«Schon eine grosse Sache»
12.08.2022 AdelbodenPAKISTAN Nach einem siebenwöchigen Auf und Ab hat Simon Sarbach aus Adelboden Ende Juli sein Ziel erreicht: den Gipfel des Gasherbrum II und damit seinen ersten 8000er. Trotz der Strapazen, die so eine Expedition bedeutet, plant er schon die nächste.
BIANCA ...
PAKISTAN Nach einem siebenwöchigen Auf und Ab hat Simon Sarbach aus Adelboden Ende Juli sein Ziel erreicht: den Gipfel des Gasherbrum II und damit seinen ersten 8000er. Trotz der Strapazen, die so eine Expedition bedeutet, plant er schon die nächste.
BIANCA HÜSING
Wenn man anderthalb Monate unter Extrembedingungen mit anderen Menschen unterwegs ist, lernt man allerhand. Eine Lektion, die Simon Sarbach aus seinem Gasherbrum-Abenteuer mitgenommen hat: «Der mit dem grössten Mund und den besten Sprüchen im Basislager ist am Berg oft ein ganz anderer und plötzlich viel kleinerer Mensch.» Und eine andere: «Solide körperliche Vorbereitung für die Expedition ist der halbe Gipfelerfolg. Diese hat bei manchen Teilnehmern gefehlt, was sich in der Erfolgsquote zeigte.» Im Grunde wusste Sarbach all das natürlich schon vorher. Der Adelbodner erklimmt regelmässig hohe Gipfel, sein grösster war bisher der Pik Lenin in Kirgistan (7134 m ü.M.; der «Frutigländer» berichtete im Sommer 2021). Nun hat er sich noch einmal selbst übertroffen und seinen ersten 8000er bezwungen: den Gasherbrum II im Karakorum-Gebirge in Pakistan.
«Ein logistischer Wahnsinn»
Am 16. Juni 2022 brachen er und zehn weitere Teilnehmer unter der Führung eines Berner Expeditionsanbieters Richtung Pakistan auf. Nach einem Tag Aufenthalt in der Hauptstadt Islamabad ging es per Van weiter nach Skardu im Nordosten des Landes. Einen Tag Rast und sechs Tage Fussmarsch später erreichte die Gruppe ihr Basecamp auf 5050 Metern, wo sie insgesamt 30 Tage verbrachte. «Von hier aus richteten wir unsere drei Höhenlager ein. Für jeden Tag im Höhenlager mussten wir zur Akklimatisierung einen Tag im Basislager verbringen. Total waren drei Rotationen (Auf- und Abstieg) notwendig», berichtet Sarbach. Am 22. Juli – wegen eines starken Sturms einen Tag später als gedacht – erreichten sieben der elf Teilnehmer den Gipfel auf 8035 Metern. Im Morgengrauen bot sich ihnen ein unvergesslicher Ausblick auf die Gasherbrum-Gruppe.
«Auf einem 8000er zu stehen, ist schon eine grosse Sache», schwärmt der 43-Jährige. Die Vorbereitung dazu sei aber noch viel grösser und aufwendiger. «Es ist ein logistischer Wahnsinn: Für elf Teilnehmer brauchte es 145 Träger / Maultiere, um die ganze Ausrüstung und Verpflegung für die Expedition zu transportieren.» Simon Sarbach trug seine Ausrüstung selbst. Auch auf künstlichen Sauerstoff verzichtete er. «Wenn man es nicht ohne schafft, hat man dort oben nichts verloren. Nach dem Motto: ‹Sind sie zu stark, bist du zu schwach›!» Sich solche Höhen antrainieren könne man indes nicht: «Entweder es geht, oder es geht nicht.» Nebst der Höhenkrankheit und den hygienebedingten Verdauungsproblemen betraf das grösste Gesundheitsrisiko die Zehen. Wegen der extremen Kälte musste man seine Gliedmassen permanent in Bewegung halten, damit sie nicht erfrieren. Ein Teilnehmer habe ganze sechs Zehen verloren.
Langeweile im Basecamp
Trotz des Aufwands, der grossen Anstrengung und der Gefahren hatte Sarbach nach eigenen Angaben nie Mühe – jedenfalls nicht mit dem Bergsteigen. «Angeordnete Ruhetage oder Schlechtwettertage im Basecamp waren für mich immer langweilig. Irgendwann hat man sich alles erzählt, alle Teesorten ausprobiert und alle Spiele gespielt. Internet gab es keines.» Nach dem Gipfelerfolg fehlte zudem jegliche Motivation, alle wollten nur noch nach Hause. «Die 100 km retour über den Gletscher zu laufen war nur noch Pflichtprogramm.»
Seit einer Woche ist Sarbach wieder in Adelboden. Gut erholt plant er bereits seine nächste Extremexpedition. Im Sommer 2023 oder 2024 ist der K2 an der Reihe – mit 8611 Metern der zweithöchste Berg der Erde.