterfrösche ein beliebtes Gesprächsthema. Wobei das Wort «Prognosen» ja schon sagt, dass das Eintreffen nur eine Wahrscheinlichkeit ist. Trotzdem gehört die Kritik an zweifelhaften Voraussagen zum Alltag der Meteorologen. Wie gesagt: Beim Wetter sind eben alle Fachleute und erst noch persönlich betroffen vom plötzlichen, nicht prognostizierten Regenguss.
Diese Woche erreichte die Wetterdiskussion eine neue Stufe. In Ungarn wurden die Leiterin des Wetteramtes und ihr Stellvertreter auf die Strasse respektive in den Regen geworfen. Sie hatten für den wichtigsten nationalen Feiertag vor Gewittern gewarnt. Das geplante Feuerwerk in Budapest wurde daraufhin abgesagt. Natürliche Blitze liessen sich dann aber dummerweise auch nicht blicken. Dafür donnerte der Minister und entliess die Wetterfrösche wegen ihrer Falschprognosen. Die traurige Vorgeschichte: 2016 starben fünf Menschen und über 300 wurden verletzt, als während des Feuerwerks ein Gewitter und Panik ausbrachen. Seitdem ist das ungarische Wetter hochpolitisch geworden.
Zurück zum weniger heiklen Meteo-Smalltalk. Ein Romantiker würde vielleicht anmerken, wichtig sei vor allem die Sonne im Herzen. Ich bin auch zufrieden, wenn der Blitz beim Nachbarn statt bei mir einschlägt.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH